Das balearische Gesetz verbietet das touristische Online-Bewerben von Ferienwohnungen in Mehrfamilienhäusern auf den Inseln. Das Foto zeigt eine Wohnanlage auf Menorca. | Foto: Josep Bagur Gomila / Ultima Hora

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Die Fronten im Streit um die touristische Ferienvermietung in Mehrfamilienhäusern auf Mallorca sind klar abgesteckt: Als Gegner erweisen sich die Hoteliers und deren Sprachrohr, der mallorquinische Hotelverband Fehm. Als Befürworter tritt wiederum die Vereinigung für touristische Vermietungen in Apartments und Wohnungen auf den Balearen (Aptur) auf. Hier sind Eigentümer organisiert, die ihre Wohnungen derzeit nach dem spanischen Mietrecht verpachten. Dieser Ausweg ist machbar. Was ihnen von der Balearen-Regierung allerdings verwehrt wird, ist die Möglichkeit, die Immobilien in Reise- und Ferienportalen im Internet zu bewerben. Ohne dieses Kommunikationsmittel können jedoch Mieter und Vermieter kaum zueinanderfinden.

Als ein weiterer Gegner der Liberalisierung des Marktes treten mitunter Anwohnervereinigungen an. Sie befürchten, dass gefragte Stadtviertel zu stark ins Blickfeld von Investoren geraten, die erst Wohnungen kaufen und diese dann touristisch vermieten. Das treibe die Immobilienpreise in die Höhe, so dass einheimische Käufer sich keinen Wohnraum mehr leisten können, und verändere darüber hinaus den Charakter des "Barrios". Wenn einfache Arbeitnehmer mit Bedarf an Nachtruhe dann Tür an Tür mit urlaubenden Hipstern im Partymodus wohnen, könnten sich Probleme, noch dazu von interkultureller Intensität, einstellen.

Ein anderer Befürworter für eine Liberalisierung sind Unternehmerorganisationen von Kaufleuten und Gastronomen. Sie haben die Klientel längst für sich entdeckt, wissen, dass diese Art von Touristen in den Läden deutlich mehr Lebensmittel einkauft oder in Lokalen essen geht als Hotelgäste. Auch die Mietwagenverbände und die übrigen Freizeitunternehmer wehren sich nicht gegen die Nachfrage der hotel-ungebundenen Touristen.

Ein weiterer Gegner der zunehmenden Vermietungen sich die Naturschutzorganisationen wie etwa der GOB. Sie befürchten eine Überbeansprunchung der natürlichen Ressourcen der Insel wie etwa das Grundwasser durch die erhöhte Nachfrage. So kommt es zu einem Schulterschluss zwischen Hoteliers und Umweltschützern. Eine Entwicklung, die für Mallorca ein Novum ist. 

Sprecher der Verbände und gut bezahlte Juristen fordern seit Jahren von der Balearen-Regierung, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, die auch dieser Urlauberschaft Rechnung trägt. Die jetzige Regierung kam zu dieser Aufgabe wie die Jungfrau zum Kind. Das strenge Regelwerk war von der konservativen Vorgängerregierung aus der Taufe gehoben worden, das Werk folgte weitgehend der Linie der Hoteliers. Jetzt hat das Balearen-Parlament die neue Linksregierung aufgefordert, innerhalb von sechs Monaten, also bis Ende August (was dann wegen der Sommerpause sicher September werden dürfte), eine Regelung auszuarbeiten.

Das Tourismusministerium äußerte sich diesbezüglich bereits, das die Materie höchst kompliziert sei und nicht von der Behörde allein bewältigt werden könne. Darum sei die Zuarbeit der Inselräte und Rathäuser unverzichtbar. Denn die Realitäten auf den Inseln seien vielfältig. Während touristische Vermietungen in einem Stadtviertel gänzlich unerwünscht seien, würden sie im Stadtteil nebenan durchaus begrüßt werden. Obergrenzen und Qualitätsvorgaben als beschränkende Maßnahmen seien auf lokaler Ebene auszuarbeiten, es müsse von Fall zu Fall entschieden werden.

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Wirbel in diese Debatte bringt nun ein Gutachten der spanischen Kartellbehörde CNMC, die sämtliche regionale Vorgaben von den Balearen über Barcelona, Madrid, Andalusien und den Kanaren unter die Lupe genommen hat. Die Empfehlungen der Behörde sind Wasser auf die Mühlen der Verfechter der Vermietungen. Die Kartellhüter befürworten eine völlige Abschaffung aller Knebelungen und Einschränkungen, sie machen sich sowohl stark für die Rechte der Verbraucher, im Sinne der Mieter als auch für das in der Verfassung garantierte Recht auf Privateigentum im Sinne der Vermieter.

Das balearische Tourismusministerium kritisierte die Empfehlungen der Kartellbehörde auf MM-Anfrage als zu liberalisierend. Bei einer weitgehenden Freigabe seien Verzerrungen am Wohnungsmarkt zu befürchten. Auch seien bei der touristischen Vermietung Mindeststandards an Qualität notwendig, damit "nicht jede Besenkammer" an Touristen angeboten werden könne, sagte eine Sprecherin.

Zwar sind die Empfehlungen nicht bindend, doch kann die Kartellbehörde durchaus als Nebenkläger auftreten, wenn sie die Freiheiten des Marktes beschnitten sieht.

Kämpferisch gibt sich auch die oben genannte Aptur-Vereinigung. Immer da, wo die Balearen-Regierung tatsächlich bereits Bußgelder wegen illegaler Vermietungen aussprach, legten die Verbandsmitglieder Widerspruch ein. Letztlich ist es dann Sache der Gerichte zu entscheiden, ob die Vorgaben der Balearen-Regierung verfassungskonform sind oder nicht. Das ist ein Rechtsverfahren, das sich noch über Jahre hinziehen könnte, falls es nicht vorher zu einer Neuregelung kommt.

Mallorca steht mit dieser Problematik übrigens nicht allein. Sie ist in vielen europäischen Metropolen und Reisedestinationen an der Tagesordnung. Beispiel Berlin: Hier hat der lokale Gesetzgeber 2014 versucht, mit einem Verbot der "Zweckentfremdung von Wohnraum" der touristischen Privatvermietung in Wohnungen einen Riegel vorzuschieben. Juristen zweifeln die Regelung an. Sie sei verfassungswidrig und würde im Streitfall rasch gekippt werden.

(aus MM 13/2016)