Der Luftfahrtmanager Klaus Heinemann, hier mit seinem Hund „Pippa” zu sehen, lebt auf Mallorca und baut im Inselzentrum auch Wein und Olivenöl an. | privat
Herr Heinemann, die Coronakrise hat große Teile des Flugverkehrs monatelang zum Erliegen gebracht. Welche Auswirkungen hat das für das Flugzeug als Investitionsobjekt?
Klaus Heinemann: Das kommt sehr aufs Flugzeug an. Wie bei den vergangenen Krisen auch, trifft es zuerst die großen und die älteren Modelle. Etwa die A-380, die älteren Boeing 747, alte A-320 und die gesamte A-340-Flotte. Neuere Maschinen sind viel leistungsfähiger bei viel geringerem Verbrauch.
Investieren die Fluggesellschaften in neue Maschinen?
Heinemann: Aktuell wird wenig in neue Flugzeuge investiert. Bestehende Aufträge werden abgewickelt. Aber die Fluggesellschaften sind darauf bedacht, Kapazitäten zu reduzieren. Und das in erheblichen Maße: Bei den letzten großen Krisen, nach 9/11 und der Wirtschaftskrise ab 2008, lag die Kapazitätsreduzierung bei 20-25 Prozent. Im Moment haben wir Kapazitätsreduzierungen, die 50 Prozent übersteigen. Es trifft also auch Flugzeuge, die normalerweise nicht ausgemustert würden.
Wie lange wirkt sich eine Krise auf den Flugverkehr aus?
Heinemann: Da kann man aus den vergangenen Krisen keine Schlüsse ziehen, weil diese Krise von der Dimension völlig anders ist. Fluggesellschaften sind massiv auf staatliche Hilfen angewiesen, um zu überleben. Und es bleibt die Frage: Wenn sie überleben, wie schaffen sie ein tragfähiges Geschäftsmodell? Da gibt es noch keine Antwort drauf. Abgesehen davon sind ja von der Krise auch die Hersteller, die Zulieferer, die Flughafenbetreiber, die Dienstleister am Flughafen, die Leasinggesellschaften massiv betroffen.
Im Sommer haben wir gesehen, dass diejenigen, die es sich leisten können, vermehrt auf Privatflieger für ihre Reisen nach Mallorca gesetzt haben. Wird sich dieser Trend mittelfristig bestätigen?
Heinemann: Solange wir kein Mittel gegen das Virus haben, werden diejenigen, die es sich leisten können, natürlich auf Privatflieger setzen. Genauso, wie sie eher auf eine Finca gehen als in ein Luxushotel – oder eine Yacht chartern, statt sich an den Strand zu legen. Aber das ist ein verschwindend geringer Prozentsatz des Tourismus und das wird sich auch nicht ändern.
Eine Konsequenz aus der Krise ist, dass vermehrt auf Videokonferenzen statt auf Geschäftsreisen gesetzt wird. Glauben Sie, das bleibt so?
Heinemann: Ja. Ich nehme seit einem halben Jahr an Aufsichtsratssitzungen über Videokonferenz teil. Es hat mich überrascht, wie gut das geht. Und es ist wahnsinnig effizient. Wenn ich nach Hamburg zur Sitzung reisen würde, wären zwischen Anreise, Hotelaufenthalt, Sitzung und Rückreise schnell 48 Stunden weg. Per Videokonferenz sind wir in drei Stunden fertig. Und es sind Menschen aus sechs oder sieben Ländern dabei. Es wird natürlich nicht alles ersetzen. Manches muss man persönlich machen. Ich würde beispielsweise nie jemanden in einer Videokonferenz entlassen.
Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die aus ökologischen Gründen nicht ins Flugzeug steigen. Wie wird das in der Branche diskutiert?
Heinemann: Es wird sehr intensiv diskutiert. Und es wird auch beantwortet, indem immer mehr Motoren entwickelt werden, die im Treibstoffverbrauch besser sind. Es gibt aber auch Dinge, wo der Staat gefragt ist. Zum Beispiel basiert der gesamte Bereich der Fluglotsen auf einer Technologie, die lachhaft altmodisch ist, nämlich dem Zweiwegeradio und dem Radar. Es gibt heute eine satellitengestützte Methode, die sehr viel effizienter ist. Die würde verhindern, dass Flugzeuge im Zickzack fliegen oder in Warteschleifen kommen. Das würde dazu führen, dass sie weniger in der Luft sind. Die EU hadert seit über 20 Jahren, da ein gemeinsames Konzept zu finden, wie man die Luftverkehrssicherung auf den heutigen Stand der Technologie bringt. Dabei würde dies eine erhebliche Entlastung bringen.
