Durch ökologischen Anbau und heimische Sorten haben sich die Absatzchancen verbessert. | P. Lozano

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Zeit der Fülle im Tal von Sóller: Mitten im Winter hängen die Früchte prall an den Bäumen. Es gibt Zitronen, Limetten, Orangen in allen Variationen und auch ein paar Grapefruits.

Gleichzeitig ist die Region im Umbruch: Mehr als 50 Grundstücke werden in diesem Frühjahr mit jungen Orangenbäumen bepflanzt, nachdem man alte, kranke und leistungsschwache Artgenossen herausgerissen hat. "Seit vielen Jahren hat es keine so bedeutende Erneuerung der Pflanzungen gegeben", sagt Miquel Gual von der Landwirtschaftskooperative Sant Bartomeu, die die Bäume kostenlos an ihre Mitglieder verteilt. Ein Bild, das noch vor zehn Jahren undenkbar war, sich nun aber völlig gewandelt hat.

"Mit Fug und Recht kann man von einer Renaissance des Südfrüchteanbaus sprechen", sagt Franz Kraus vom lokalen Lebensmittelvermarkter "Fet a Sóller". Der Deutsche betreibt auch die für ihr Orangeneis bekannte Manufaktur "Sa Fábrica de Gelats" und ist gleichzeitig größter Abnehmer der Kooperative. Selbst junge Leute beginnen sich laut Kraus auf alten Familiengrundstücken oder gar in gepachteten Gärten wieder der Landwirtschaft zu widmen.

Rund 100.000 Kilo Zitrusfrüchte werden rund um Sóller jedes Jahr zwischen Oktober und Juli produziert, doch bald könnten es noch viel mehr werden. Auf der Finca Son Puç pflanzt Franz Kraus ab April in Zusammenarbeit mit Eigentümer Antoni Pons Puig rund 1000 eigene Bäume an. "Zunächst geht es um drei Hektar, mit der Zeit wollen wir aber auf zehn Hektar expandieren", so Kraus im MM-Gespräch. Im Fokus sind dabei die saftigen einheimischen Canoneta-Orangen, mallorquinische Mandarinen sowie Bitterorangen. "Es geht um Varianten, die nur hier vorhanden sind. Über vier oder fünf Jahre wollen wir deren Besonderheiten dokumentieren und damit die Grundlage für eine geschützte Herkunftsbezeichnung schaffen", erläutert Kraus. Erstellt werde die dazu erforderliche Studie von Agraringenieur Lluc García in enger Zusammenarbeit mit der Balearen-Regierung.

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Gleichzeitig liegt der Fokus klar auf dem Öko-Anbau, um mittelfristig höhere Preise für die Orangen von der Insel erzielen zu können. Schon jetzt werden für Mandarinen Kilopreise von 60 Cent bezahlt und für bestimmte Orangenqualitäten bis zu 80 Cent. Das ist drei- bis viermal mehr als noch vor einigen Jahren und könnte die Landwirtschaft im Tal von Sóller revolutionieren.

Vermarktet werden die Orangen unter anderem über den Internet-Direktverkauf nach Deutschland, aber auch über innovative Ideen. Franz Kraus, der schon in Deutschland in der Lebensmittelbranche tätig war, hat mit seinen Mitarbeitern Produkte wie den Orangenessig "Balsam Orange" oder die neue Marmeladenserie "O lala" kreiert. Sie gibt es wahlweise mit Chili, Ingwer oder Pfefferminz. Das Aroma der Schalen kann man bei Fet a Sóller in Zucker eingelegt als Back- und Kochzutat erwerben. Nicht umsonst sind unter den Kunden im Shop von Fet a Sóller (Plaça del Mercat) oder direkt bei der Kooperative Sant Bartomeu (Ctra. Fornalutx) auch einige bekannte Inselköche wie Jörg Klausmann vom "Mirador de Cabrera" zu finden.

Die Verwendungsmöglichkeiten für die Leckereien aus dem Tramuntana-Gebirge sind schier unbegrenzt.

(aus MM 02/2017)