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Es ist eher selten, dass Pianisten neben Kollegen an ihrem eigenen Instrument auch Sängerinnen als ihre Vorbilder nennen. Wenn Lise de la Salle etwa Elisabeth Schwarzkopf, Maria Callas oder Gundula Janowitz in den Kreis ihrer Idole aufnimmt, sagt das viel über ihr Klavierspiel aus. Es erklärt ihren Umgang mit den 88 schwarzen und weißen Tasten. Und sie fügt hinzu: „Ich möchte die Zuhörer vergessen lassen, dass das Klavier ein perkussives Instrument ist. Ich will damit singen.“ Gestern Abend führte sie einem begeisterten Publikum im Auditorium mit Edvard Griegs Klavierkonzert in a-moll vor, dass sie neben atemberaubender Kantabilität auch zupackend knackige Akkordpassagen mit ihrer stupenden Technik mühelos meistert. Der österreichische Dirigent Christoph Koncz lieferte mit den Sinfonikern ganz auf die Pianistin zugeschnitten den begleitend-tragenden Orchestersound dazu. Nach der Pause gab’s große romantische Sinfonik: Bruckners Siebente erschütterte klangewaltig den Saal.

Manchen dürfte noch der Auftritt de la Salles im Sommer 2018 auf Schloss Bellver in Erinnerung sein, als sie für die indisponierte Khatia Buniatishvili einsprang und das Publikum mit dem 2.Klavierkonzert von Rachmaninow begeisterte. Damals war sie gerade mal 30 und verfügte bereits über fabelhafte technische Fähigkeiten, die sie nie exhibitionistisch um des Effekts willen in den Vordergrund stellte, was bei Rachmaninow natürlich immer eine Versuchung ist. Gestern Abend erlebten wir diese noble Zurückhaltung in womöglich noch gesteigerter Form. Was nicht heißen soll, dass sie ihr Licht unter den berühmten Scheffel stellte. Natürlich kann sie auch auftrumpfen und ganz großes Kino zelebrieren; aber auch dann vermeidet sie Show-Effekte à la Lang Lang. Selbst die gnadenlos schwierige, von Grieg auskomponierte Kadenz am Ende des Kopfsatzes geriet nicht zum Schaulaufen. Was sie da mit den fünf Fingern der linken Hand aufführte (als hätte sie zehn), wirkte bei aller Brillanz unaufdringlich. So etwas können eben nur die ganz Großen. – Der Klaviereinsatz im Adagio, von samtenem Streicherklang vorbereitet, war zum Niederknien schön. Die tänzerischen Passagen im Finale perlten in jugendlicher Frische aus den Fingern. In der Coda dann zeigte sie – ohne auch nur einen Anflug von brachialer Kraftmeierei -, was sie draufhat. Für den jubelnden Applaus bedankte sie sich mit Schuberts „An die Musik“ (dem Hören nach in dem Arrangement von Gerald Moore). Das Zwischenspiel in dem usprünglich für Singstimme und Klavier komponierten Lied, gehört zu Schuberts schönsten Eingebungen und wurde unter den Händen Lise de la Salles zu einem Höhepunkt des Abends. Dass sie ihre Zugabe ausdrücklich „besseren Zeiten und dem Weltfrieden“ widmete, machte ihr Auftreten noch sympathischer.

Der junge österreichische Dirigent Christoph Koncz ist ein weltweit gefragte Musiker, Auftritte mit Orchestern wie dem London Symphony Orchestra oder dem Orchestre de la Suisse Romande haben ihm als Dirigent und Geiger internationale Reputation eingetragen. Für Sony hat er jüngst sämtliche Violinkonzerte auf Mozarts Originalgeige(!) mit den Musiciens du Louvre eingespielt. Gestern Abend gelang ihm ein Bruckner mit erfreulich wenig Weihrauch. Mit einem durchgestylten Klang und seiner Fähigkeit, aus den Musikern , vor allem den Bläsern, Höchstleistungen herauszukitzeln, mit klug disponierten Spannungsbögen und Herausarbeitung der dynamischen Kontraste lieferte er eine Visitenkarte ab, die nach einer Wiedereinladung ans Pult der Sinfoniker ruft. – Das nächste Konzert, Mozarts Requiem mit Pablo Mielgo in der Kathedrale am 25.03. ist bereits ausverkauft. Für den französischen Abend im Teatre Principal am 18.April mit Werken von Offenbach, Ravel (unter anderem der berühmte Bolero) und Dbussy gibt es Karten auf der Webpage des Theaters.