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Beim Anblick der Werbung dürften die deutschen Zeitgenossen, die bereits in den 1930er Jahren auf Mallorca lebten, vermutlich nicht an die US-amerikanische Koffeinbrause gedacht haben, als ihnen das Wort "Coke" entgegensprang. Es ging auch nicht um "Have a coke", also um ein eiskaltes Erfrischungsgetränk, sondern vielmehr um die Bedürftigkeit nach Wärme. Und der Koks namens "Coke", den der seinerzeitige Energieversorger Gesa (Gas y Electricidad S.A.) im Angebot hatte, versprach Abhilfe gegen die Kälte auf Mallorca. Um ihr Produkt entsprechend an den Verbraucher zu bringen, schaltete die Gesa, die als Tochterunternehmen des spanischen Stromkonzerns Endesa noch heute existiert, die Wintermonate über eine Werbekampagne in der deutschsprachigen Inselzeitung "Der Herold".

Sehr geschickt spielte Gesa zum einen mit dem Neidfaktor - "Wissen Sie, warum Ihre Freunde Coke benutzen?" - und zielte zum anderen auf die Komfortbedürfnisse der potenziellen Konsumenten ab, indem es die gestellte Frage gleich selbst beantwortete: "Weil Sie herausgefunden haben, dass Koks billiger ist, gut brennt, wärmt und keine Asche zurücklässt; außerdem sauber ist, weder raucht noch riecht, und leicht zu behandeln ist", so die hieb- und stichfesten Argumente des Anbieters.

Die Anzeige macht deutlich: Jene Deutschen, die damals auf Mallorca lebten - zumeist ausgewanderte Residenten oder vor den Nationalsozialisten geflohene Emigranten -, auch sie litten in der Zeit der Mandelblüte unter den feucht-kalten Nächten und sehnten sich in ihren häufig gemieteten und klammen Inselwohnungen, wie weiland George Sand und Frédéric Chopin 1838 in ihrem berühmt gewordenen "Winter auf Mallorca", nach behaglicher Wärme.

Ein Problem, das fast ein Jahrhundert später nicht wirklich gelöst war. Die deutsche Wochenzeitung "Die Insel" schrieb 1933 über die Kälte auf Mallorca:

In Anbetracht der anderen Bauweise und Konstruktion der Häuser hat manch einer mehr gefroren als bei Frost in Deutschland. Man soll sich durch das Thermometer nicht irreführen lassen, zumal wenn man den warmen Sommer hier verbracht hat. 9 oder 10 Grad Wärme bei Regen lassen einen den Ofen suchen und die Steinfußböden der Häuser verwünschen.

Die traditionellen Mittel, mit denen die einheimische Bevölkerung der kalten Monaten zu trotzen pflegte, wurden - in Ermangelung von besseren Heizmöglichkeiten - wohl oder übel auch von den Deutschen nachahmend angewandt. Wo Kamine und teures Brennholz fehlten, kamen jene Holzkohlebecken zum Einsatz, jene "Brasers", die in mallorquinischen Häusern unter den Tisch gestellt wurden, auf dem wiederum eine bis zum Boden reichende, schwere Decke ausgebreitet wurden. So hielt sich die Wärme unter Tisch und Decke, unter die wiederum sich die kalten Füße Richtung Glut strecken ließen. Eine durchaus gewöhnungsbedürftige Methode im Kampf gegen eisige Zehen. Doch in ihrer Not versuchten sich offenbar auch viele Mallorca-Deutsche an dieser fremdartigen Heizung. Mit zum Teil fatalen Folgen, so dass die "Insel" sich zu einem mahnenden Ratgeber-Artikel unter dem Titel "Vorsicht mit Holzkohle" veranlasst sah:

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Holzkohlenfeuer dürfen erst in das Zimmer getragen werden, wenn die Kohlen nicht mehr schwarz sind, sondern rotglühend und weiß verascht. Bei den Mallorquinern kann man sehen, dass sie ihre "braseros" immer erst vor der Tür anbrennen lassen. Bei Nichtbeachten dieser Umstände läuft man Gefahr, bewusstlos zu werden durch diese schädlichen Gase, wie es tatsächlich schon öfter eingetreten ist.

Doch unter den Insel- Deutschen und alteingesessenen Mallorquinern befanden sich nicht wenige, die durchaus die nötige Kaufkraft besaßen, sich die Annehmlichkeiten der Moderne anzueignen. Sie fuhren Autos und nannten Telefone und Radiogeräte ihr Eigen. Da lag es nahe, sich auch eine komfortable Heizungsanlage installieren zu lassen. Der Bedarf war offenkundig so groß, dass sich entsprechende Handwerksbetriebe - sogar unter deutscher Beteiligung - auf der Insel ansiedelten. Einer dieser Betriebe, dem ein J. Schneider vorstand, bot in Zeitungsanzeigen "Heizungsanlagen jeglichen Systems" an.

Das waren Geräte, die durchaus funktionierten und auch in Edelhotels oder Nobellokalen wie dem Tanz- und Tee-Salon Trocadero installiert wurden. So wusste ein Gesellschaftsreporter des "Herold" 1934 von einer winterlichen Feier in dem seinerzeit gefragten Partytempel an der Rambla zu berichten:

Alfred Perrot, der Chefingenieur des Hauses Schneider-Fuster-Fabra hat uns durch seine wunderbare Heizung mit Wärme versorgt, die besonders der Ausländer in diesen winterlichen Tagen auf Mallorca dankbarst empfindet.

Ungeachtet der Inselkälte wurden Mallorcas Tourismusverantwortliche schon damals nicht müde, ihre mediterranen Gestade als südliches Paradies anzupreisen. "Clima ideal" hieß es auf Postkarten und in Werbebroschüren. Eine Wortschöpfung, die in nahezu jeder Fremdsprache verständlich war. Wenn es dann im Winter aber doch schüttete und kalt war, bevölkerten die Wintergäste "mit langen Gesichtern" die Cafés in Palma. Die "Insel" notierte 1933:

Immer häufiger werden die unzufriedenen Äußerungen über den Winter in Mallorca. Zu kalt, zu ungemütlich und gar nicht so billig sei es hier. Die Engländer vermissen ihr Bad und ihren Comfort, die Franzosen ihre Weltstadt und die Deutschen ihre Ordnung, Pünktlichkeit und Öfen.

(aus MM 3/2018)