Nicht nur Planschbecken: Das Meer um Mallorca ist ein auch ein sensibles Ökosystem | Archiv MM

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Riesengroße Rochen, die mit knallbunten Fischen um die Wette schwimmen, Oktopusse, deren Saugnäpfe an leuchtenden Korallen kleben, und aus der Ferne die markant geformte Schnauze eines Delphins – so stellt man sich doch das Schnorchelabenteuer auf Mallorca vor. Nur sieht die Wirklichkeit oft ganz anders aus: Irgendwie ist unter der Wasseroberfläche überhaupt nichts zu sehen, außer ein paar kleinen grauen Fischen und viel grünem Zeug. Warum ist das so?

Zum einen wird möglicherweise am falschen Ort geschnorchelt – bekannterweise tummeln sich an felsigen Gegenden deutlich mehr Meeresbewohner als vor dem weitläufigen Sandstrand – zum anderen aber liegt es wohl auch daran, mit welchem Blick Hobbyschnorchler die Unterwasserwelt wahrnehmen, sagt José Escaño, Direktor der Umweltinitiative MedGardens: „Wer wenig versteht von der Flora und Fauna des Meeres, dem entgehen einfach viele spannende Dinge. Wenn man weiß, dass sich die bunten Nacktschnecken (Nudibranchs) vor Sonnenlicht verstecken, dann schaut man auch zwischen die Felsspalten”, so der Klimaaktivist und Meeresschutzforscher.

Einer von vielen guten Tipps, die Teilnehmer der Exkursion „Walk & Snorkel” (zu Deutsch: Wandern und Schnorcheln) dankend annehmen. Dieser dreistündige Ausflug, der am Universal Hotel Aquamarin in Sant Elm startet, findet in den Sommermonaten statt und ist Teil einer groß angelegten Umweltkampagne, die nachhaltigen Tourismus auf Mallorca fördert.

14 Millionen Urlauber jährlich, die Wasser verbrauchen, Müll produzieren und Strom benötigen. Immer wieder kritisieren Umweltaktivisten den Umgang mit Massentourismus auf Mallorca, und die Branche steht unter Druck. Mit seltenen Handtuchwechseln im Hotel, Trinkwasserspendern für wiederverwendbare Flaschen und eigenen Wasseraufbereitungsanlage versucht die Industrie diesem Druck mit entsprechenden umweltschonenden Maßnahmen entgegenzuwirken: „Wir unterstützen den Umweltschutz, wo wir können! Deshalb ist die Zusammenarbeit mit MedGardens für uns auch so wichtig”, sagt Yannik Erhart, CEO von Universal Beach Hotels. Seit 2022 arbeitet die Schweizer Hotelkette mit der Initiative zusammen, auch die Patenschaft für einen Unterwasserwald vor Sant Elm ist Teil der Kooperation.

Die Tour umfasst eine geführte Wanderung entlang der Küste und ein zirka 40-minütiges Schnorchelerlebnis in einem Meeresschutzgebiet, das bereits durch die Arbeit der Umweltschützer wiederhergestellt wurde. Hauptziel sei es, die Menschen wieder stärker für den Schutz der Meere zu sensibilisieren, sagt Escaño und erklärt dazu: „Die Teilnehmer setzen sich bei dieser Tour bewusst mit dem Meer und ihrer Beziehung zu ihm auseinander, sie sehen den Ozean als Spielplatz zum Planschen, Schwimmen und Tauchen, gleichzeitig aber auch als wichtige Lebensquelle, die besonderen Schutz von uns benötigt.” Für die Beteiligten ein tolles Gefühl, selbst an der Nachhaltigkeit und am Schutz der Umwelt mitzuwirken.

Um 10 Uhr trifft sich die Gruppe aus maximal sechs Teilnehmern an der Rezeption vom Universal Hotel Aquamarin in Sant Elm. Guide der Truppe ist Jessica Seeliger, sie beginnt mit einer Kennenlernrunde, verteilt die Schnorchelausrüstungen und dann geht es los. Zunächst zu Fuß an der Küste entlang. Manche Teilnehmer stellen erste Fragen, andere hören gespannt zu, was Seeliger über die Meeresschutzprojekte erzählt. Sie spricht auf Spanisch, Englisch und Deutsch über die Artenvielfalt im Mittelmeer, die wichtigsten Eigenschaften der Posidonia, dem Seegras.

Darüber, dass es für sauberes Wasser sorgt, Nahrung und Lebensraum für viele Meeresbewohner bietet und die Strände vor Erosion schützt. Und sie erklärt, wie sensibel der Unterwasserwald ist, indem sich die Schnorchler gleich aufhalten. Es handelt sich dabei um eines der regenerierten Unterwasserschutzgebiete, die von der Initiative MedGardens bereits aufgeforstet wurde, über 200 Freiwillige sind an der Initiative beteiligt, die 2020 von der Umweltschutzorganisation Cleanwave Foundation ins Leben gerufen wurde.

An der kleinen Bucht Cala Reina hält die Gruppe an. Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung geht es ins Wasser, der geschulte Guide leitet die Gruppe zum Meeresschutzgebiet und dann wird eingetaucht – jeder für sich und doch alle zusammen halten Ausschau nach seltenen Meeresbewohnern, nach Rochen und bunt leuchtenden Fischen. Zwischendurch strecken manche Teilnehmer den Kopf aus dem Wasser, halten sich an der Boje fest, die Seeliger dabei hat, um schnell eine Frage zu stellen oder kurz Pause zu machen. Gerade die Kinder strecken mit leuchtenden Augen den Kopf aus dem Wasser, sind von dieser Unterwasserwelt beeindruckt und total aus dem Häuschen, wenn sie wirklich einen Tintenfisch, Seesterne oder echt große Fische gesehen haben. Zahlreiche Wasserpflanzen, Seeigel, Nacktschnecken und Muränen später geht es für alle wieder aus dem Wasser zurück zum Hotel. Der Weg dauert nun etwas länger, die Gruppe hält kurz an bei der Initiative „Sant Elm Sense Plástic” (zu Deutsch: Sant Elm ohne Plastik) – ein weiteres Umweltschutzprojekt, das darauf abzielt, Sant Elm zum ersten plastikfreien Ort auf Mallorca zu machen. Und es wird mehr geredet, die Teilnehmer haben das Bedürfnis, über das zu sprechen, was sie gerade gesehen haben.

Sie haben viele Fragen, zum Beispiel, wie man helfen kann. „Keinen Müll am Strand liegen lassen, auf Einweg-Plastik verzichten und Umweltschutzprojekte unterstützen, das hilft”, erklärt José Escaño. Die Öko-Tour „Walk & Snorkel” findet noch bis zum 26. Oktober statt. Mitmachen kann jeder ab acht Jahren, und die Teilnehmer sollten in der Lage sein, mehr als 15 Minuten problemlos zu schwimmen. 42 Euro kostet das Dabeisein und buchen kann man den Ausflug bei den Projektpartnern: Rock & Water, MTS Globe und Universal Beach Hotels. Der Erlös fließt in die Aufbereitungsarbeiten weiterer Meeresschutzgebiete. Auch im kommenden Jahr soll es mit den Ausflügen weitergehen: „Wir möchten mit diesem Projekt so viele Menschen wie möglich erreichen und ihnen zeigen, was wir mit der Wiederherstellung von Unterwasserwäldern erreichen können. Ein Meeresschutzgebiet ist so etwas wie ein Mini-Regenwald, nur eben unter Wasser, und davon brauchen wir mehr.”