Die neue Folge der Video-Serie der deutschen Fernsehjournalistin Sibylle Tiessen handelt von Gabriel Frontera Mestre, der den traditionellen mallorquinischen Volkstanz Ball de Bot am Leben erhält
Teil 17 der MM-Videoserie „Die Mallorquiner“ der deutschen Fernsehjournalistin Sibylle Tiessen. Präsentiert von TUI (Länge 6:50). | Youtube: Mallorca Magazin TV
Der Boden vibriert von den vielen Sprüngen und Bewegungen, die in der Schule für Musik und Tanz in Palma mit einer flotten Sohle aufs Parkett gelegt werden. Die Tänzer sind sehr unterschiedlich und doch haben sie eines gemeinsam: Sie versprühen pure Lebenskraft und Freude.
„Genau das verkörpert der ,Ball de Bot’, der traditionelle mallorquinische Tanz: Lebensfreude”, erklärt der Direktor der Schule, Gabriel Frontera, unumwunden. „Ich sage zu meinen Leuten vor dem Auftritt immer: Wir gehen auf keine Beerdigung. Wer keine Freude in sich spürt, sollte nicht tanzen. Denn das Besondere an uns ist die Darbietung authentischer, lebendiger Folklore”, beschreibt der in Ariany geborene Mann.
Das war jedoch nicht immer so. „Erst unser Schulgründer, Don Bertomeu Enseñat hat es durch seine Recherchen erreicht, dass die Mallorquiner heute alle miteinander tanzen können”, so Enseñats Nachfolger Frontera. Natürlich habe jeder Ort auf der Insel seinen eigenen Volkstanz gehabt. Aber es gab keine vereinheitlichten Tanzschritte. „Jemand aus Ariany konnte dementsprechend nicht mit einem Ortsfremden tanzen”, sagt der 71-Jährige. Und nachdem der Tanz unter den Mallorquinern verbreitet wurde, konnte der nächste Schritt stattfinden: „Da haben wir den Tanz von der Bühne wieder zurück ins Leben gebracht”, sagt Frontera stolz. Denn inzwischen seien es nicht nur ausgebildete Tänzer, die den Tanz vor Publikum aufführen. Das Publikum selbst wird in den Tanz miteinbezogen.
„Viele sehen Folklore und Traditionen wie Volkstänze als Fossilien vergangener Zeiten, die hier und da aufgeführt werden, aber mit dem wahren Leben nichts mehr zu tun haben”, sagt Frontera und legt eine dramatische Pause ein. „Aber auf Mallorca lebt die Folklore! Wir sind die Folkore, das ist unsere Identität”, betont er.
„Neben meiner Arbeit als Direktor einer Caixabank-Filiale habe ich meine Zeit in der Schule für Musik und Tanz verbracht. Hier lernte ich meine Frau kennen und lieben. Bis heute ist es ein gesellschaftlicher Treffpunkt für Freunde, Ehepaare, Partnersuchende oder Verliebte”, so Frontera.
Mit der Stelle auf der Bank habe er nur sein Geld verdient, um überleben zu können. Mit dem Tanz in der Schule habe er hingegen seine Seele und seine Identitätgenährt. „So geht es vielen. Die Tanzschule nach dem Ableben des Gründers weiterzuführen, war die beste Entscheidung meines Lebens.” Klare Sache, dass er mit dem Antritt der Rente 2012 die Schule als Direktor übernahm.
„Das Tolle am Ball de Bot ist, dass wirklich jeder den Tanz lernenkann. Herkunft, Alter, Religion oder politische Gesinnung spielen alle keine Rolle.” Das Wort „Herkunft” hebt der Mallorquiner in seiner Aussage besonders hervor. Ihm liegt die Aufrechterhaltung der kulturellen Identität der Insel am Herzen. Das sei allerdings in der heutigen Zeit kein einfaches Unterfangen. „Wir Insulaner haben uns für den Tourismus fast aufgegeben. Haben unsere Einnahmequellen einzig und allein dem Urlaubssektor unterworfen. Und wohin das führt, haben wir ja in der Pandemie gemerkt. Wir konnten nicht für uns selbst sorgen”, so der Vater dreier Kinder. Den Reisenden sei die Kultur dabei meist egal. Sie würden oft nur die einschlägigen Partymeilen in Magaluf und El Arenal besuchen. Aber genau das wolle er ändern. „Ich möchte, dass die Besucher unsere Kultur kennen- und lieben lernen. Aber wie soll das gehen, wenn sie nie damit in Berührung kommen?” fragt er rhetorisch.
Die Insel sei im Begriff, ihre Identität und Kultur zu verlieren. „Nur wenn die Traditionen geliebt, gelebt und aufrechterhalten werden, haben sie eine Chance zum Überleben”, ist Frontera überzeugt.
„Viele sagen uns Mallorquinern nach, wir seien Fremden gegenüber sehr distanziert oder wollten mit Inselfremden nichts zu tun haben”, so der Tanzlehrer. Das treffe jedoch nicht ganz zu. Denn der Grund für die Zurückhaltung sei ein ganz anderer. „Wir haben das Gefühl, die Gäste interessieren sich nicht für uns. Sie kommen nur wegen Sonne und Meer.” Wenn sie jedoch mehr Interesse an der Kultur bezeugen würden, ändere das alles. „Es gibt Residenten, die hier 30 Jahre leben und weder ein Wort Spanisch noch Katalanisch sprechen. Das wird als respektlos betrachtet. Wenn hier jemand meine Sprache lernt und mit mir tanzt, teile ich jedoch sofort mein Brot mit ihm”, versichert Frontera mit einem Lächeln.
Kooperation mit TUI
Unterstützung aus der Touristikbranche: Gesponsert wird das Video-Projekt von Europas führendem Touristikkonzern Tui und seiner Tui Care Foundation. Gegründet wurde die Initiative 2016 mit dem Ziel, in den Destinationen nachhaltige Projekte zu unterstützen. Dabei setzt die Stiftung auf das Potenzial des Tourismussektors als Motor für gesellschaftliche Entwicklung, Bildung und Wohlstand. Der Konzern fördert dabei nachhaltigen Tourismus in Zusammenarbeit mit Einheimischen.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.