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Wer aufmerksam durch das Umland von Palma fährt, stößt immer wieder auf sie: Mal heruntergekommen, ja geradezu ruinös, mal - hinter hohen Mauern - aufwendig hergerichtet, stattlich, majestätisch. Die Rede ist von den "Possessions", den altehrwürdigen Herrenhäusern, wie sie einst den Mittelpunkt der Landgüter um die Balearen-Hauptstadt darstellten.

Roberto Fernández hat die Anwesen wie kein Zweiter studiert. Der Mallorquiner, der als Englischlehrer sein Geld verdient, hat in mühsamer Kleinarbeit Informationen über die Possessions zusammengetragen und nach zwei Buchveröffentlichungen nun eine Internetseite eingerichtet (www.possessionsdepalma.net), auf der die Geschichte der 125 Anwesen im Stadtgebiet von Palma erzählt wird.

"Ich wohne gleich bei der ehemaligen Finca von Son Cotoner und wollte mehr über das Haus wissen", erzählt Fernández. Das einstige Landgut stand nicht nur Pate bei der Namensgebung des heutigen Wohngebietes von Palma; Son Cotoner ist auch eines jener Beispiele, wie das historischen Herrenhaus eine neue Funktion erhalten kann: An der Straße nach Son Rapinya gelegen, beheimatet es, umgebaut und erweitert, den Eroski-Supermarkt.

Die Suche, die Fernández begonnen hatte, kam einem Puzzle gleich. Immer wieder stieß der Hobby-Forscher auf Einzelinfos zu den Anwesen, die er fleißig zusammentrug, bis sie ein klares Bild ergaben.

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Die Possessions unterscheiden sich dabei als Herrenhäuser durch ein Kriterium von den mitunter nicht minder herrschaftlichen Dorfhäusern und Altstadtpalästen, deren Name zumeist mit einem "Ca" oder Ca'n", von "Haus" oder "Haus des ..." beginnt. "Die Possessions", so Fernández, "waren die damaligen Unternehmen und Jobcenter der Insel." Es handelte sich um landwirtschaftliche Agrarbetriebe, die für das Gros der Bevölkerung Arbeitsplätze boten.

Eigentümer der Anwesen war fast ausschließlich der mallorquinische Adel. Die Herrschaften lebten aber selten auf dem Lande, sie residierten am Königshof oder zumindest in der Provinzhauptstadt.

Den Agrarbetrieb auf dem Gut leitete der "amo". Er stellte die Subunternehmer ein: Davon gab es die Festangestellten ("missatges") und die Tagelöhner ("jornalers").

Im 19. Jahrhundert setzte der Niedergang der Landgüter ein. Die Alteigentümer investierten kein Geld mehr in den Erhalt, das neue Erbrecht seit 1841 zwang zur Aufteilung der Anwesen an alle Nachkommen. Der Grundbesitz schrumpfte dadurch. Bürgerliche kauften sich ein.

Noch bis in die 1990er Jahre wurden die Anwesen beim Bau neuer Stadtviertel einfach abgerissen. Erst danach wurden sie unter Schutz gestellt. Doch nicht immer sind die Eigentümer willens oder in der Lage, die Possessions zu erhalten. So verfallen sie still vor sich hin.