Nils Müller mit der Hundedame „Jeanny” während einer seiner Besuche bei Gabriele und Maria Sorg. | privat

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An diesem Freitag findet in Palma die Trauerfeier für den verstorbenen MM-Redakteur Nils Müller statt. Das Mallorca Magazin veröffentlicht dazu einen Nachruf von Gabriele Sorg. Die Journalistin war seit einem Vierteljahrhundert eng mit Nils Müller befreundet:

Nils, „Schatz“, wie konntest Du Dich so lautlos aus dem Leben schleichen? Ohne Dich zu verabschieden. So verdammt viel zu früh! Du, mein lieber Freund, mein herzensguter Insel-Wegbegleiter über 25 Jahre, mein journalistischer Ratgeber, bist jetzt nicht mehr da. Du wurdest nur 54 Jahre alt. Das kann ich noch gar nicht fassen. Ich bin so traurig und erschüttert. Schatz, diesen Abgang nehme ich Dir übel.

Kurz vor Weihnachten hatte ich noch mit Dir telefoniert und Dich wie jedes Jahr für Heiligabend zu uns eingeladen. Denn der 24. Dezember bei Gabi und Maria Sorg, meiner inzwischen über 96-jährigen Mami, war wie eigentlich „gebongt“. 2021 hast Du uns einen coronabedingten Korb gegeben, obwohl Du Mamis Rouladen geliebt hast. An sicher 20 wunderschönen Weihnachten haben wir immer viel zu viel davon gegessen. Mal nur zu Dritt, oft in größerer Runde. Weihnachten mit Dir wird immer in meinem Herzen sein.

Schon Mitte Dezember ging es Dir gesundheitlich nicht gut. Wie viele andere auch habe ich auf Dich eingeredet, doch bitte zum Arzt zu gehen. Doch Du warst definitiv kein „Arztgänger“, sondern bliebst lieber im Team, nach dem Motto: „Ich gehe arbeiten und in die Redaktion.” Erst Mitte Januar hast Du Dich endlich untersuchen lassen und wurdest krankgeschrieben. Weswegen wissen wir nicht. Denn wenn es um Dich und Deine Gesundheit ging, dann warst Du verschlossen wie eine Auster, die man zusätzlich mit Pattex zugeklebt hat. Du bist nicht wirklich achtsam mit Dir umgegangen. Dein gesamtes Umfeld hat sich diesbezüglich den Mund fusselig geredet. Leider bin auch ich immer wieder auf taube Ohren gestoßen.

Natürlich hatte ich mich gewundert, dass ich vergangenen Donnerstag, an meinem Geburtstag, nichts von Dir gehört habe. Denn Du hast mir immer gratuliert. Manchmal „nur” mit einer SMS oder Facebook-Nachricht. Meistens hast Du angerufen. Vergangenen Donnerstag nicht. Das war sehr ungewöhnlich. Aber niemals hätte ich gedacht, dass Du mich nicht mehr anrufen konntest. Mir vorzustellen, dass wir nie wieder auf meinen oder Deinen Ehrentag anstoßen werden, das ist einfach nur schrecklich. Wann immer wir an unseren Winter-Geburtstagen (meiner im Januar, Deiner am 24. Februar) zeitgleich auf der Insel waren, haben wir an der Playa Ciudad Jardin zusammen eine Copa de Cava oder einen Vino Tinto getrunken und uns erzählt, was wir planen im neuen Lebensjahr.

Du liebtest Städtereisen, genau wie ich auch. Wir konnten uns stundenlang darüber austauschen, was man in welcher Stadt unbedingt anschauen muss, von wo aus man die schönsten Ausblicke hat, wo man lecker essen kann und jenseits der touristischen Pfade vielleicht Live-Musik zu hören bekommt. Dein letzter Städtetrip ging im September 2021 nach Sevilla. Da ging es Dir gut und Du hast uns in Gesprächen und auf Facebook an Deinen Erlebnissen teilhaben lassen. In Wort und Bild. Denn Du konntest nicht nur sensibel und auf den Punkt schreiben, sondern auch grandios gut fotografieren.

Schatz, Du warst ein Vollblutjournalist. Wirst Du immer bleiben. Ein leidenschaftlicher Schreiber der alten Schule. Und ein wahrhaftiger Menschenfreund. Mit Dir haben sich selbst wortkarge Prominente, die sonst so gut wie keine Interviews geben, sehr gerne unterhalten. Warum? Weil Du eine grundehrliche Haut bist. Du hast grundsätzlich nur das geschrieben, was die Gesprächspartner Dir freigegeben haben. Niemals hättest Du etwas ausgeplaudert, was Dir berühmte Schauspielerinnen und Schauspieler, Musiker, Politiker und Spitzensportler im Vertrauen erzählt haben. Und die Liste der A-Promis, die Du porträtiert hast, ist lang. Mit einigen von ihnen warst Du gut befreundet.

