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Am kommenden Donnerstag, 16.März, wird der US-amerikanische Pianist Kit Armstrong unter der Leitung des spanischen Dirigenten Victor Pablo Pérez Mozarts letztes Klavierkonzert (in B-dur, KV595) im 6.Abokonzert im Trui Teatre spielen. Nach der Pause gibt’s Bruckners Dritte. Am 17.03. wird das Konzert im Auditorium von Manacor wiederholt. - Heute möchte ich Ihnen Mozarts Klavierkonzerte etwas näherbringen.

Schon die Tatsache, dass von den 23 Konzerten des Salzburger Genies heute, über 200 Jahre nach ihrer Entstehung, noch alle, wirklich alle, weltweit auf den Brettern, die die musikalische Welt bedeuten, gespielt werden, unterstreicht ihren exorbitanten künstlerischen Rang: keine Werkgruppe mit diesem Umfang eines anderen Komponisten hat es geschafft über zwei Jahrhunderte in ihrer Gesamtheit derart omnipräsent zu bleiben.

Das Klavierkonzert war Mozarts eigene Lieblingsgattung (neben der Oper); mehr noch: er war sein Erfinder. Ähnlich, wie Papa Haydn als Schöpfer der klassischen Sinfonie gilt, sieht die musikalischen Welt Mozart als den Mann, der das Konzert für Pianoforte zu dem gemacht hat, was es über die Jahrhunderte, bis zum heutigen Tag, bleiben sollte. Natürlich hat es Vorläufer gegeben: die Cembalokonzerte von Johann Sebastian und Johann Christian Bach etwa. Aber erst Mozart schuf das klassische Formmodell des konzertierenden Sonatenhauptsatzes mit seinen zwei individuellen Expositionen des Orchesters und des Solisten, das er dann selbst variierte und weiterentwickelte. Er war es, der für das Soloinstrument sein ganzes phantasievolles Repertoire an Spielfiguren und instrumententypischen Wendungen erdachte. Er entwickelte das Orchester vom rahmengebenden Stichwortlieferanten „zum vielseitigen, selbstbewussten und, vor allem, sinfonischen Partner; er fächerte es auf in alle individuellen Instrumentalfarben und erhob besonders die Holzblasinstrumente zur Selbständigkeit und Gleichberechtigung, nicht zuletzt statete er die Gattung mit der ganzen ihm zu Gebote stehenden, einzigartigen emotionalen Vielfalt aus, die zuvor in der Musik unbekannt war. Auf diese Weise verlieh er ihr alle wesentlichen Kennzeichen und Merkmale klassischer Größe und Zeitlosigkeit.“ (Reclams Konzertführer) – Über Vivaldi konnte Strawinsky noch spotten, er habe „500 mal das gleiche Konzert“ geschrieben; bei Mozart ist jedes Konzert ein Individuum, eine Persönlichkeit, ein musikalischer Kosmos für sich.

Sein letztes Konzert, das Klavierkonzert in B-dur, KV 595, spielte Mozart ziemlich genau ein Dreivierteljahr vor seinem Tod, am 4. März 1791. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt als Pianist überhaupt. Die Wiener High Society hatte längst kein Interesse mehr an ihm, einer der wenigen Bewunderer, die ihm noch geblieben waren, war der Hofklarinettist Joseph Bähr, und der ermöglichte ihm diesen letzten Auftritt im Saal des „Hoftraiteurs Jahn“ in der Wiener Himmelpfortgasse. Mozarts Biograf Alfred Einstein (1880-1952) ließ sich durch diesen Straßennamen zu der Bemerkung hinreißen, dieses Konzert stehe „in der Tat an der Pforte des Himmels, vor den Toren der Ewigkeit“. Wir sehen das heute nüchterner, solche blumigen Formulierungen liegen uns nicht mehr auf der Zunge. Dennoch nehmen wir es als Wunder wahr, nur dass dieses Wunder eben in den Noten steht und nicht den Aufführungsort zur Mythisierung braucht. Die Haltung Mozarts dem Leben gegenüber, einem Leben, das sich dem Ende zuneigte und von finanziellem und gesellschaftlichem Niedergang geprägt war, spiegelt sich in der Partitur, in den musikalischen Mitteln wieder. Die Instrumentierung - ohne Pauken und Trompeten – taucht das musikalische Material in herbstlich-mildes Licht, da ist kein Platz mehr für dramatische Kontraste; die Themen selbst sind von luzider Schwerelosigkeit, tragen fast resignative Züge. „Aber die Resignation bleibt merkwürdig gedämpft, wie wenn er die Welt bereits von einer höheren Warte aus betrachten würde und mit einem inneren Zustand, der Liebe und Hass, alles irdische Empfinden, überwunden habe“ schreibt Csampai, um dann fast poetisch fortzufahren: „Alles in diesem Konzert ist abgemildert, gedämpft, selbst die zahlreichen dynamischen Kontraste, die harmonischen Kühnheiten vollziehen sich implizit, im Inneren der Seele und treten in purer Schönheit, als fließender, strömender Atem, der irdischen Schwerkraft entzogen, nach außen. … Alles ist eingebunden in den großen, herrlichen Gesang der Seele, die sich befreit hat von aller irdischen Last.“

Das Hauptthema des letzten Satzes hat Mozart, nur einige Tage nach Vollendung des Konzerts, in einem seiner bekanntesten Lieder, „Sehnsucht nach dem Frühling“ wieder aufgenommen. Diesen Frühling sollte er nicht mehr erleben. Am 5. Dezember verließ er diese Erde.

Mit diesem letzten Klavierkonzert geht eine musikalische Entwicklung zu Ende, es ist die Endstation einer Reise, die einzigartig in der Musikgeschichte dasteht. Auch Beethovens 32 Klaviersonaten, ein Werkzyklus von ähnlichen Dimensionen, weisen nicht diesen überbordenden Reichtum an Facetten auf. Mozarts 27 Klavierkonzerte sind ein Entwicklungsroman, in dessen Verlauf der Held, die Gattung Instrumentalkonzert, aus formalen Korsetten ausbricht und von der Unverbindlichkeit des barocken Concerto grosso den Weg zur Menschlichkeit, zum Ausdruck des Persönlichen findet, den Weg von Vivaldi’scher Dutzendware zum Kunstwerk als unverwechselbarem Individuum. Ein Weg, der an seinem Ende das Tor zur nächsten musikgeschichtlichen Epoche, der Romantik, weit aufstößt. – Wenn Sie reinhören möchten: auf YouTube gibt’s das Konzert mit Richard Goode am Flügel. Bereits der 1.Satz wird Sie gefangen nehmen. – Karten für das Konzert in Palma bekommen Sie hier. – Ab Mittwochabend können Sie hier ein Interview mit Kit Armstrong lesen.