Die Overtüre zu „Le nozze di Figaro“: genial vom ersten Takt an! Sie beginnt unkonventionell mit einer siebentaktigen Phrase (Prestissimo, piano, nur Streicher) – acht Takte wären normal. Gleich zu Beginn also weicht Mozart vom Herkömmlichen ab. Dann führt eine kurze Bläsermelodie in ein plötzliches Fortissimo. Nur vier Minuten dauern die knapp 300 Takte des „Figaro“-Vorspiels. Vier Minuten, voll mit immer neuen rhythmischen Impulsen, angefüllt mit funkensprühender Lebendigkeit, spritzigen Frage- und Antwortspielen, Übermut und Atemlosigkeit. Attila Csampai spricht in seinem Konzertzführer deutlich aus, was Sache ist: „Man hat immer wieder behauptet, dass Mozart in seiner Oper dem aufrührerischen Theaterstück Beaumarchais‘ politisch die Zähne ausgebrochen habe: abgesehen davon, dass dieser Befund unrichtig ist und die ästhetische Eigenart des Musiktheaters verkennt, beweist bereits die Figaro-Ouvertüre musikalisch zwingend das Gegenteil: Wenn Mozart ein ausgesprochen politisches Stück komponiert hat, dann ist es diese Ouvertüre. Hier gibt es kein Verweilen, kein erstes und zweites Thema, keine Nebengedanken. Alles, aber auch alles wird mitgerissen und fortgespült vom gefährlichen Strudel der Ereignisse. … Da sind gesellschaftliche Kräfte am Werk, Massen, die plötzlich alle von diesem heiteren D-dur-Sturm erfasst werden.“ Und der Musikschriftsteller Gunthard Born entdeckt noch mehr: die wiederholten Sekundschritte gleich zu Beginn hört er als „Rüttel-Motiv“. Die These Borns ist einleuchtend. Vielleicht kann man wirklich bereits den allerersten Takt der Oper als Appell deuten: Rüttelt an den gesellschaftlichen Gegebenheiten! Aber auch wenn man nicht so weit gehen will: in Bewegung gerät in dieser Oper einiges. Darauf stimmen die 300 Takte der Ouvertüre den Hörer mitreißend ein.
Von einer derartigen Aufbruchsstimmung oder gar von revolutionärem Drive ist in Joseph Haydns Cellokonzert Nr.1 in C-dur noch nichts zu spüren. Es entstand 1765, fast ein Vierteljahrhundert vor dem „Figaro“, und steht am Übergang zwischen Barock und Klassik. Haydn war kein Virtuose. Trotzdem trug er Wesentliches zur Gattung des Instrumentalkonzerts bei. Bis heute viel gespielt wird neben dem Klavierkonzert Nr.11 (das sogar der große Arturo Benedetti Michelangeli in sein ansonsten eher kleines Repertoire aufgenommen hat!) und dem unverwüstlichen Trompetenkonzert das erste Cellokonzert. Rostropowitsch, Fournier, Casals haben es aufgeführt. Zu seiner Beliebtheit tragen nicht zuletzt die Frische der musikalischen Einfälle und die formale Überschaubarkeit bei. Es bietet Unterhaltung auf hohem sinfonischem Niveau. Haydn schrieb es für den Freund Joseph Franz Weigl, der damals der erste Cellist beim Fürsten Esterházy war, an dessen Hof Haydn fast 30 Jahre lang wirkte. Die Orchesterbesetzung ist relativ klein: zwei Oboen, zwei Hörner und die üblichen Streicher. Das Konzert galt lange als verschollen, wurde erst 1961 wiederentdeckt und 1962 im Rahmen des Prager Frühlings ein zweites Mal „uraufgeführt“. Auf einen Kopfsatz in Sonatenform (mit kurzer Durchführung) folgt ein überaus kantables Adagio, in dem der Solist die Melodie der Violinen am Satzanfang übernimmt und weiter fortführt. Ein schwungvolles Finale beschließt das Werk. -
Eine Einführung in Beethovens 1. Sinfonie, die nach der Pause erklingen wird, können Sie in Kürze hier lesen.
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