Polizeieinsatz an der Playa de Palma: Auch in diesem Sommer werden Mallorcas Sicherheitskräfte dort Präsenz zeigen. | Jonas Martiny

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Ob es nun die Taschendiebe an touristischen Hotspots sind oder Okupas, die sich in der Ferienimmobilie breitmachen: Auf Mallorca lauern viel Gefahren. Wie sicher ist die Insel und kann sie noch sicherer gemacht werden? Denn in dieser Saison steht der Insel ein weiterer touristischer Rekordsommer bevor. Wo viele Urlauber sind, treiben aber meist auch viele Kriminelle ihr Unwesen. Für die Sicherheit auf der Insel zuständig ist in erster Linie die Zentralregierung in Madrid. MM sprach mit ihrem Delegierten in Palma, Alfonso Rodríguez.

MM: Sind die Balearen sichere Inseln, Herr Rodríguez?
Alfonso Rodríguez: Ohne Zweifel, ja. Die Balearen gehören zu den besonders sicheren touristischen Reisezielen. Das ist ganz gewiss eine unserer großen Stärken.

MM: Die statistischen Daten belegen das nicht. In der Liste der Regionen mit den meisten Straftaten liegen die Balearen regelmäßig auf einem Spitzenplatz.
Rodríguez: Das Problem ist, dass die Statistik immer die Zahl der Verbrechen in Relation zur Einwohnerzahl setzt. Wir haben aber fast 18 Millionen Touristen jedes Jahr. Das müsste in der Statistik berücksichtigt werden. Dann sähe die Lage schon ganz anders aus. Für uns ist entscheidend, dass die Balearen eine sehr stark nachgefragte Destination sind. Der touristische Erfolg ist offensichtlich. Und dabei spielt unzweifelhaft eine Rolle, dass sich die Touristen hier sicher fühlen. Dazu kommt: Die Kriminalitätsstatistik belegt eine Abnahme der Straftaten im Laufe der vergangenen Jahre. 2023 etwa lag der Wert niedriger als 2019, obwohl die Zahl der Touristen bereits einen neuen Höchstwert erreichte.

alfonso rodriguez delegado del gobierno
Alfonso Rodríguez war zwischen 2015 und 2023 Bürgermeister von Calvià. Foto: P. Lozano

MM: Die Hauptsaison naht und es zeichnet sich erneut ein Rekordsommer ab. Sind Polizei und 
Guardia Civil bereit für den Ansturm?
Rodríguez: Es ist offenkundig, dass wenn irgendwo besonders viele Leute sind, auch Delinquenten angelockt werden, die auf Diebstähle aus sind. Wie immer werden auch in diesem Sommer zusätzliche Beamte auf die Insel verlegt werden. In etwa in derselben Größenordnung wie im vergangenen Jahr. Damals waren insgesamt mehr als 3900 Beamte auf den Inseln stationiert – so viele wie noch nie. Dazu kamen dann im Sommer noch etwa 400 bis 500 zusätzliche Sicherheitskräfte.

MM: Werden in den Touristenzonen auch wieder Beamte etwa aus Deutschland patroullieren?
Rodríguez: Eine definitive Entscheidung steht noch aus. Das erleichtert die Sache aber in vielen Fällen, weil die Beamten die Eigenarten ihrer Landleute besser kennen.

MM: In den einschlägigen Urlaubszonen bekommt die Polizei den Sauftourismus nicht unter Kontrolle. Wie sehen Sie die Situation dort?
Rodríguez: Ich glaube, dass die Lage von Jahr zu Jahr besser wird. In Magaluf etwa sind die Fortschritte unverkennbar und auch an der Playa de Palma können wir, glaube ich, von einer schrittweisen Verbesserung sprechen.

MM: Hoteliers und Unternehmer dort beklagen eher genau das Gegenteil ...
Rodríguez: Man kann nicht nur durch immer mehr Polizei das Miteinander in touristischen Destinationen verbessern. Die Sicherheit ist ein wichtiges Element, ja. Aber auch die Unternehmer müssen verantwortungsbewusst sein und ihr Angebot entsprechend ausrichten. Wenn ich gratis Alkohol ausschenke, dann ist es logisch, dass ich am Ende Probleme mit Besäufnissen bekomme. Um Qualitätstourismus zu erreichen, müssen alle Akteure an einem Strang ziehen. Nur mit immer mehr und mehr Polizei geht es nicht.

