Kühn wird von den Ermittlern verdächtigt, über ein Netzwerk von Firmen Vermögenswerte in Steueroasen verschoben zu haben, um Steuerzahlungen in Höhe von insgesamt 22 Millionen Euro zu umgehen. Die betroffenen Unternehmen waren offenbar insolvent, während ihre Steuerverbindlichkeiten über Jahre hinweg anwuchsen. Nach dem Beschluss der Richterin sollen insgesamt zehn Beschuldigte im Rahmen der Ermittlungen angehört werden. Die Entscheidung basiert auf einem Bericht der spanischen Steuerbehörde sowie auf einem Antrag der Staatsanwaltschaft. Steuerprüfer haben nun neue Verbindlichkeiten in den Unternehmen Punta Manresa, Altos de la Rápita und Residencias Betlem festgestellt, die dem Firmengeflecht von Kühn zugerechnet werden. Diese Schulden entstanden offenbar zusätzlich zu den bereits bekannten 14 Millionen Euro, die mutmaßlich vor den Steuerbehörden verborgen worden sein sollen, schreibt das Blatt.
Ein weiterer zentraler Punkt der Ermittlungen betrifft die Übernahme der Gesellschaft Birdie Son Vida durch Kühns Söhne. Es handelt sich um jenes Unternehmen, das die Baurechte für die Wohnsiedlung Muleta II bei Port de Sóller besessen und die Entschädigungszahlung in Höhe von 96 Millionen Euro zugesprochen erhalten hatte. Die Ermittler gehen jetzt davon aus, dass Kühns Söhne die Gesellschaft Balearic Management Consultants im Verborgenen übernommen hatten, ohne das mit dem Konkursverfahren befasste Gericht darüber zu informieren. Die genannte Firma sei wiederum Eigentümerin von Birdie Son Vida. Ziel der Übernahme sei es gewesen, so der Verdacht der Ermittler, auf diese Weise den Zugriff auf die Entschädigungszahlungen zu erhalten.
Insolvenzverwalter unter Verdacht
Die Richterin hat zudem Anklage gegen den Insolvenzverwalter von Balearic Management Consultants erhoben. Es gebe Hinweise darauf, dass dieser von der Übernahme wusste und sich dennoch nicht eingeschaltet habe. Insbesondere sei der Kaufpreis für das Unternehmen im Verhältnis der zur erwarteten Entschädigung „auffällig gering“ gewesen, zitiert Ultima Hora aus Justizkreisen. Es bestehe der Verdacht, dass die Transaktion absichtlich verschwiegen wurde, um gerichtliche Auflagen zu umgehen. Die Justiz prüfe daher, ob eine prozessuale Täuschung oder eine Beteiligung an einer strafbaren Insolvenz vorliege.
Weitere Beschuldigte aus Kühns Umfeld
Neben Matthias Kühn selbst und seinen Söhnen sind nun weitere Personen aus seinem geschäftlichen Umfeld in das Visier der Ermittler geraten. Eine zentrale Rolle wird seinem Rechtsanwalt zugeschrieben, der als rechtlicher Berater an verschiedenen Insolvenzverfahren beteiligt gewesen sein soll. Auch fünf weitere Personen, darunter die Managerin des Veranstaltungszentrums Pueblo Español in Palma und der Geschäftsführer des Eilands Tagomago bei Ibiza, haben zu den gerichtlichen Vernehmungen zu erscheinen. Sie leiten zwei der bekanntesten Immobilien Kühns auf den Balearen.
Laut dem Gerichtsbeschluss der Richterin gebe es Hinweise darauf, dass Kühn die Kontrolle über die betroffenen Unternehmen über Strohmänner ausübte. Die Firmen seien nach einem Einheitskassenprinzip geführt worden, das es ihm ermöglicht habe, Gelder aus insolventen Unternehmen abzuziehen und in Steueroasen zu transferieren, schreibt das Blatt unter Berufung auf die Justizbehörde.
Neben der Staatsanwaltschaft sind auch die Zollfahndung und die Steuerbehörde in die Ermittlungen eingebunden. Die Steuerbehörde der Balearen (Atib) war zunächst an dem Verfahren beteiligt, hat sich jedoch inzwischen zurückgezogen, da die betroffenen Schulden in einer Phase entstanden sein sollen, in der die Unternehmen bereits unter der Verwaltung von Insolvenzverwaltern gestanden hatten. Stattdessen setze die Behörde auf alternative rechtliche Wege, um die ausstehenden Steuerschulden einzufordern. Kühn hatte bereits eine Zahlung von rund zwei Millionen Euro an die Steuerbehörden geleistet. Die Ermittlungen dauern an. Termine für die Vernehmungen der betroffenen Personen sind noch nicht bekannt. Einige der Ermittlungsverfahren seien zeitlich bereits Monate vor dem Entschädigungsurteil zugunsten von Matthias Kühn begonnen worden, hieß es weiter.
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