Das Szenario, das Roland Werner, in Worte fasst, hat es in sich: „Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in Ihrer Wohnung, es ist Herbst, in den Räumen wird es klamm. Sie stellen die Klimaanlage an, auf warm, aber nur kurz, weil es teuer ist. Sie leben allein. Ihr Partner ist vor ein paar Jahren gestorben. Zusammen haben Sie viel unternommen, Sonne und Strand genossen. Das Meer haben Sie schon lange nicht mehr gesehen. Sie fahren nicht mehr mit dem Auto. Auch das Laufen fällt Ihnen schwer. Richtige Freunde haben Sie auf der Insel nicht, brauchten Sie früher nicht, Sie waren glücklich zu zweit. Gleich nach der Pensionierung waren Sie aus Deutschland hierher gezogen. Sie hatten beide Renten zusammengelegt und sich den Traum vom Lebensabend im Süden wahrgemacht. Für eine kleine Wohnung reichte es. Sie waren eh viel draußen. Es waren schöne Jahre. Jetzt ist jeder Tag eintönig und gleich. Mit den Nachbarn können Sie sich nicht unterhalten. Sie sprechen nicht genug Spanisch. Zurückgehen nach Deutschland? Auch da haben sie kaum noch Freunde. Sie hatten damals alle Brücken abgebrochen. Ihre Kinder verstanden Ihre Entscheidung, wegzuziehen, nicht. Es gab Streit. Sie reden nicht mehr miteinander. Und jetzt noch Corona. Sie haben Angst rauszugehen, im Supermarkt eng an andere Menschen zu kommen. Schließlich gehören Sie zur Risikogruppe. Manchmal wünschten Sie, dass alles endet.”
So beschreibt Roland Werner die Lebenssituation nicht weniger älterer Deutscher auf Mallorca. Vor drei Jahren gründete er die Herztat-Stiftung. „Es war eine Idee von Heike Stijohann, der damaligen Pfarrerin der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde”, betont er. Seitdem kümmern sich Freiwillige, sogenannte Paten, um deutsche Senioren mit einem Defizit an sozialen Kontakten. 20 Patinnen und Paten sind es zurzeit. Sie machen Hausbesuche, gehen zusammen ins Café, fahren mal an den Strand.
Corona habe die Situation vieler alleinlebender Senioren erheblich verschärft, sagt Roland Werner. Aus Furcht vor Ansteckung scheuten sie Kontakte noch mehr. Ganz schlimm sei es für Deutsche in staatlichen spanischen Altersheimen. Die Kontaktbeschränkungen erschwerten die Besuche. Um sie herum werde nur Spanisch oder Mallorquin gesprochen. Sie lebten in völliger Isolation.
Seit Corona habe sich die Anzahl der Depressionen in Altersheimen drastisch erhöht. „Aber auch bei Senioren, die alleine in einer Wohnung leben, stellen wir verstärkt Depressionen fest.” Eine deutsche Psychotherapie könnten sich die allermeisten nicht leisten. Sie seien nur durch die staatliche Seguridad Social krankenversichert. Da würde maximal ein spanischsprachiger Psychotherapeut zur Verfügung gestellt. Bei einem schwer depressiven Herrn, der eigentlich in eine Klinik eingeliefert werden müsste, habe die Herztat-Stiftung jetzt die Rückführung nach Deutschland organisieren können. „So kann er dort in eine Krankenkasse kommen und psychotherapeutisch begleitet werden.”
Außerdem habe die Stiftung eine Sondervereinbarung mit der Palmaclinic abgeschlossen zur Finanzierung von Psychotherapie in deutscher Sprache. „Wenn wir bei jemandem in unserer Zielgruppe deutliche Anzeichen für Depression sehen, arrangieren wir ein Gespräch mit dem deutschen Neurologen Dr. Nobbe von der Palmaclinic. Er entscheidet dann, was angebracht ist, Rückführung oder Psychotherapie.”
Jeder von uns kennt jemanden, der alleine ist, meint Werner. „Erzählen Sie ihm oder ihr von der Herztat Stiftung. Sagen Sie der Person, was wir tun, und sagen Sie, es ist kostenlos. Wir freuen uns auf den Anruf.” Und vielleicht fühle sich ja der eine oder andere Leser angesprochen, sich bei der Stiftung zu engagieren, fügt er hinzu. Ein zeitlicher Einsatz von mindestens zwei Stunden pro Woche müsse aufgebracht werden. Was viele nicht wüssten, es sei eine Win-win-Situation. Das Strahlen im Gesicht der Senioren zu sehen, ihre Dankbarkeit zu erfahren, wenn man mit ihnen etwas zusammen unternehme, sei ein großes Geschenk. „Man bekommt genauso viel, wie man gibt.”
24 Kommentare
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@Stefan Meier: Ich dachte im Artikel ging es um psychische Verfassung ...
@Sophia Wenns denn stimmen würde. Als deutschen Rentner in Spanien bekommt man Pflegegeld aus der deutschen Pflegeversicherung und Rente aus der deutschen Rentenkasse. Das reicht schon fast für ein deutschsprachiges Pflegeheim aus, da die Kosten in Spanien längst nicht so hoch sind, wie in Deutschland. Der Rentner ist weiterhin in der deutschen Krankenversicherung und kann jederzeit mal eben nach Deutschland zu einem Spezialisten fliegen, während der spanische Rentner ein Jahr auf einen Facharzt-Termin im städtischen Krankenhaus wartet. Zusätzlich ist der deutsche Rentner aber auch im spanischen Gesundheitswesen gemeldet und kann kostenfrei Medikamente beziehen. Fährt kostenfrei ÖPVN und genießt sonstige Annehmlichkeiten, wofür er nie einbezahlt hat. Ein deutscher Rentner in Spanien ist 100mal besser gestellt, als jeder spanische Rentner in Spanien. Daran liegt es nicht. Es liegt nicht am System.