Du hattest ihre heiß begehrten Privat- und Mobilnummern. Die sind ein Vermögen wert! Damit hättest Du richtig Geld machen können. Hast Du aber nicht. Auf die Idee wärst Du im Leben nicht gekommen. Ich erinnere mich gut daran, wie oft Dich in meinem Beisein Kolleginnen und Kollegen von deutschen Boulevardmedien nach Kontaktdaten oder Fotos gefragt haben. Wenn überhaupt, hast Du bei der betreffenden Persönlichkeit selbst nachgefragt. Oder Du hast empfohlen, den offiziellen Weg über das Management zu gehen. Wie sich das gehört. Als „Hamburger Jung“ hattest Du die hanseatische Handschlags-Ehrlichkeit im Blut und in Deiner journalistischen DNA. Und als sturer Hund bist Du davon nie abgewichen. Auch das schätze ich so sehr an Dir.

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Fakt ist: Du hinterlässt nicht nur bei mir, meiner Mami und vielen langjährigen Freundinnen und Freunden eine Riesenlücke, sondern auch beim Mallorca Magazin. Man sagt ja: „Niemand ist unersetzlich“. Bei Dir habe ich da so meine Zweifel. Du wirst sehr SEHR fehlen: Als journalistischer Vollprofi und als Mensch, als gute Seele der Redaktion. In den letzten Monaten hattest Du mit Deiner Dir eigenen Liebe zum Detail die Verantwortung für die Produktion der wöchentlichen Print-Ausgaben übernommen. Du brachtest genau die Akribie mit, die man braucht, um leicht zu überlesende Schreibfehler zu finden, falsch gesetzte Kommata auszuspähen, Zahlendreher zu korrigieren und sprachliche Schlampereien auszumerzen. Da warst Du gnadenlos!

Auch meine gelegentlichen Gastkolumnen hast Du nicht verschont. Ich sage es ungern, aber mit dieser Pingeligkeit bist Du mir ziemlich auf den Zeiger gegangen. Aber ich muss auch zugeben: Deine Kritik war immer berechtigt und nie verletzend. Du hast sie stets sachlich begründet. Es ging Dir um die Qualität und erstklassigen Leserservice. Das Mallorca Magazin war Dein „Baby“, dafür hast Du alles gegeben. Manchmal sogar zu viel. Denn Du hast einfach zu selten Pause gemacht. Daten und Fakten haben bei Dir immer, WIRKLICH IMMER, gestimmt. Die hast Du validiert, lieber zweimal nachgefragt. Oder nach der Ur-Ur-Ursprungsquelle gesucht und geprüft, ob diese seriös und vertrauenswürdig ist. Das nennt man erstklassigen Journalismus. Schatz, ich durfte so viel von Dir lernen. Auch dafür danke ich Dir sehr.

Und auch dafür, dass Du mir damals, im Frühjahr 1996, ja, so lange ist das her, auf Mallorca so viele Türen in die Medien- und Musikszene der Insel geöffnet hast. Über Dich habe ich Kurt Schulzke kennengelernt, ein musikalisches Urgestein und ein paar Jahre mein Lebenspartner, der damals, zusammen mit Egon Wellenbrink, Jürgen Modrow und anderen im „House of the Rising Sun“ Can Pastilla gerockt hat.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, dass wir nie wieder zusammen Live-Musik hören werden. Dass wir uns nie wieder freundschaftlich über unsere gegensätzlichen Musik-Geschmäcker zoffen werden: Du liebtest Schlager, ich Soul & Funk, unsere Schnittmenge waren Blues & Rock. Schatz, Du wirst mir so sehr fehlen.

Wo auch immer da oben sich Deine Seele jetzt herumtreibt: Schau bitte mal bei meinem Papi vorbei. Und bei Kurt und den vielen anderen großartigen Musikern, die den Himmel rocken. Und plan bitte einen Kurztrip in den Hundehimmel ein und bring meiner bezaubernden Jeanny ein Leckerchen vorbei. Wie ich Dich kenne, wirst Du das machen. Denn auf Dich kann ich mich immer verlassen.

In großer Trauer, 
Gabriele Sorg

ZUR PERSON:

Die Journalistin pendelt seit 1996 zwischen Mallorca und Deutschland. Sie und ihre Mutter Maria, die ganzjährig auf der Insel lebt, waren mit Nils seit einem Vierteljahrhundert eng befreundet. Für die beiden war er wie ein Familienmitglied. Die 59-jährige Gabriele Sorg und Nils Müller sprachen sich gegenseitig mit „Schatz“ an, waren aber nie ein Liebespaar.

Nils Müller war am 28. Januar von der Polizei tot in seiner Wohnung aufgefunden worden, nachdem es der Redaktion nicht gelungen war, mit ihm in Kontakt zu gelangen.