Tausende von Menschen aus ganz Mallorca sind an diesem Samstagabend in Palma auf die Straße gegangen, um gegen die Überfüllung der Insel, die ausufernden Touristenströme und die Folgen des Tourismus, insbesondere die hohen Immobilienpreise, zu protestieren. Unter dem Motto "Mallorca no es ven" ("Mallorca verkauft sich nicht") begann die Demonstration um 19 Uhr am Parc de ses Estacions (Bahnhof) und setzte sich entlang des Altstadtrings Avenidas bis in die Innenstadt fort.
Einwohner aus verschiedenen Teilen der Insel und Mitglieder verschiedenster Gruppen und politischer Parteien nahmen an dieser Veranstaltung teil, um ihre Besorgnis über die Situation, in der sich die Insel befindet, zum Ausdruck zu bringen. Unter anderem fordern sie, dass Mallorca zur "Stresszone" erklärt wird und dass das derzeitige Tourismusmodell beendet wird.
"700.000 Euro für das billigste Haus"
Da war zum Beispiel ein junges Ehepaar, das davon träumt, in Puigpunyent in der Nähe seiner Familie zu leben, dies aber wegen der hohen Immobilienpreise nicht verwirklichen kann, oder ein Bewohner von Palmas Trendviertel Santa Catalina, der nach eigenen Angaben Tag für Tag von den "Wir kaufen Ihr Haus"-Anzeigen überhäuft wird. Einige Menschen aus Gènova, ihrer Erzählung nach die letzten Mallorquiner in einem der teuersten Viertel mit den meisten Ausländern: "700.000 Euro für das billigste Haus", sagen sie kopfschüttelnd. Oder Familien, die auf dem Weg zur Arbeit am massiven Verkehr in der Inselhauptstadt ersticken ...
Victoria und Aina, ebenfalls Anwohnerinnen von Gènova, waren gekommen, um gegen die Überbelegung, das aktuelle Tourismusmodell und die Wohnungskrise zu demonstrieren: "In unserem Viertel sind die Preise unerschwinglich. Für weniger als 700.000 Euro kann man nichts kaufen. Es gibt nur noch wenige Mallorquiner. In meiner Straße gibt es keinen einzigen Spanier", erklärten die beiden der spanischsprachigen MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora".
Teilnehmer fordern Umdenken
Die Teilnehmer der Demo verband, dass sie allesamt dringend eine Änderung des Tourismusmodells fordern. Estefanía, 32, die mit ihrer Mutter in s'Arenal lebt, erzählte, dort koste die Miete zwischen 1300 und 1500 Euro im Monat. Sie arbeite, seit sie 18 Jahre alt ist, und sagt, dass ihr Gehalt dennoch nicht ausreiche, um sich mit ihrem Partner unabhängig zu machen. Sònia und Marc erzählen, nicht einmal mehr in den Dörfern gebe es für junge Leute Platz zum Wohnen: "Die Preise sind exorbitant, es ist sehr schwierig für uns, überhaupt etwas zu finden".
In den vergangenen Wochen hatte es in ganz Spanien, vor allem aber auf den Balearen und den Kanarischen Inseln, immer wieder Demos gegen den Massentourismus gegeben. Viele Reiseziele im Land haben mit Ressourcenmangel und Überfüllung wegen den Folgen des Massentourismus zu kämpfen. Der Massentourismus wird unter anderem für Umweltzerstörung, Staus, Wohnungsnot, Überfüllung, Preisanstiege und Wassermangel sowie für die Überlastung des Gesundheitssektors und der Abfallentsorgung verantwortlich gemacht.
3 Kommentare
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MimiIhr Zitat = "Allerdings bleibt die Frage bisher unbeantwortet, welche Wirtschaftszweige denn den Tourismus auf den Inseln mindestens zum Teil substituieren könnten." Danke, insgesamt haben sie völlig recht. Denn Alternativen zum Tourismus würden am Ende nicht nur dessen Untergangs sein, sondern auch zu immensen Schäden an der Umwelt führen. Natürlich unter dem Aspekt lohnenswerter Investitionen in WAS und auf welcher Basis auch immer? Die Balearen sind aber NUR Inseln ohne Hinterland und somit auch beschränkt in jeder Art von notwendigen Ressourcen für eine dauerhafte Industrie. Jede Form möglicher Industrie wäre also baldigst auf kostspielige Importe angewiesen und damit unrentabel. - Folglich, wie Sie schon sagten, im Prinzip würden die Balearen zum Armenhaus der EU und am Ende voller leerer Bauruinen dastehen. - Eine furchtbare Vorstellung. Fazit = Die Demonstranten werden all das wohl kaum verstehen und bedacht haben.
Über die Nützlichkeit solcher Demos kann man auch geteilter Meinung sein. Denn einen Erfolg kann man nur dadurch erzielen, indem man zuerst einmal die Ursachen ermittelt. Und WER soll das denn bei dieser Gemengelage von Interessen tun? Ob dies dann auch in Vorschläge einmündet, die ohne Schaden für die gesamte Wirtschaft umsetzbar wären, möchte ich doch sehr bezweifeln. Vor allem wäre das auch ein Eingriff in die garantierte freie Marktwirtschaft. Oh je !! Unkalkulierbar = Vor allem begibt man sich da aufs Glatteis, wenn man u.A. versuchen wollte den großen internationalen Hotel- und Touristik-Konzernen ""ans Bein zu Pinkeln". Möglicher Weise landen sie schneller wegen Millionen Klagen vor Gericht, als sie denken. - Also ich bin da sehr sehr skeptisch. Es gilt ja auch die freie Marktwirtschaft. Merke = da haben die Hotelkonzerne Milliarden während und nach Corona investiert, um ihre Hotels nicht nur zu vergrößern, sondern durch Umbau auf ein höheres Sterne-Niveau zu heben. Um dem Wunsch nach zu kommen, bessere Klientel zu beherbergen. Auch viele Neubauten wurden errichtet. Diese Investitionen wollen amortisiert werden. Und wie soll das gehen, wenn man die Buchungen behördlich zurück fahren will? -- Ein Kampf gegen Windmühlen, wie weiland Don Quixote.
Es zeigen sich die Nachteile einer wirtschaftlichen Spezialisierung auf einen Wirtschaftssektor, auf den Kanaren und Balearen eben den Tourismus. Allerdings bleibt die Frage bisher unbeantwortet, welche Wirtschaftszweige denn den Tourismus auf den Inseln mindestens zum Teil substituieren könnten. Spaniens Auslandsverkäufe verzeichneten in den letzten Monaten ohnehin die größten Rückgänge bei chemischen Produkten (-33,7 %), Rohstoffen (-30,4 %), Energieprodukten (-30,1 % im Jahresvergleich), langlebigen Konsumgütern (-21,1 %), im Automobilsektor (-16,4 %), bei Investitionsgütern (-14,7 %) und Konsumgütern (-14,2 %). Auch Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren verzeichneten einen Rückgang (-5,3 %). Man muß ja kein Wirtschaftsexperte sein um zu erkennen, dass all diese genannten Produkte und Wirtschaftsbereiche auf Inseln generell schwer zu etablieren sind. Ein hartes Zurückfahren des Tourismus würde wohl eine ständige Subventionierung durch das Festlandspanien erforderlich machen. Das so etwas nicht unmöglich ist, zeigt ja der Länderfinanzausgleich in Deutschland. Berlin und Bremen beispielsweise werden schon seit Jahrzehnten durch die anderen Bundesländer querfinanziert und subventioniert.