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Zunächst bestechen sein liebenswertes Lächeln, die klugen Augen, die sanfte Stimme. Liebenswert, klug und poetisch ist auch die Malerei von Adolfo Estrada. Vor allem seine Mädchenbilder, die Porträts und Stillleben, die sich durch zarte Farbgebung, Leichtigkeit und große Transparenz auszeichnen: "In der Fotografie würde man das Tiefenschärfe nennen. Es ist das Gegenteil von mediterraner Malerei" sagt Estrada.

Adolfo Estrada wurde 1927 in San José/Kalifornien als Sohn spanischer Eltern geboren, lebte fast sein ganzes Leben in Madrid und ist nun auf Mallorca ansässig. Doch zu Hause fühlt er sich nach wie vor in Santander, wo er Kindheit und Jugend verbrachte: "Dort im Norden Spaniens erhielt ich die ersten wichtigen Prägungen, dort lernte ich die Grundbegriffe von Poesie und Malerei, dort lernte ich die für mich wichtigsten Freunde kennen", sagt er.

Seine Welt war die Welt der "Tertulias", der Gesprächsrunden von jungen Intellektuellen, Dichtern, Kunsthistorikern, Künstlern. Daraus entstanden Bindungen, die bis heute andauern. Erst kürzlich reiste der 85-Jährige zum zehnten Todestag seines Freundes Pepe Hierro in die Stadt, die er als seine Heimat betrachtet. "Wir sind nicht mehr viele aus jener Zeit", sagt Estrada, "immerhin waren wir alle eines Alters. Die Tertulias, der Austausch mit anderen, waren mir mein Leben lang wichtig."

Wobei aus heutiger Sicht zu berücksichtigen ist, dass es schwierige Zeiten während der Franco-Diktatur waren, als sich die jungen Leute damals zusammentaten, um die Welt zu besprechen. "Wir waren überzeugt: Wer mit zwanzig kein Revolutionär ist, wird auch später kein menschliches Wesen sein. Wir waren höchst politisch. Einige der Freunde waren im Gefängnis" erzählt Estrada.

Ihn selbst schützte der amerikanische Pass: "Ich war offiziell Ausländer. Ich hätte aber immer ausgewiesen werden können. Also musste auch ich vorsichtig sein."

In Santander besuchte Estrada eine Kunstschule, arbeitete als Illustrator für das Künstlermagazin "Proel", wirkte im Künstlerbund "Escuela de Altamira", in dem auch Tàpies, Cuixart und Joan Miró gelegentlich als Gäste aktiv waren, erhielt starke Anregungen durch den Maler Pancho Cossío. 1952 ging er nach Madrid, um "wirklich ernsthaft Kunst zu studieren". Und bald gab es auch hier wieder Verbindungen zu anderen Künstlern wie José Ortega, Blas de Otero oder Gabriel Celaya.

Es war immer Estradas Überzeugung: Maler und Dichter sollten befreundet sein. So wurde Adolfo Estrada in seiner Arbeit zum "Poeten unter Malern". Er wurde durch den Neokubismus beeinflusst, verschrieb sich der Neuen Figuration. Wobei am Anfang bis etwa gegen Ende der 1950er Jahre auch noch "Social Painting" an der Tagesordnung war. Politik spielte einfach eine große Rolle: "Das war eine Welt, die niemand malte, höchstens Goya, die Welt der Alten, Armen, Krüppel, sie kamen in der Malerei fast nur als Karnevalsszene vor."

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Dennoch forderte auch der Alltag Tribut, und Adolfo Estrada arbeitete erfolgreich als Illustrator und später als Creative Director in einer Werbeagentur: "So habe ich es immer gehalten, am Vormittag der Broterwerb, am Nachmittag die Kunst. Es braucht eine ganze Menge Disziplin dazu."

1961 hatte Estrada seine erste Einzelausstellung in Madrid, reiste ein Jahr später nach New York, um die amerikanischen Maler Edward Hopper und Andrew Wyeth zu studieren. Er stellte dort wie in vielen spanischen Städten Jahr für Jahr aus - mit großem Erfolg.

Seine Aktbilder und seine Frauenporträts wurden zum Inbegriff zarter Sinnlichkeit, seine Stillleben gehören ebenfalls zu seinem besonderen Begriff von "Intimidad". Adolfo Estrada malt eine Welt voller Stille, Reichtum, Luxus und Lust. Hier geht die Poesie mit der Malerei eine enge Bindung ein.

Adolfo Estrada wurde zu einem "Namen", auch wenn er das niemals anstrebte: "Wer berühmt werden will, bringt nutzlose Opfer. Die Qualität eines Bildes ist ja doch immer gebunden an das Ehrliche, das Authentische und das Ernsthafte." Um Qualität zu erreichen, muss und will Estrada immer wieder die großen Meister studieren: Velazquez, Bellini, Tizian, van der Weyden, Goya, Turner, aber auch Maler wie Mark Rothko.

"Kunst muss sich immer entwickeln", sagt er. "Das heißt aber nicht, dass wir die Alten vergessen dürfen. Die Zeichnungen von Altamira und Lascaux sind bis heute in der Malerei zu finden, auch wenn sich die künstlerischen Richtungen heute immer schneller verändern. Die Schnelligkeit geht oft zu Lasten der Qualität." Und er sagt: "Ich glaube, die letzte große malerische Entwicklung war der Kubismus, auch wenn wir dessen heute etwas müde geworden sind. Aber man wurde ja selbst eines Michelangelo und Leonardo müde."

Von manchen modernen, zeitgenössischen Kunstrichtungen hält Estrada nicht viel: "Wir haben in der Werbung Stilmittel von Warhol benutzt, bevor er sich zum Künstler erklärte." Muss Kunst für Estrada schön sein? - "Ja, Kunst sollte Schönheit ausdrücken. Und das sind keineswegs nur schöne Frauen. Jedes Thema kann schön sein, auch wenn es der Gegenstand nicht immer ist. El Greco wurde zu seiner Zeit nicht als schön empfunden, aber wir finden seine Malerei schön."

Heute malt Adolfo Estrada vor allem im Winter, seit er auf Mallorca lebt, kaum mehr im Sommer: "Ich bin eben aus Santander, wo das Grau vorherrscht. Ich bin kein spanischer Maler. Ich gehöre in den Regen."