Die Erfolgsgeschichte von Tschaikowskys b-moll-Klavierkonzert kam nur zögernd in Fahrt: Nikolaj Rubinstein, dem Tschaikowsky das Werk widmen wollte, erklärte es für unspielbar und meinte, es müsse komplett umgeschrieben werden. Zum Glück ließ sich Tschaikowsky nicht auf dieses Ansinnen ein: „Keine Note werde ich ändern!“. Und daran tat er gut: Hans von Bülow führte es 1875 mit überwältigendem Erfolg in Boston auf; von dort trat es seinen Siegeszug um die ganze Welt an. Für Teilnehmer am renommierten Tschaikowsky-Wettbewerb ist es ein Pflichtstück; Pianisten wie Ashkenazy, Sokolov, Gawrilow, Pletnjow und Trifonow erspielten sich damit erste Preise. Aktuelle Starpianisten wie Lang Lang, Khatia Buniatishvili und Yuja Wang haben es in ihrem Kernrepertoire, die schöne Khatia hat’s vor drei Jahren sogar hier in Palma gespielt.
Außer dem markanten Eröffnungsthema, das vom Klavier über siebeneinhalb Oktaven mit wuchtigen Akkorden umspielt wird (und das seltsamerweise im weiteren Verlauf des ersten Satzes nicht wieder auftaucht), verdankt op.23 seine Beliebtheit der Melodik russischer Volkslieder, auf die Tschaikowsky zurückgriff, dem rasanten Drive in den Ecksätzen und der atemberaubenden Tastenakrobatik, zu der eben nur die ganz Großen fähig sind. Der Beginn des zweiten Satzes (Querflöte über Streicher-Pizzicato) könnte (fast) von Mozart sein, den Tschaikowsky über alles verehrte: so melodisch und graziös kommt er daher. Das Finale ist Virtuosenfutter par excellence. Das Feuer, das Horowitz zusammen mit Toscanini am Pult 1941 damit auf seinem Steinway entfacht hat, springt auch nach 80 Jahren noch aus den Tasten.
Ermutigt durch den Erfolg seiner ersten Orchesterkompositionen beschloss der sechsundzwanzigjährige Tschaikowsky, seine erste Sinfonie zu komponieren. Da ihn seine Lehrtätigkeit am Moskauer Konservatorium tagsüber voll in Anspruch nahm, verlagerte sich die Arbeit in die Nachtstunden. Das machte seine zarte Gesundheit nicht lange mit: bald litt er an Schlaflosigkeit, Angstzuständen und Halluzinationen, so dass sein Arzt ihn bereits „am Rande des Wahnsinns“ sah und ihm die Nachtarbeit verbot. Die Sinfonie wurde erst im folgenden Jahr, im Sommer bei einem Landaufenthalt nahe St. Petersburg, fertig. Die Uraufführung ließ weitere anderthalb Jahre auf sich warten. Und wieder hielt ein Rubinstein – diesmal nicht Nicolaj, sondern Anton – das Werk für unspielbar und nicht aufführungswürdig. Er ließ am 11.Februar 1867 nur die Mittelsätze spielen. Erst ein Jahr später erklang die komplette Sinfonie erstmals in Moskau – und wurde ein rauschender Erfolg. Tschaikowsky soll bei der Premierenfeier alle Anwesenden abgeküsst und sämtliche Gläser zerschlagen haben…
Bereits dieser sinfonische Erstling ist geprägt von typisch russischen Intonationen. Die übrige kompositorische Arbeit knüpft an westliche Vorbilder an, vor allem an Beethovens motivische Arbeit; der Orchesterklang orientiert sich an der Ästhetik der deutschen Romantik. Erst im Finale kommen Piccoloflöte, drei Posaunen, Basstuba, Becken und große Trommel hinzu. Der Satz zeigt bereits die Vorliebe des Komponisten für effektvoll dahinstürmende Finali, die er später in seiner Vierten noch exzessiver ausgetobt hat. – Reinhören können Sie bei YouTube, Karten für die Aufführung in Palma gibt’s hier, für die Wiederholung im Auditorium in Manacor am 9.Dezember auf dessen Website.
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