Dieses Abkommen zwischen der deutschen Gemeinde und dem Bischof von Palma hat mittlerweile eine 43 Jahre lange Tradition. Erstmals in 43 Jahren wird eine Frau die Predigt lesen. "Ich hab das erst hier auf Mallorca realisiert, dass das etwas Besonderes sein konnte. In Deutschland wäre das kein Thema mehr", sagt Stijohann, die zuletzt in der lippischen Gemeinde Bad Meinberg gepredigt hat. Der katholische Pfarrer Peter Wehr wird die Liturgie übernehmen, in dem ökonomischen Gottesdienst wechseln sich die Vertreter der beiden Gemeinden stets ab.
"Señora Stijohann ist bei uns herzlich willkommen", sagt Joan Bestard. Der heutige Domkapitular hat alle 43 Gottesdienste miterlebt, vom ersten Bischof Rafael Álvarez, über Teodoro Úbeda und Jesús Murguí bis zu Xavier Salinas heute. "Die Franziskaner der Porciuncula-Gemeinde in Arenal haben diesen Gottesdienst ins Leben gerufen", erzählt er.
Man habe gemerkt, dass es einen Bedarf bei den deutschen Touristen und den immer zahlreicher werdenden deutschen Residenten gegeben habe. Die Mallorquiner und Ureinwohner von Palma habe das nie gestört, denn sie gehen erst um 23 Uhr in die Kathedrale. Dann sind die Deutschen schon längst wieder zu Hause, haben gegessen und sich an die Bescherung gemacht.
Bestard hat ein besonderes Verhältnis zu den Deutschen. Seit 50 Jahren fliegt der 1940 in Lloseta geborene Geistliche in jedem Sommer für zwei Monate nach Köln, um dort für deutsche Amtskollegen die Urlaubsvertretung zu machen. "Es handelt sich jedoch um keine Heilige Messe, sondern um einen Wortgottesdienst", erklärt er und verwendet dafür ausdrücklich das deutsche Wort. Bestard spricht sehr gut Deutsch und wird daher die Begrüßungsansprache von Bischof Javier Salinas übersetzen. Das heilige Abendmahl oder sonstige Elemente werde es nicht geben.
Auf Heike Stijohann übt diese ganz eigene Mischung der Gottesdienstbesucher am Heiligen Abend einen besonderen Reiz aus. Hier gebe es keine gesellschaftlichen Zwänge zu kommen, wie etwa in mancher Gemeinde in Deutschland. "Wer hier hinkommt, will es auch."
Worin es in ihrer Predigt gehen wird? Natürlich um die Weihnachtsgeschichte. "Alle haben sich auf den Weg gemacht, um hier zusammenzukommen", sagt sie. "Alle verlassen ihren Alltag, um hier unbeschwert zusammen sein zu können." Die weltpolitischen Krisen und kriegerischen Auseinandersetzungen, derer das Jahr 2014 reichlich zu bieten hatte, sollen am Rande erwähnt werden, aber nicht die Hauptrolle spielen. Alle gewalttätigen Mittel, um Gewalt zu stoppen, hätten versagt, sagt die Pastorin.
"Es gibt ein tiefes Gefühl und eine Sehnsucht nach Frieden", meint sie und das wolle man besonders an diesem Tag spüren. Dass nicht wenige "U-Boot-Gottesdienstbesucher" dabei sein werden, die nur zu Weihnachten ein Gotteshaus betreten, stört sie überhaupt nicht, im Gegenteil. "Es ist gut, wenn sie wenigstens einmal im Jahr auftauchen." Von Frieden predigen, wenn in der Welt Krieg herrscht? "Wir sind auch ein bisschen Utopisten. Wenn wir diese Utopien nicht haben, wenigstens einmal im Jahr, dann geht die Welt zum Teufel."
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