Unter jedem Dach ein Ach. | Archiv

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"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt”, sagte schon Friedrich Schiller. Das gilt auch für manche Eigentümergemeinschaften auf Mallorca, denn auf der unter Flächenknappheit leidenden Insel leben viele Menschen in Hochhäusern und Doppelhaushälften, in Wohnanlagen oder Apartmentsiedlungen. Einfacher ist das Miteinander dadurch nicht unbedingt geworden.

„Ein Eigentümer in unserer Comunidad begeht seit Jahren systematisch Steuerbetrug, ohne wirklich verfolgt werden zu können, weil es clever gemacht ist”, beklagt sich zum Beispiel Leserin Renate F.* in einer Zuschrift an das Mallorca Magazin. Worin die mutmaßlich unlauteren Praktiken bestehen sollen, wird dabei auch auf Nachfrage nicht ganz deutlich.

Klar ist indes, dass es nicht immer um Blockwart-Mentalität geht, sondern vielfach um berechtigte Beschwerden, die oft auch bei Versammlungen für heftige und stundenlange Diskussionen sorgen können. „Thema Nummer eins sind Sonderumlagen für Instandhaltungs- und Renovierungsarbeiten”, sagt Rechtsanwalt Joachim Süselbeck aus Palma. Dabei gingen teilweise auch die Meinungen zwischen den Nationalitäten auseinander. Schweizer und Deutsche fielen beispielsweise manchmal dadurch auf, auch Unnötiges sofort reparieren oder verschönern zu wollen, während einige Spanier dazu tendierten, auch dringend erforderliche Arbeiten aus Kostengründen endlos aufzuschieben. „Man kann es aber nicht verallgemeinern”, unterstreicht Süselbeck.

Als weniger konfliktreich sieht er hingegen in letzter Zeit die Zulassung der Ferienvermietung: „Die Regeln sind so strikt geworden, das sie ohnehin auf ein Verbot hinauslaufen. Neuanträge haben kaum Sinn, und anders als in der Vergangenheit bekommen wir in der Praxis dazu auch kaum noch Anfragen.” Immer ein Thema sind laut Süselbeck unterdessen bauliche Veränderungen im Außenbereich, von der Terrassenverglasung über das Anbringen von Fensterläden bis hin zu Antennen. „Was Nutzen und Mehrwert schafft, kann unter Umständen auch Neider auf den Plan rufen”, warnt Süselbeck. Auch bei vermeintlichen Kleinigkeiten könne eine rechtzeitige Abstimmung mit den Nachbarn daher durchaus Sinn machen, um sich später nervenaufreibende Diskussionen und Auseinandersetzungen zu sparen.

Bekannt ist unter professionellen Verwaltern von Eigentümergemeinschaften auch die Tatsache, dass fast immer eine gewisse Liste von säumigen Zahlern vorhanden ist, wenn es um die Verbuchung der monatlichen Hausgeldpauschale geht. In solchen Fällen droht laut Süselbeck ein Entzug des Stimmrechts oder im Extremfall sogar eine Versteigerung der im Rückstand befindlichen Wohneinheit. Selbst Banken als Besitzer von zwangsgeräumten Wohnungen lassen ihre Nachbarn jedoch manchmal über Jahre hinweg auf dem Trockenen sitzen und zahlen erst bei einem Verkauf an Privatleute.

„Keine einfache Materie”, meint Süselbeck, der früher ebenfalls auf diesem Gebiet tätig war und sich unter anderem mit der Führung von Protokollen beschäftigte. Mittlerweile überlässt er das Thema lieber anderen Kollegen: „Man muss ein Kummerkastenmensch dafür sein”, so sein Fazit.

(aus MM 16/2019)