Sie bauen seit einigen Jahren unter anderem Wein, Oliven, Feigen und Johannisbrot an – eine ganz andere Art der Investition. Gibt es trotzdem Parallelen zwischen Flugzeugen und Wein?
Heinemann: Nein, die einzige Verbindung ist, dass mir mein Berufsleben im Bereich der Luftfahrt die finanziellen Möglichkeiten gegeben hat, mir hier etwas aufzubauen, was bestenfalls sehr langfristig rentabel ist. An der Insel ist die industrielle Agrikultur größtenteils vorbeigegangen. Das wurde lange als Nachteil gewertet, weil man weniger kosteneffizient gearbeitet hat. Heute ist das anders – lokale Produkte werden geschätzt, gerade auch im Bereich des hochwertigen Tourismus. Je mehr Fünf-Sterne-Landhotels wir haben, je mehr gute Restaurants es gibt, desto mehr hilft das der lokalen Landwirtschaft. Langfristig bedarf es dafür einer Umwandlung zu einem Tourismus, der neudeutsch „sustainable“ ist.
Die Pandemie hat Mallorca brutal vor Augen geführt, welche Folgen eine Monowirtschaft hat. Glauben Sie, dass eine Diversifizierung möglich ist?
Heinemann: Man sollte sich keiner Illusion hingeben, dass eine Unabhängigkeit vom Tourismus im weitesten Sinne erzielt werden kann. Der Charakter des Tourismus kann sich aber ändern – und er tut es auch. Tourismus ist für mich auch der Rentner, der hier den Winter verbringt. Tourismus ist der Zweitwohnsitz. Und auch die Entscheidung, die Insel zum Erstwohnsitz zu machen – was durch Homeoffice immer realistischer ist.
Sie sprechen beim „Wirtschaftsforum – Neu Denken”. Inwieweit haben die vergangenen Monate Ihr Denken verändert?
Heinemann: Ich bin viel mit dem Boot vor der Insel unterwegs. Man konnte bis in den Juli hinein sehen, welche Auswirkungen der Massentourismus auf die Umwelt hat. Ich habe noch nie so klares Wasser vor Mallorca gesehen. Das wusste man vorher, aber es zu sehen, war sehr eindrucksvoll. Zum anderen freue ich mich, dass diese dumme Einstellung, dass die nordeuropäischen Länder keine finanzielle Verantwortung für Gesamteuropa haben, ein wenig zurückgedrängt wurde. Natürlich haben wir sie, wir müssen uns gegenseitig unterstützen. Und über die Fonds, die aus Brüssel genehmigt wurden, hat sich dies manifestiert. Der Nationalstaat allein kann diese Krise nicht bewältigen.
Die Fragen stellte Patrick Schirmer-Sastre von European Accounting.
26 Kommentare
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Michael D@ Nochmal =Umkehrschluss = diese beneideten "Betuchten" lassen viel Kohle auf der Insel und gehören zu der Klientel, #### die man ja statt der Ballermänner hier anlocken möchte, um den Ruf zu verbesseren.####
@Mallorcajoerg: Ja, und wer von den wie beschreiben qualifizierten möchte durchgehend arbeiten? @Michael Düsseldorf: Es Menschen gibt, die mit der saudischen Königsfamilie aus moralischen Erwägungen keine Geschäfte machen möchten. Es gibt weltweit 200.000 UHNWI und genügend Milliardäre, an deren Händen kein Blut klebt ...
@ Hajo Hajo Sie irren sich. Ich arbeite in diesem Segment.
Michael Düsseldorf@ Probieren Sie es doch einfach mal mit logischer Analyse eines "scheinbar" nicht akzeptzieren Zustandes der Realen Welt.Ausserdem, fragen Sie sich doch mal, weshalb Sie nicht zu der von Ihnen kritisierten Klientel gehören? Irgendwas müssen Sie da falsch gemacht haben.Ich konstatiere, Sie haben es nicht begriffen. Jedes weitere Wort ist überflüssig.
