Es ist kaum vorstellbar, dass es vor Gründung der mallorquinischen Umweltschutzvereinigung GOB bereits eine Gruppe Naturschützern gab, die vor genau 50 Jahren zum erstem Mal den Bestand der Mönchsgeier auf der Insel zählen wollten. 1971 kam eine Gruppe von jungen Mallorquinern, die nicht einmal 20 Jahre alt waren (einige von ihnen nicht einmal volljährig), auf die Idee, den Bestand der Mönchsgeier (Aegypius monachus) zu zählen.
Denn die Situation dieser Vögel war besorgniserregend: Auf allen anderen Mittelmeerinseln waren die großen Greifer bereits ausgestorben, nur auf Mallorca wurden einige wenige ab und zu gesichtet.
Die Entscheidung dieser Gruppe an jungen Menschen ebnete den Weg für den Umweltschutz auf Mallorca, und das zu einer Zeit, als im Namen des Tourismus bereits ein großer Teil der Küste und der Naturgebiete der Insel zerstört wurde, und wo es zudem praktisch keine Sensibilität für die Natur gab.
Die Zählung sollte am Sonntag, 22. August, stattfinden, und so verteilten sich etwa dreißig Jugendliche in der Hitze des Tages auf verschiedene Gipfel und Anhöhen in der Serra de Tramuntana.
„Wir teilten uns in Gruppen auf, und jede Gruppe fuhr in der Nacht zuvor an ihr Ziel, um dort zu schlafen. Die Beobachtung sollte sehr früh beginnen und den ganzen Tag dauern.“ Die Ausrüstung bestand aus einem Fernglas, einer Uhr, einem Notizbuch, einem Stift und einigen militärischen Karten der damaligen Zeit, die nicht sehr genau waren. Wer einen der großen Vögel vorbeifliegen sah, musste die Zeit und die Flugbahn notieren. Heutzutage gibt es dafür Sender, digitale Fotografie, ein Teleskop und GPS-Ortung.
Die Gruppe erinnert sich, dass „wir insgesamt 18 Vögel beobachtet haben, die meisten davon zur Mittagszeit. Mit diesen Daten erstellten wir eine Art Bericht und legten ihn der einzigen Einrichtung vor, die in jenen Jahren unsere Arbeit irgendwie unterstützen konnte: der Societat d’Història Natural de les Balears (Gesellschaft für Naturgeschichte der Balearen)“.
Doch für die jungen Naturschützer war etwas frustrierend zu sehen, dass das Protokollbuch der Societat d’Història Natural ihre Studie später als „Censo de los cóndores de Mallorca” (Zählung der Kondore von Mallorca) aufführte. Eine weitere Enttäuschung war die Vorstellung des Berichts vor der Provinzdelegation des Instituts für Naturschutz (Icona). Dort wurden sie mit der Frage begrüßt: „Ah, aber gibt es denn auf Mallorca schwarze Geier?“
Dennoch hatten sie es geschafft, ein größeres Bewusstsein für einen besseren Naturschutz zu schärfen. Die Zählungen wurden jährlich fortgesetzt. Der erst zwei Jahre später im Jahre 1973 gegründete GOB übernahm die Geierzählung im folgenden Jahr. Seitdem haben etwa dreißig solcher Beobachtungen mit Hunderten von Teilnehmern stattgefunden.
Da es sehr junge Menschen waren, besaßen sie keinen Führerschein. Nachdem sie den ganzen Tag auf dem Gipfel der Tramuntana verbracht hatten, mussten sie sich selbst organisieren, um nach Hause zurückzukehren. Mit anderen Worten: Sie mussten vom Berg runter und auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen oder trampen. Zudem mussten sie, obwohl die Ausrüstung sehr rudimentär war, für alles bezahlen.
Dennoch sind sie sich einig, dass „wir eine tolle Zeit hatten. Die Wahrheit ist, dass wir den ganzen Prozess genossen haben: die Organisation, die Wanderung zu den Gipfeln, die Zählung selbst, den Austausch von Daten...“. Der Mönchsgeier war bereits seit 1968 geschützt, aber niemand kümmerte sich um seine Erhaltung. Diejenigen, die an dieser ersten Zählung teilgenommen haben, kannten sich nicht alle persönlich, aber es sind großartige Freundschaften daraus entstanden, die heute immer noch bestehen.
Und sie können stolz auf das sein, was sie erreicht haben: Auf Mallorca ist seit damals der Bestand an Mönchsgeier kontinuierlich gewachsen. Derzeit sind es zwischen 200 und 250 Exemplare, die über der Insel ihre Kreise ziehen.
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