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Auf Michelin-Niveau bewegt sich Marcel Reß schon länger, jetzt macht der Küchenchef aus dem Sterne-Restaurant "Simply Fosh" auch noch Karriere im spanischen Fernsehen. Seit Anfang September ist der 27-jährige Mitarbeiter von Marc Fosh jeden Mittwoch ab 22.30 Uhr auf Antena 3 zu sehen. Die Küchen-Show "Top Chef" ist mit wöchentlich zwei Millionen Zuschauern ein echter Quotenhit und bringt 16 Kandidaten zum Wettkochen zusammen. Viele sind bereits ausgeschieden, weitere werden folgen, bis beim Finale am 16. Dezember der Sieger feststeht. Sein Ziel, unter den besten zehn zu landen, hat der deutsche Kandidat bereits erreicht. Was noch kommt, wird man sehen. "Allein das Casting mit 180 Bewerbern war schon etwas Großes", so Marcel Reß im MM-Gespräch. Bei den Dreharbeiten musste er diesen Sommer neben der Tätigkeit auf Mallorca immer wieder auch intensiv in Madrid präsent sein. Wobei er zur Show eher zufällig kam: "Mein Sous-Chef Pablo Armando kam beim San-Pellegrino-Wettbewerb für Jungköche unter die besten drei. Durch das von uns gemeinsam kreierte Rebhuhn mit salziger Torte von Wiesenkräutern und Essblüten wurde auch das Fernsehen auf uns aufmerksam. Das Team hat dann spontan für mich die Papiere ausgefüllt, und plötzlich stand ich beim Casting." Überhaupt spielt die Kollegialität eine wichtige Rolle in der Philosophie des kulinarischen Nachwuchs-Hochkaräters: "Ohne schlagkräftiges Team hinter dem Rücken kommt man als Koch nicht weit". Mit von der Partie sind neben Reß und Pablo Armando auch Omar Ojeda Cenzano, Adrián Milán Vera, Pablo Paniagua, Maria Azparren und Loli Reyes. Wie so oft im Leben ist es aber auch bei "Top Chef" am Ende nicht das Team, das im Vordergrund steht, sondern ein einzelner Protagonist, was auch den jungen Deutschen naturgemäß nicht kalt lassen kann: "Zwölf bis 14 Kameras gleichzeitig - da wäre sicher auch jeder andere etwas nervös", so Reß zu MM. Im Vergleich zur im Juni ausgestrahlten deutschen Kochsendung "Mein Lokal Dein Lokal" (Kabel 1), bei der Reß gemeinsam mit Stefan Zaelke vom "Lila Portals" auf dem ersten Platz gelandet war, sei der Aufwand bei "Top Chef" um ein Vielfaches größer. Hilfreich sind dabei natürlich auch die guten Sprachkenntnisse, die sich Marcel Reß inzwischen angeeignet hat, da in seiner Küche ausschließlich auf Spanisch kommuniziert wird. Positiv ist laut Reß vor allem auch, dass man über "Top Chef" bereits als einfacher Teilnehmer leicht in Kontakt mit den führenden spanischen Gastronomiekritikern kommen kann. Sowohl im Hinblick auf das ambitionierte Restaurant "Simply Fosh" als auch für eigene Projekte ist das sicher ein großes Plus. Zumal er seine Zukunft eindeutig in Spanien sieht: "Zurück nach Deutschland, das kommt für mich nicht in Frage. Mein Küchenteam ist für mich wie eine Familie." Seine Wurzeln verleugnet er deswegen aber keineswegs: "Man darf nie vergessen, wo man herkommt", sagt der aus dem fränkischen Unterwaldbehrungen gebürtige Koch, der bis zum heutigen Tag den Kontakt zu seinem Mentor aus der Lehrzeit hält, obwohl es ihn zwischendurch bis nach Österreich und zu Marc Fosh ins ehemalige Read's Hotel auf Mallorca verschlagen hatte. Mittlerweile identifiziert er sich voll mit mediterranen und spanischen Produkten. Seine Intention ist es, die verschiedenen Einflüsse mit eigenen Ideen zu verbinden. Das gelingt zum Beispiel mit Elaboraten wie einem Kabeljau-Salat mit Hagebutten-Gelee und wilder Brunnenkresse. Manchmal gibt es bei kulinarischen Touren durch Spanien auch überraschende Berührungspunkte: Zum Beispiel hat Marcel Reß entdeckt, dass der baskische "Patxaran" verblüffend einem hausgemachten fränkischen Schlehenlikör ähnelt, wie er ihn schon aus der Kindheit im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern kennt. (Aus MM 40/2015)