@Hajo Hajo ja, gerade wir in Düsseldorf kennen das. Und ich kenne das aus meiner beruflichen Praxis. Ich kann es auch anders formulieren: Herr Heinemann bringt sich mit diesem Interview ins Gespräch. Die Struktur: meine Expertise, meine Einsicht in die Problematik, und ich bin der richtige Mann um die Zukunft zu managen. Eigentlich eine Art Bewerbung. Achtet man darauf, wo er gerade herkommt - Leasinggeber einer Branche, in der es nichs mehr zu verdienen gibt - wird seine Intention klarer. Das ist sehr weit davon entfernt, was z.B. Majorcus diskutiert. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser mit seinem moralischen Unterton oder direkten Ansage in der Lage wäre, z.B. Mitgliedern der saudischen Königsfamilie etwas zu verkaufen. Wir in Düsseldorf - auf der Königsallee und vielen Busnissetagen - können und machen das. Und was die Ballermänner/-frauen anbelangt: sie feiern und amüsieren sich zwanglos für eine begrenzte Zeit an einem winzig kleinen Ort. Dafür geben sie ihr Geld aus. In der Summe sogar sehr viel. Man kann sich einfach dazu gesellen und etwas Spaß haben, sogar in Anzug und Krawatte. Auf Veranstaltungen höherer Gesellschaftsschichten zählen und wirken dagegen Regeln der Etikette und des Stils. Doch das gepflegt, angemessene Erscheinungsbild und der gut kalkulierte Umgangston dienen fast ausschließlich der Wahrung von Macht, Einfluss und konkreten Interessen. Werden diese entsprechend bedient, zahlen sie - wenn nicht, seien Sie froh, wenn es nur ums Geld ging. Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben: eine Frau ohne Schleier geht in Saudi-Arabien nicht. Egal wo sie herkommt oder was sie beruflich oder intellektuell oder sonst was sein möchte. Stellen Sie sich bitte den Umgang mit diesen Menschen nicht so einfach vor. So leicht wie an das Geld der Klientel des sog. Massentourismus kommen sie bei denen nicht. Erfahrung. Sie könne das übrigens auch ganz gut auf Mallorca selbst erproben: Klopfen Sie an einer Haustüre z.B. in Manacor und es es wird Ihnen meist neugierig geöffnet. Klingeln Sie dann an einem der vielen mit Mauern eingezogenen Villen (auch mit deutschem Namen auf den Klingelschildern) an diversen Küstenstreifen. Sie werden bemerken, dass sie sehr unterschiedlich angesehen und behandelt werden. Eine gute Achtsamskeits-Übung. Ebenfalls Erfahrung. LG
@ Majorcus. Wie „hochqualifiziert“ muss jemand für Fließband-Arbeit sein? Wer eine Gastro-Kaffeemaschine bedienen kann, kann auch einen Zylinderkopf-Deckel auf einen Motor schrauben. Er soll den ja nicht konstruieren. Es gibt also sicher 1000ende, die sich über ein ganzjähriges Einkommen freuen würden.
Die Inseln sind klimatisch prädestiniert für drei Ebenen-Landwirtschaft mit Agrophotovoltaik & Windenergie Klar, Windernegie ernährt die Leute, die ohne Job auf Mallorca sind. Mein Gott Majorcus!
@Mallorcajoerg: Wie viele Hochqualifizierte wären auf Mallorca zum Arbeiten verfügbar? @Hajo Hajo: Die Inseln sind klimatisch prädestiniert für drei Ebenen-Landwirtschaft mit Agrophotovoltaik & Windenergie - Quelle: www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2017/sonne-ernten-auf-zwei-etagen-agrophotovoltaik-steigert-landnutzungseffizienz-um-ueber-60-prozent.html Das gefällt Ihnen nicht - aber Ihre Meinung ohne belegte Fakten/ qualifizierte Quellen ist eben kein evidenzbasiertes Wissen ;-) Den Begriff "steuerbarem Tourismus" regelt gerade die aktuelle Pandemie ...
@Hajo Hajo Das ist auch ein nachvollziehbares Argument.
Michael Düsseldorf@ Ausgrechnet aus Düsseldorf der Stadt der Reichen melden Sie sich zu Wort und führen sich hier mIßgünstig auf und am Thema vorbei? Was bitte soll das?Umkehrschluss = diese beneideten "Betuchten" lassen viel Kohle auf der Insel und gehören zu der Klientel, die man ja statt der Ballermänner hier anlocken möchte, um den Ruf zu verbesseren.