Aua, das brennt! Die Haut ist rot an der Stelle, an der die Hand auf die heiße Herdplatte kam. Viele greifen in so einem Moment zur Aloe Vera, schneiden ein kleines Stück ab und pressen den kühlenden geleeartigen Saft auf die Verbrennung. Das lindert. Wirklich? Oder ist der Glaube daran eher wirksam und hilft, den Schmerz zu stillen?
Hier streiten sich die Geister beziehungsweise die Hersteller mit der Medizin. Die einen propagieren sie als Wunderwaffe für fast alles: Für einen strahlenden Teint, für Verdauungsprobleme, und sogar Aids oder Krebs soll Aloe Vera positiv beeinflussen können. Sie begründen es unter anderem mit dem Wirkstoff Acemannan, der helfen soll, Fremdproteine, die oft Allergien auslösen, schnell abzuführen. Dies geschehe, indem es eine Brücke zwischen dem Fremdeiweiß und den Makrophagen baut.
Polysacchariden können viel Wasser aufnehmen und dienen als Reserve- oder Nährstoffe. Zusammen mit anderen Spurenelementen spielen diese wie ein Orchester zusammen - es ist also nicht die Menge der Wirkstoffe, sondern das Zusammenspiel, was die Wirkung ausmacht. Davon ist auch Heike Weyrauch, Mitarbeiterin und Heilpraktikerin im Deutschen Aloe Vera Zentrum in Süddeutschland, überzeugt. "Es ist eine weitere Möglichkeit, den Körper nach einer schweren Krankheit zu stabilisieren."
Kritiker sehen hier wenige fundierte wissenschaftliche Beweise. Was im Labor funktionieren mag, wirke "live" beim Menschen nicht unbedingt. Mehr noch, sie gehen sogar weiter und behaupten das Gegenteil: Es könne bei direktem Einnehmen zu Verdauungsproblemen und beim Auftragen zu Hautausschlägen und -irritationen führen. Etwas neutraler formuliert es eine deutsche Verbraucherzentrale: "Das Spektrum ist zwar groß, die einzelnen Konzentrationen sind jedoch sehr gering."
Betritt man die weißen Hallen des Reborn Spa in Palmas Zentrum, möchte man den Aloe-Vera-Anhängern Glauben schenken. Leise perlt Musik aus Lautsprechern, ein Laubfrosch hüpft auf dem Plasmabildschirm über ein übergroßes tropisches Blatt im nassen Regenwald. Alltagssorgen fallen beim Übertreten der Türschwelle vom Körper ab. Kosmetikerin Zara erklärt mit zarter Stimme, die sofortige Tiefenentspannung garantiert: "Aloe Vera beruhigt die Haut und die Vitamine können direkt eindringen. Aber auch bei Verdauungsproblemen hilft es."
Die Behandlungsräume tragen die Namen bekannter Komponisten. Im Mozartsaal kann man sich ganz der Schönheit und Entspannung hingeben. Das Besondere: Fast alle Behandlungen integrieren Aloe Vera - ob als Creme, Peeling oder Ganzkörperpackung. Die frischen Pflanzen zum Auftragen kommen direkt von der Insel selbst.
Das Wüstengewächs kommt zwar ursprünglich von der arabischen Halbinsel, fühlt sich aber auf Mallorca in bestimmten Regionen sehr wohl. In der geschützten Bucht von Alcúdia gedeiht es besonders gut. Die richtige Dosis an Feuchtigkeit und Sonne muss stimmen - trocken, sonnig - gerne indirekt - und auf keinen Fall Staunässe, sonst beginnen die Wurzeln zu faulen.
Hier, bei Santa Margalida, baut ein deutscher Produzent im großen Stil an. Auf 40 Hektar gedeihen 200.000 der fleischigen Pflanze. Wie eine Armee stehen sie in Reih und Glied in der trockenen Erde. Im Frühjahr und Herbst ist Ernte. Dazu sollten die Pflanzen fünf Jahre alt sein.
Da die Pflanze nach der Ernte sauerstoffempfindlich ist, muss die Weiterverarbeitung schnell gehen. Die großen Blätter werden wie in einer Gourmetküche filetiert, um das klare Aloe-Gel herauszutrennen, und anschließend passiert, gefiltert, kurz erhitzt und dann abgefüllt. Verarbeitet wird für Mensch und Tier. Es gibt Aloe Vera in Form von Direktsaft, als Creme, Gel oder Kapseln. Sogar Haus- und Nutztiere können von der Wüstenlilie profitieren. Einer 600-Kilo-Kuh wird es bei einer regelmäßigen Aloe-Vera-Kur von 140 bis 200 ml besser gehen, verspricht die Homepage.
Die Pflanze ist anspruchslos und kann auch gut als Zimmerpflanze sprießen. Möchte man sie als eigene kleine Hausapotheke nutzen, sollte man immer die unteren reifen Triebe verwenden. Die Ableger sollte man ab einer Größe von zehn Zentimetern entfernen und neu einpflanzen. Die Blätter enthalten Bitterstoffe und Alain, was zu Magenreizungen führen kann. Trennt man das Gel vorsichtig heraus, kann es direkt in den Mund wandern oder die sonnenstrapazierte Haut kühlen.
Wer es zünftiger mag, der mixt sich einen erfrischenden Aloe-Vera-Cocktail nach dem Rezept des Franziskaner-Paters Romano Zago: ein frisches Blatt, 500 g reinen Bienenhonig und drei, vier Esslöffel Zuckerrohrschnaps.
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