Vor ein paar Tagen wurde mir ein leichter Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule diagnostiziert. Eine ziemliche Überraschung für mich. Da ich nahezu keinen Sport treibe, hatte ich immer das Gefühl, vor solchen Dingen geschützt zu sein. Aber, was soll ich sagen, die meisten Unfälle geschehen eben im Haushalt. Ich schone mich (also noch weniger Bewegung, obwohl das kaum möglich ist) und vertraue darauf, dass mein Körper das schon wieder hinbekommt. Ok, ich bin keine 25 mehr, aber das war einfach Pech und keine Alterserscheinung, oder?
Dazu fällt mir mein sehr geschätzter Hausarzt ein, der in solchen Fällen immer fragte: „Wann hast Du das letzte Mal in Deinem Ausweis Dein Geburtsjahr betrachtet?» Und als wäre das nicht genug, sagte noch eine gute Freundin am Telefon, als ich ihr davon erzählte: „Das Schlimme ist, es hört nicht mehr auf!» Ich habe vorsichtshalber nicht weiter nachgefragt, weil ich mich schlicht weigere, mein Alter in Zusammenhang zu bringen mit irgendwelchen Zipperlein.
Nun könnten Sie einwerfen, egal, ob man diese Schlüsse ziehen möchte oder nicht, der Körper bleibt nicht ewig jung. Das ist sicher richtig, aber ein bisschen wird wohl noch machbar sein. Dazu möchte ich Ihnen vom sogenannten „Counterclockwise»-Experiment erzählen. Dieses wurde von der Harvard-Psychologin Ellen Langer 1979 durchgeführt. Langer wollte untersuchen, wie sich das Umfeld und die Einstellungen auf das Altern auswirken können. Dazu wurden Männer zwischen Ende 70 und Anfang 80 in zwei Gruppen zu je acht Teilnehmern aufgeteilt und in ein Kloster geladen. Beide Gruppen hielten sich dort für eine Woche in einer Umgebung auf, wie sie 1959 existierte, mit Schwarz-Weiß-Fernsehen, Musik von Nat „King» Cole und Filmen wie „Ben Hur». Alles in der Umgebung – Möbel, Dekor, Kleidung und Zeitungen – stammte aus dieser Zeit. Gleichzeitig wurde die experimentelle Gruppe aufgefordert, sich vorzustellen, es sei tatsächlich 1959. Alles, was in ihrem Leben nach dieser Zeit geschah, sollte in der Woche tabu sein. Die Kontrollgruppe erhielt die Aufgabe, sich nur rückblickend mit dem auseinanderzusetzen, was sie 1959 beschäftigte.
Nach Ablauf der Woche waren beide Gruppen „jünger» geworden, aber bei denen, die sich 20 Jahre zurückversetzt hatten, waren deutliche Veränderungen messbar. Einige Teilnehmer zeigten eine verbesserte Beweglichkeit, Griffstärke und sogar eine Verbesserung des Sehvermögens. Es gab Anzeichen für eine Verbesserung des Gedächtnisses und der kognitiven Fähigkeiten. Die Teilnehmer fühlten sich jünger und vitaler, was sich positiv auf ihre Stimmung und ihr Selbstwertgefühl auswirkte.
Der Satz „Wir sind so jung, wie wir uns fühlen» gewinnt damit neue Aktualität. Wie wir alt werden, wird stark von unseren Vorstellungen vom Altern beeinflusst, davon, welche Bilder wir vor Augen haben, wenn wir an alte Menschen denken, behauptet Langer. Die Ergebnisse ihrer jahrzehntelangen Arbeit hat die Harvard Professorin in ihrem Buch „Counterclockwise» (Gegen den Uhrzeigersinn) zusammengefasst. Die Studie deutet darauf hin, dass unsere Einstellungen und das Umfeld einen bedeutenden Einfluss auf den Alterungsprozess haben können. Wenn Menschen glauben, dass sie jünger sind und sich in einer Umgebung befinden, die diese Vorstellung unterstützt, können sie tatsächlich einige der negativen Effekte des Alterns umkehren oder zumindest mildern. Langer hat damit gezeigt, wie wichtig psychologische Faktoren für die Gesundheit und das Wohlbefinden sind.
Welche Schlüsse können wir nun aus dieser Studie ziehen und ganz praktisch umsetzen?
- Unsere Umgebung hat einen erheblichen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Wahrnehmung von uns selbst. Gestalten Sie Ihr Zuhause mit Gegenständen, die positive Erinnerungen wecken. Verwenden Sie Fotos, Musik und Dekor, die Sie an glückliche Zeiten erinnern.
- Physische Aktivität kann die Beweglichkeit und Gesundheit verbessern. Integrieren Sie regelmäßige Bewegung in Ihren Alltag. Das kann durch Spaziergänge, Tanzen oder sanfte Sportarten wie Yoga oder Tai-Chi geschehen.
- Geistige Aktivität und das Erleben von neuen Dingen können die kognitive Funktion verbessern. Halten Sie Ihren Geist aktiv, indem Sie neue Hobbys ausprobieren, Bücher lesen, Rätsel lösen oder an Kursen teilnehmen.
- Eine positive Einstellung zu sich selbst und zum Altern kann das Wohlbefinden und die Gesundheit fördern. Pflegen Sie ein positives Selbstbild, indem Sie sich Ihrer Stärken und Erfolge bewusst werden. Vermeiden Sie negative Gedanken über das Altern und konzentrieren Sie sich auf das, was Sie noch erreichen können und wollen.
- Soziale Bindungen und Interaktionen sind wichtig für das emotionale Wohlbefinden. Halten Sie regelmäßigen Kontakt zu Familie und Freunden. Nehmen Sie an sozialen Aktivitäten teil, wie zum Beispiel in Vereinen, Gruppen oder bei gemeinsamen Interessen.
- Achtsamkeit und das Leben im Moment können Stress reduzieren und das Wohlbefinden steigern. Praktizieren Sie Achtsamkeitstechniken wie Meditation, tiefes Atmen oder einfach bewusste Momente der Ruhe und Reflexion in Ihrem Alltag.
- Eine neugierige und offene Haltung gegenüber neuen Erfahrungen und Veränderungen kann das geistige und emotionale Wohlbefinden fördern. Seien Sie offen für Neues und haben Sie den Mut, unbekannte Wege zu gehen. Das könnte das Erlernen einer neuen Sprache, Reisen an unbekannte Orte oder das Ausprobieren neuer Technologien sein.
Ich für meinen Teil habe gleich mal einige der Tipps ausprobiert. So habe ich mich mit Freunden und deren Kindern auf ein kleines Abenteuer eingelassen. In Palma gibt es nämlich ein Fantasy Museum, das für einige Überraschungen und neue Einblicke sorgt. Am Ende des Rundgangs erwartet den Besucher, gleich welchen Alters, ein Bällebad, das ich wärmstens empfehlen kann (ebenso natürlich den Rest des Museums). Je nach Beweglichkeit und Zustand des Knochengerüsts braucht man vielleicht etwas Hilfe, um dem „Bad» wieder zu entsteigen, aber der Spaßfaktor ist immens. Ich habe mich zumindest wieder gefühlt wie 12. In diesem Sinne.
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