Restaurantterrasse in Palma.. | Ultima Hora

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Seit Herbst vergangenen Jahres hat der Arbeitgeberverband des Gaststättengewerbes auf Mallorca, CAEB Restauración, einen neuen Präsidenten: Juan Miguel Ferrer. Mit seiner langjährigen Erfahrung bringt Ferrer frischen Wind in die Organisation. Der gebürtige Mallorquiner, der einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der University of Maryland besitzt, hat eine beeindruckende Karriere hinter sich, die ihn von Hamburg über London bis zurück in seine Heimat geführt hat. Dort setzt er sich seit mehr als einem Jahrzehnt als CEO einer renommierten Restaurantgruppe und Vizepräsident der Qualitätsmarke Palma Beach für die Förderung der Gastronomie an der Playa de Palma ein.

Mallorca Magazin: War 2024 ein gutes Jahr für die Gaststättenbranche?
Juan Miguel Ferrer: Das Gegenteil ist wohl eher der Fall. Der Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr ist beträchtlich ausgefallen, insbesondere der Mai und Juni waren die umsatzschwächsten Monate.

MM: Trotz der Tatsache, dass es einen neuen Urlauberrekord gab?
Ferrer: Die hohe Zahl an Touristen hat sich nicht in unserer Branche bemerkbar gemacht. Klar ist: Spanien und der Rest Europas befinden sich weiterhin in einer galoppierenden Inflation. Die größte Herausforderung ist derzeit die Analyse des Saisonverlaufs und der spürbare Umsatzrückgang, nicht nur auf den Balearen, sondern auch in anderen Teilen Spaniens und im europäischen Ausland. Wir müssen verstehen, was passiert ist. Haben wir an Wettbewerbsfähigkeit verloren? Hat die hohe Inflation dazu geführt, dass Pauschalreisen mit Flug und Hotel inzwischen 80 Prozent des Budgets der Reisenden verschlingen? Die Tatsache, dass wir in einem Rekordjahr solche Ergebnisse erzielen, ist besorgniserregend.

MM: Könnte es nicht auch sein, dass die Gastronomen mit ihren Preiserhöhungen zu weit gegangen sind?
Ferrer: In unserer Branche sind die gestiegenen Personalkosten durch Tarifverträge sowie höhere Steuern und Energiekosten spürbar. Unsere Preisgestaltung basiert auch auf den gestiegenen Rohstoffkosten, die einen erheblichen Einfluss haben. Wir müssen dringend wettbewerbsfähiger werden, denn die steigenden Kosten, wie etwa für Olivenöl, wirken sich direkt auf unsere Margen aus.

MM: Sie haben in einem früheren Interview prognostiziert, dass angesichts der anhaltenden Inflation und der steigenden Rohstoffpreise viele Gastronomen auf der Insel ihre Lokale schließen müssen. Ist die Situation wirklich so schlimm?
Ferrer: Leider ja. Viele Gaststätten sind für die Betreiber angesichts der schwindenden Gewinnmargen nicht mehr rentabel. Das gilt zum großen Teil auch für die saisonabhängigen Lokale in den Hauptferiengebieten. Dazu kommt das Personalproblem. Saisonkräfte in der Gastronomie zu finden, wird angesichts der explodierenden Lebenshaltungskosten, allen voran die Mietpreise für Unterkünfte, immer schwieriger.

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MM: Hat sich der Personalmangel weiter verschärft?
Ferrer: Ja, die Situation wird zunehmend schwieriger. Wir müssen den Beruf in der Gastronomie aufwerten. Es darf nicht der letzte Ausweg sein, wenn man keine anderen Optionen mehr hat. Ein Kellner muss qualifiziert sein und seinen Beruf mit Stolz ausüben. Wir brauchen dringend mehr Ausbildung und müssen den Stolz auf den Beruf zurückgewinnen. Hinzu kommt der wichtige Faktor der Einwanderung, ohne die wir auf den Inseln kaum genug Arbeitskräfte finden. Deshalb ist es essenziell, dass wir die Ausbildung verdoppeln, um keine schlechtere Dienstleistung anzubieten.

MM: Wie würde sich die von der Zentralregierung geplante Arbeitszeitverkürzung auf die Branche auswirken?
Ferrer: Das würde uns stark treffen. Schon jetzt finden wir kaum genug Personal, um die bestehenden Stellen zu besetzen. Eine Arbeitszeitverkürzung könnte dazu führen, dass Unternehmen weniger Monate für Einstellungen und Beiträge zur Verfügung haben. Wer überlegt, ein zweites Restaurant zu eröffnen, könnte davon Abstand nehmen, weil es sich schlicht nicht lohnt.

MM: Warum wäre das problematisch?
Ferrer: In unserer Branche gibt es Monate, in denen das Geschäft kaum rentabel ist. Wir haben schon jetzt den teuersten Tarifvertrag in Spanien. Eine Verkürzung der Arbeitszeit würde eher zu einem Rückgang als zu Wachstum führen, weil die Investitionsbereitschaft der Unternehmer weiter sinken könnte. Das wäre für das Gastgewerbe auf Mallorca sehr schädlich.

MM: Wie sind Ihre Prognosen für dieses Jahr?
Ferrer: Die Wirtschaftslage wird sich dieses Jahr nicht viel ändern. Insbesondere in Deutschland, als größter Quellmarkt für Urlauber, kämpft der Mittelstand mit der Rezession. Wer in die Ferien fährt, schaut jetzt doppelt auf vermeidbare Ausgaben wie Essengehen in Restaurants oder sich für einen Kaffee oder Drink in die Bar zu setzen. Gleiches gilt natürlich auch für die Einheimischen.

MM: Wie sehen mögliche Lösungen für die Gastronomie-Branche aus?
Ferrer: Eine Möglichkeit für Gastronomen ist die Einführung einer dynamischen Preisgestaltung. Beispiel: Wenn an einem Wochentag, beispielsweise am Montag, weniger Betrieb herrscht, sind Getränke und Essen günstiger als zu den Spitzenzeiten am Wochenende. Mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz lassen sich die dafür erforderlichen Daten wie Zeiten hoher Nachfrage, Markttrends, Wettbewerberpreise, Wetterbedingungen, saisonale Schwankungen und andere relevante Faktoren ermitteln.

MM: Sie bemängeln, dass Ihre Branche politisch instrumentalisiert wird. Warum?
Ferrer:Es ist essenziell, dass die politische Dämonisierung des Hotel- und Gaststättengewerbes aufhört. Die ständigen Auseinandersetzungen um Terrassenregelungen und die rechtliche Unsicherheit für Unternehmer müssen ein Ende finden. Wir verstehen uns als soziales und kulturelles Gut. Wir sind nicht nur Teil der Nachbarschaft, sondern auch ein Ort des Zusammenkommens und der Versorgung, was auf Mallorca von großer Bedeutung ist.