Von den fünf Gewichtsklassen trete ich in der höchsten an", sagt Alexandre Hoffmann nicht ganz ohne Stolz in der Stimme - "76 Kilo aufwärts." Die Goldmedaille, die der kräftige junge Mann aus Can Picafort um den Hals trägt, wird zwar nicht mitgewogen, ist aber sicherlich ein guter Grund für eine mit Stolz geschwellte Brust. Mitgebracht hat er sie aus Santa Cruz de Tenerife, wo vor wenigen Wochen die spanische Karate-Meisterschaft ausgetragen wurde. Alexandre Hoffmann hat sie gewonnen, in der Junior-Kategorie der Übungsform "Kata"- und das vergleichsweise überraschend. "Ich will es so ausdrücken, wir sind nicht mit dem allerbesten Gefühl angereist, aber als ich ins Finale gekommen bin, wollte ich es auch unbedingt gewinnen."
Dass es Hoffmann soweit schaffte, verblüffte selbst seinen Trainer David Mulet, den "Vater des Erfolges". "Ich denke, der Moment des Finaleinzuges war der emotionalste für mich, noch bewegender als der spätere Gewinn der Meisterschaft." Doch der Erfolg von Teneriffa kam nicht von ungefähr. Er war Frucht jahrelanger harter Arbeit und intensiven Trainings.
"Mit vier Jahren habe ich mit dem Karate begonnen", erklärt Hoffmann. Auch Tennis und Fußball habe er ausprobiert. "Aber Karate, das hat mich begeistert." Als besonders reizvoll erachtet der 16-Jährige die Umgangsformen. "Es ist ein höflicher, eleganter Sport. Das zeigen alleine die Begrüßungsrituale, wenn man den Dojo, den Trainingsraum, betritt." Schon nach den ersten Übungseinheiten habe sich dies auch auf sein Verhalten zu Hause ausgewirkt. "Ich habe anders gegrüßt, war insgesamt höflicher." In vielen Bereichen habe sich der Sport auf diese Art auch positiv auf sein "normales" Leben ausgewirkt. "Ich habe Ehrgeiz entwickelt und bin sehr, sehr diszipliniert geworden." Das zeigt sich auch in der Ernährungsweise. "Ich habe gelernt, gesund zu essen. Natürlich würde ich auch gerne mal einfach alles essen, ohne darüber nachzudenken. Aber das verkneife ich mir dann" - Viel Selbstdisziplin für einen Teenager, der es weit bringen will.
"Meine nächsten Ziele sind die Europa- und die Weltmeisterschaft." Längerfristig aber ist Hoffmanns sportlicher Lebenstraum die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020, und das ausgerechnet im Mutterland des Karate, Japan. "Bei den Spielen in Tokio wird Karate zum ersten Mal olympisch sein", fügt David Mulet an, und erklärt den Unterschied zwischen den Kampfarten "Kata" und "Kumite": "Kumite meint den Kampf mit einem Gegner. Kata, Alexandres Gewinner-Disziplin, hingegen ist eine Übungsform, die aus einem stilisierten Kampf gegen ein imaginäres Gegenüber besteht", so der 35-Jährige.
Doch auch neben dem Karate ist Hoffmann zielstrebig. "Nach meinem Abschluss in Santa Margalida möchte ich an eine Universität gehen und studieren." Wo das sein wird, weiß er noch nicht. "Ich interessiere mich für etwas Soziales, aber nicht alles Studiengänge werden hier auf Mallorca angeboten." Möglicherweise also wird der Karate-Champion die Insel verlassen und aufs Festland ziehen. Eine vergleichsweise kleine Herausforderung für einen, der von Tokio 2020 träumt.
(aus MM 50/2016)
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