Es sind ganz sicher auch die Zypressen, die wie stumme Wächter die "Vía Crucis" zur Anhöhe des El Calvari säumen: Ein bisschen Toscana-Atmosphäre, ein entspanntes Gefühl von "ars vivendi", eine wohltuende Gelassenheit heißen den Besucher des Städtchens Pollença im Inselnorden willkommen.
365 natursteinerne Stufen, so viele wie das Jahr Tage hat, führen hinauf auf den Kalvarienberg, wo die kleine Kreuzkirche, die man schließlich erreicht, sich eher als schlichte Kapelle entpuppt. In den Mittagsstunden kann dieser Aufstieg auch im September noch recht schweißtreibend sein.
Wer sich schon morgens auf den Weg macht, wird mit einer leichten Brise belohnt, die sanft durch Zypressen, Pinien und Sträucher streicht - fast das einzige Geräusch zu dieser Stunde, wenn noch kaum andere Menschen unterwegs sind. Auf jeder Stufe ist die Aussicht lohnend: nach unten ins Dorf, ins Tal und auf den gegenüberliegenden Puig Maria (330 Meter); nach oben in den Himmel, vor dem sich die Kirche mit jedem Schritt ein klein bisschen größer ausnimmt.
Oben angekommen erfreut, rechts neben der kleinen Barockkirche von 1795 - die fast immer geöffnet ist -, ein weiterer grandioser Ausblick das Auge: auf die ockerfarbenen Dächer von Pollença, die stille Berglandschaft der nördlichen Tramuntana bis hinaus aufs Meer.
An religiösen Feiertagen führen Prozessionen auf den Kalvarienberg - am Gründonnerstag etwa wird "das Kreuz Jesu" mit viel Musik und Dramatik auf den 170 Meter hohen Puig de Calvari getragen - ein sehenswertes Spektakel nicht nur für Touristen. An anderen Tagen kann man sich beim Abstieg schon auf eine Erfrischung in einer der vielen Bars und Cafés an der Plaça Major freuen.
Auch hier ein relaxtes Miteinander: Spanische Stimmen mischen sich mit deutschen und englischen; während Kellnerin María noch einmal die Terrasse des Café Plaça fegt, nimmt sie sich Zeit für ein Schwätzchen mit der Nachbarin von nebenan, freut sich mit der jungen Mutter am Baby auf deren Arm. Sonntagmorgens herrscht hier geschäftiges Treiben, kommen Farbe und Lautstärke, kommt Leben auf den Platz: Der Markt von Pollença lockt am Wochenende Einheimische wie Touristen ins Ortszentrum.
An Tagen wie heute sorgt die imposante Fassade der geschichtsträchtigen Pfarrkirche "Nostra Senyora del Angels" aus dem 18. Jahrhundert im Hintergrund des Marktplatzes für eine eher geruhsame Atmosphäre. Von 11 bis 13 und 15 bis 17 Uhr öffnet sie ihre Pforten; nicht nur die farbenprächtigen Lichtspiele der Rosette, von innen betrachtet, machen einen Besuch auf jeden Fall lohnenswert.
Autos verirren sich nur selten ins Zentrum Pollenças, zu eng die Gassen zwischen den sandfarbenen Häusern, die teils wie pittoreske Stadtpaläste anmuten. Dafür lädt ein zweiter Platz, die Plaça Martorell nahe der Carrer de l'Ombra, zum Verweilen ein.
Oder man bummelt durch die Boutiquen, die von Kleidung bis Kunsthandwerk vielerlei Souvenirs anbieten. Fast meditative Ruhe wiederum findet der Besucher im kleinen Park vor dem ehemaligen Kloster Santo Domingo (1578). Pollença im Spätsommer - mehr als eine Reise wert.
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