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Wohl nach der Devise „erst der Ernst, dann das Pläsier“ hatte man gestern Abend im gut besuchten vierten Konzert des Cicle Auditorium Palma die gewohnte Programmabfolge einmal umgekehrt: die große Sinfonie – Schuberts „Unvollendete“ – stand am Anfang. Das äußerst vergnügliche Violinkonzert von Dvorak mit seinem hinreißenden Finale hatte man sich für den Schluss aufgespart. Pablo Mielgo dirigierte einen aufwühlenden Schubert, die erst 16-jährige Geigerin Leia Zhu brillierte mit atemberaubender Technik und jugendlichem Elan.

Schuberts zweisätziger Torso, mit dem er endgültig Abschied von der Verbindlichkeit der Wiener Klassik nahm, gehört zu den wenigen Werken, in denen die Kontrabässe das erste Wort haben, wie Patrick Süßkind in seinem amüsanten Einakter „Der Kontrabass“ feststellt. Wie sie das gestern Abend taten, nicht im Pianissimo (wie etwa bei Sergiu Celibidache oder Günther Wand, beide große Schubert-Dirigenten), sondern bedrohlich unheilverkündend, machte von Anfang an deutlich, dass Mielgo eher auf das Dramatische denn auf das Atmosphärische setzte. Folglich räumte er auch den Bläsern die ihnen gebührende Dominanz ein, ließ sie scharfe Akzente setzen, statt sie in einem streicherbetonten Gesamtklang aufgehen zu lassen. Dieses Konzept war ganz auf Kontraste ausgerichtet, zwischen Ländler-Seligkeit einerseits und den seelischen Abgründen, die der Grübler Schubert, fast schon Brahms vorwegnehmend, in seine Partitur gepackt hatte. Dazu gehörte auch die ausgeklügelte Gewichtung vermeintlicher Nebenstimmen. Was debei herauskam, war kein Schubert zum Zurücklehnen, sondern ein packendes Seelendrama.

Die britische Geigerin Leia Zhu steht noch am Anfang ihrer Karriere, hat aber mit ihren 16 Jahren bereits beachtliche internationale Erfolge vorzuweisen: so ist sie, unter anderem, mit den London Mozart Players, dem London Symphony Orchestra unter Simon Rattle, dem Tonhalle Orchester unter Paavo Järvi, in der Royal Festival Hall, der Berliner Philharmonie und der Tschaikowsky Concert Hall in Moskau aufgetreten. Trotzdem möchte man ihr derzeit (noch) nicht das - sowieso bisweilen inflationär verwendete – Prädikat „Ausnahmetalent“ anheften. Im Moment ist sie eine „junge Wilde“, unbezähmbar energiegeladen, auf einem atemberaubenden technischen Niveau, berstend voll mit jugendlichem Ungestüm. Da bleibt dann die kantable Schönheit, zu der ihr Instrument auch fähig ist, schon mal auf der Strecke. Ihr Spiel hat noch nicht die Tiefe beispielsweise einer Hillary Hahn oder einer Arabella Steinbacher (um nur einige Kolleginnen zu nennen). Und so bestach sie gestern vor allem in den Ecksätzen des Dvorak-Violinkonzerts, in denen sie mit Ganzkörpereinsatz die Anforderungen, die Dvoraks Partitur – auch physisch – fordert. Auch die beiden Zugaben, die das begeisterte Publikum mit standing ovations verlangte, nutzte sie zur Demonstration ihrer außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten.

Im nächsten Konzert, am 7.März im Teatre Principal, setzt Francisco Fullana mit dem Beethoven-Violinkonzert die Reihe der gastierenden Geiger fort. Außerdem dirigiert er im zweiten Teil Mozarts Jupitersinfonie. Kartn gibt’s hier. Das Konzert wird am 8.März im Auditorium von Manacor wiederholt. – Am 14.März erwartet uns im Auditorium von Palma ein französischer Abend mit Werken von Poulenc und Ravel unter der Leitung von Pablo Mielgo. Und, um die Vorschau für März zu vervollständigen: am 21. spielt Lise de la Salle, ebenfalls im Auditorium, das Klavierkonzert von Grieg. Außerdem steht an diesem Abend die 7.Sinfonie von Bruckner auf dem Programm.