Ein kurzes Schwirren ist zu hören, dann erfolgt der Aufschlag: Mitten ins Schwarze. In den frühgeschichtlichen Talayot-Zeiten auf Mallorca wäre Charlotte Peschko sicherlich nicht verhungert. Sie hätte sich das Essen vom Baum schießen können, ganz so, wie es antike Historiker beschreiben: Demnach legten die Mütter den Kindern das Brot auf ein hohen Ast.
Die Kinder mussten die Mahlzeit mit der Steinschleuder treffen und zu Fall bringen. Früh übte sich, wer ein großer Steinschleuderer, ein wackerer "Foner", werden wollte. Die alten Römer waren von den treffsicheren Kriegern so begeistert, dass sie sie als Söldner engagierten. Die Griechen hatten bereits zuvor die "Balearischen" Inseln eigens nach den Steine schleudernden Einwohnern benannt.
Und nun ist Charlotte Peschko die beste "Fonera" ihrer Altersgruppe. Bei den Meisterschaften Anfang Juni errang die 13-jährige Deutsche den ersten Platz, und das gegen die harte Konkurrenz der nicht minder schleuderbegeisterten Menorquiner und Ibizenker.
Die gebürtige Berlinerin lebt seit 2004 bei Bunyola auf Mallorca. Zur altehrwürdigen Schleuderkunst kam sie im Vorjahr über ihren Sportlehrer, einen Enthusiasten der historischen Inseltradition. Die Fähigsten mussten sich die Steinschleuder aus sechs Naturfasern eigenhändig flechten und dann regelmäßig trainieren. Allerdings kommen bei dem Sport nur Tennisbälle zum Einsatz, aus Sicherheitsgründen. Denn sollte jemals jemand aus Versehen von einem Stein getroffen werden, kann das durchaus tödliche Folgen haben.
Charlotte Peschko lässt den Ball bis zu zehnmal über ihrem Kopf kreisen, bevor sie ein Ende der Flechtschnur los- und die Filzkugel fliegen lässt. Anfangs verfehlte sie die Zielscheibe stets knapp. Daraufhin zielte sie daneben, und erlangte damit Treffer auf Treffer. "Ich habe meine eigene Methode."
(aus MM 24/2014)
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