@Sophia Vielen Dank für Ihren Bericht. Ich wünsche Ihnen alles Liebe und Gute. LG.
Das Szenario das Roland Werner beschreibt, trifft sicherlich auf viele zu. Die Beschreibung , Sie sitzen in Ihrer Wohnung im Herbst....und es ist alles teuer, die spanische INSS bezahlt das nicht, 2 Renten reichten für den Traum vom Lebensabend im Süden. Doch die Realität ist einfach eine andere, auch deshalb weil in der Gesellschaft diese Themen tabu sind, weil vieles nur "schön geredet " wird. Würde man tatsächlich Auswandernde Rentner richtig beraten und informieren, würden viele den Schritt nicht wagen, wobei es noch die anderen gibt, die es cleverer machen, weil sie um diese Umstände durch jahrelange Aufenthalte und Reisen genau wissen, was auf sie zu kommen würde, den endgültigen Schritt zu machen, und sich in Spanien als Resident nieder zu lassen. Nämlich sich nie in Deutschland abmelden und trotzdem hier leben, mit allen Vorteilen, aber keinen Pflichten. Solange sie noch gesund sind, und nicht ständig ärztliche Betreuung benötigen oder alles privat bezahlen ist alles in bester Ordnung. Doch wie viele können das wirklich? Um in einem fremden Land leben zu können muss man die Sprache lernen, auch wenn dieser Unsinn , alle auf Mallorca sprechen deutsch ständig und immer wieder verbreitet wird, ist er falsch. Hier wird spanisch und katalan/mallorquin gesprochen. Und nur wenige können ein perfektes englisch. Und das Gesundheitssystem ist mittlerweile auch so supi!!! Das erzählen nur die, die ihre privaten deutschen Ärzte haben. Um hier leben zu können muss man sich mit den örtlichen Preisen beschäftigen, Miet-und Immobilienpreise sind hoch, der Strom seht teuer. Lebensmittelpreise Spanien, sind niedrig jedoch nicht auf den Inseln. Und das spanische Gesundheitssystem ist selbst krank, weil zu Tode gespart. Und die EU-Verordnung zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme versagt hier auf Mallorca gänzlich ! Und bei alle dem noch ein Anflug von einer Depression....ja dann ist das beschriebene Szenario perfekt. Im Süden zu wohnen und zu leben ist nicht immer einfach.
@Stefan Meier: MM hat eben Niveau xD
@Majorcus 12 Jahre der Deutschen Geschichte sind ein guter Lehrmeister.
Egal was MM schreibt. Es endet im Forum immer damit, dass sich immer die gleichen Leuten gegenseitig beschimpfen und beleidigen. Schämt Euch.
@Michael Düsseldorf: Sie haben mein Statement nicht verstanden. Es geht nicht darum, ob man Hilfe leistet oder nicht. Es geht um den Willen einer Integration. Man darf sich nicht beschweren, wenn man seit Jahren im Ausland lebt und sich NICHT die Mühe gemacht hat ..unter anderen die Sprache zu lernen. Ist das zuviel verlangt? Wir sind hier nicht in Deurschland. Das was man GENERELL von den Ausländern in Deutschland fordert kann ich auch hier von den Deutschen erwarten, die hier leben..!!!! Das selbe gilt für Heinz.
@Son Vidarius: Es ist komplexer - aber die Korrelation von Gesellschafts-Klasse und Kultur- wie Lerninteresse beträgt ca. 0,8 bis 0,85. Ich teile Ihre Meinung, dass man die Landessprache mindestens auf C2-Niveau beherrschen sollte - nur ist Lernen eben nicht die Stärke der Hauptschul-Absolventen ... Einen Kontext mit Corona hatte ich keinerzeit hergestellt. Korrekturzeit für das anspruchsvolle Publikum hier investieren? "Ich habe Besseres zu tun" - außerdem ist die Kritik meiner Fehler hier für viele, die es kritisieren, das einzige Erfolgserlebnis des Tages. Das möchte ich denen gönnen! @daniel neumann: Schön, wenn Sie mir zustimmen! Leider fehlt Ihrer Analyse die juristische Präzision - ich hatte Rheinwiesenlager UNTER Einhaltung der Genfer Konvention für Gefährder gefordert, die durch Ihr vorsätzliches Handeln CoVid-19 verbreiten und so mittelbar Tötungs-Absichten verfolgen. Das sollte keine Gesellschaft dulden. Ferner weise ich darauf hin, dass ich eben genau keine Lager wie in China ( Quelle: https://www.dw.com/de/china-errichtet-380-lager-f%C3%BCr-uiguren/a-55044224 ) fordere - bitte differenzieren Sie in Zukunft genauer ... @Heinz: Bester Kommentar seit 22.10.2020 xD
@Majorcus Verstehst Du Dich? Kontakte pflegen, dann doch keine Kontakte plfegen wegen A-H-A oder so was und wie denn nun nach Deiner Meinung wenn Du denn wirklich eine hast und nicht nur: IHR, IHR und IHR. Geld ist wie immer das Problem, bei meiner Nachbarin einfach nur ihre Kinder, welche nur aufs Haus warten und es überhaupt nicht toll finden, das sie die TickTack Oma für unsere ist. Ein bisschen Nettigkeit reicht schon, kennt M. ja nicht.