MM: Ein Problem ist, dass die Polizei von Urlaubern, die sich danebenbenehmen, nicht an Ort und Stelle ein Bußgeld kassieren kann. Gibt es dafür eine Lösung?
Rodríguez: In manchen Fällen ist es kompliziert, einen Touristen zu identifizieren, weil viele von ihnen ihre Ausweise im Hotelzimmer lassen. Ohne eindeutige Identifizierung kein Bußgeld. Also muss man den Touristen in sein Hotel begleiten. Das ist alles kompliziert, wird aber gemacht und muss auch weiterhin gemacht werden. Darüber hinaus können Geldbußen nicht an Ort und Stelle kassiert werden. Es gibt keine Handhabe dazu. Jeder Bürger und auch jeder Tourist hat das Recht, einen Einspruch dagegen zu prüfen.

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MM: Welches sind die Bereiche der Kriminalitätsstatistik, die den Gesetzeshütern auf den Balearen am meisten Sorgen machen?
Rodríguez: Das häufigste Delikt ist der Diebstahl. Am stärksten wächst aber die Internetkriminalität. 2023 legte diese um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Da entstehen neue Formen der Kriminalität. Nun kommt noch die Künstliche Intelligenz dazu. Hier ist die Aufklärung der Bürger über die Risiken als vorbeugende Maßnahme besonders wichtig. Die Leute müssen verstehen, dass es nicht sicher ist, auf jede SMS oder E-Mail zu antworten. In diesen Bereich gehört auch der Betrug bei der Ferienvermietung, wo Urlauber online eine Immobilie mieten, die es gar nicht gibt, wie sich dann später herausstellt.

MM: Die Balearen haben seit vielen Jahren im spanienweiten Vergleich die meisten Fälle von Geschlechtergewalt. Haben Sie eine schlüssige Erklärung dafür?
Rodríguez: Wenn ein großes Bewusstsein für die Problematik besteht, weil viel Aufklärungsarbeit geleistet wird, dann werden auch mehr Fälle angezeigt. Auf den Balearen wird viel in diese Richtung getan. Das könnte ein Teil der Erklärung sein. Das entscheidende ist, dass die Frauen, die in einer solchen Situation leben, das erkennen und den Mut haben, Anzeige zu erstatten.

MM: Es gibt permanent Beschwerden über die Langsamkeit der Justiz auf den Balearen. Zwischen Straftat und Prozess vergehen häufig Jahre. Was ist da los?
Rodríguez: Es wäre wünschenswert, dass die Justiz schnell arbeitet. Ich bezweifle aber, dass dies direkte Auswirkungen auf die Kriminalität hat. Es ist wahr, dass die öffentliche Verwaltung auf den Balearen ebenso Schwierigkeiten hat, Personal zu finden, wie die Privatwirtschaft. Das liegt in erster Linie an den teuren Lebenshaltungskosten auf den Inseln.

MM: Ein Thema, das viele Leute beschäftigt, sind die Hausbesetzungen. Zuletzt hat die Zentralregierung neue Hürden geschaffen, die es Immobilienbesitzern erschweren, sogenannte „Okupas” wieder loszuwerden. Ist das das richtige Signal?
Rodríguez: Ja, das Problem existiert, aber es hat bei weitem nicht die Dimension, wie es manche glauben machen wollen. Ich glaube, dass es ein gewisses Interesse daran gibt, dieses Problem künstlich aufzubauschen.

MM: Wer ist daran interessiert?
Rodríguez: Diejenigen, die wollen, dass der Verkauf von Versicherungen und Überwachungsanlagen steigt. Auf der anderen Seite gibt es mit der Ultrarechten verbundene Kreise, die das Bild eines Landes vermitteln, das immer unsicherer wird und in dem noch nicht einmal deine eigene Wohnung sicher ist. Es geht darum, ein Gefühl des Kontrollverlustes zu erzeugen. Auf der Grundlage werden dann immer strengere Gesetze gefordert.

MM: Die Zahl der Bootsflüchtlinge ging im vergangenen Jahr zurück. Sind die Balearen weiterhin vor allem eine Zwischenstation auf dem Weg nach Frankreich, Mittel- oder Nordeuropa?
Rodríguez: In den allermeisten Fällen ist das so. Es kommen sehr wenige Immigranten an, die dann auch auf den Balearen bleiben. Ein Sonderfall sind unbegleitete Minderjährige, die auf den Inseln bleiben und hier bis zur Volljährigkeit in Betreuungseinrichtungen untergebracht werden.

MM: Gibt es eine Relation zwischen illegaler Immigration und Kriminalität?
Rodríguez: Nein. Diese Annahme fördert den Rassismus und schafft Probleme im Zusammenleben. Es gibt keinen direkten Zusammenhang. Es geht darum, Straftaten zu verfolgen, Delinquenten, woher sie auch kommen.

MM: Die spanische Kriminalitätstatistik erfasst die Nationalität der Täter nicht. Es gibt also keine objektiven Daten zu diesem Thema.
Rodríguez: Nein. Aber es gibt auch keine Hinweise darauf, dass eine größere Zahl von Immigranten zu mehr Straftaten führt.

Die Fragen stellte Jonas Martiny