Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem damaligen spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero während ihres ersten und einzigen Besuchs auf der Insel im Januar 2008. | Patricia Lozano

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An diesem Sonntag ist es soweit: Die Deutschen wählen ihr Parlament neu. Es handelt sich um eine Wahl, von der auch auf Mallorca und im Rest Spaniens viel abhängt. Denn das, was in Berlin geschieht, hat oft auch internationale Auswirkungen.

Viele Deutsche, die auf Mallorca leben, stehen immer noch mit einem Bein in der Heimat. Und auch wenn viele Entscheidungen im fernen Berlin sie nicht direkt betreffen - bei guten Freunden und Angehörigen sieht das anders aus. MM hat den Parteien, die den Meinungsumfragen zufolge in den nächsten Bundestag einziehen werden, ein paar Fragen gestellt, die Deutsche auf Mallorca interessant finden dürften.

Natürlich wollte MM auch die Ansichten der "Alternative für Deutschland" (AfD) kennenlernen. Trotz einiger Wochen Zeit, mehrerer Erinnerungsmails und vielen vergeblichen Anrufen in der AfD-Pressestelle (war nicht besetzt), kam dann lediglich eine Mail, in der eingeräumt wurde, dass die AfD derzeit in Anfragen ertrinke - verbunden mit dem Hinweis, dass das Wahlprogramm auf der Homepage der Partei zu finden sei. CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und die Linke schickten schriftliche Antworten auf die MM-Fragen.

Deutsche, die auf Mallorca leben, haben Probleme, von der Pflegeversicherung zu profitieren, da es im Ausland normalerweise nur finanzielle Leistungen gibt. Kann sich Ihre Partei Änderungen vorstellen, durch die die im Ausland lebenden Deutschen bei der Pflegeversicherung besser gestellt würden?

Vor allem die Linke will Änderungen an den bestehenden Regelungen herbeiführen. "Für Menschen mit Pflegebedarf, die dauerhaft im Ausland leben, besteht aus Sicht der Linke dringender Regelungsbedarf", heißt es. "Bisher gibt es für Lösungen keinerlei verlässliche Datengrundlage, da die Pflegestatistik nicht nach Aufenthaltsort, sondern nur nach Leistungsart unterscheidet. Wir werden uns - auf Basis einer gesicherten Datengrundlage - für Regelungen im Interesse der Menschen mit Pflegebedarf einsetzen." Es bleibe aber der Maßstab, dass eine hohe Pflegequalität durch qualifizierte Fachpflege in regulärer Beschäftigung gesichert sein muss.

Regelungsbedarf sieht die Linke auch für die Kostenübernahme in Aufenthaltsländern, in denen die medizinische Behandlungspflege nicht zum gesetzlichen Leistungskatalog des Aufenthaltsstaates gehört.

Die FDP schreibt: "Die Freien Demokraten wollen die Sozialsysteme in Europa kompatibler machen. Man muss deutsche Leistungen in Spanien als Deutscher in Anspruch nehmen können." CDU und CSU verweisen auf eine EU-Verordnung, nach der Deutsche, die im Ausland leben, Anspruch haben auf Pflegegeld, jedoch nicht auf Pflegesachleistungen. "CDU und CSU wollen an dieser Regelung festhalten", sagen die Unionsparteien.

Die SPD schreibt, dass die bestehende Praxis sich bewährt habe. Wichtig sei, "dass innerhalb der Europäischen Union soziale Mindeststandards gesichert und Lohn- und Sozialdumping unterbunden werden". Änderungsbedarf sehen auch die Grünen nicht. Sie verweisen in ihrer Stellungnahme darauf, dass der Europäische Gerichtshof den "Export" von Sachleistungen eindeutig verneint habe. Die Schlussfolgerung der Grünen: "Demzufolge müssen die Bürgerinnen und Bürger nach diesem Urteil wohl oder übel diese Konsequenz akzeptieren, wenn sie aus einer freien Entscheidung ihren Wohnort wechseln."

Mancher Deutsche, der schon lange auf Mallorca lebt, würde gerne auch in der spanischen Politik mitwirken. Aber wählen darf er in Spanien nicht, beziehungsweise nur auf kommunaler Ebene. Sollte man das Wahlrecht in den Staaten der EU nicht dahingehend abändern, dass EU-Bürger in dem Land, in dem sie leben, auch die Regierung mitbestimmen dürfen?

Klar dagegen sind die FDP und die Unionsparteien, gut finden die Idee die Grünen und die Linke. Kurz und knapp antwortet die FDP: "Die Freien Demokraten halten es grundsätzlich für sinnvoll, dass das Wahlrecht an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist." CDU und CSU meinen, dass der Vorschlag aus Sicht der im EU-Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürger attraktiv und verständlich erscheinen mag, letztlich aber ungerecht sei. "EU-Bürgerinnen und Bürger wären dann in der Regel doppelt wahlberechtigt - in ihrem Heimatland und in ihrem Wohnsitzland. Das wäre weder verständlich noch gerechtfertigt. Vielmehr wäre es eine Privilegierung derjenigen, die sich entschlossen haben, nicht mehr in dem Land, dessen Staatsbürgerschaft sie besitzen, leben zu wollen. Daher können CDU und CSU diesen Vorschlag nicht unterstützen."

Die Linke antwortet: "Die Linke will in Deutschland das Wahlrecht ändern, so dass alle seit fünf Jahren hier lebenden Menschen wählen können. Wir unterstützen grundsätzlich entsprechende Diskussionen in anderen EU-Mitgliedstaaten." Das nationale Wahlrecht sei allerdings alleinige Kompetenz der einzelnen Staaten.

Ein deutliches Ja für den Vorschlag kommt auch von den Grünen: "Wir treten dafür ein, dass UnionsbürgerInnen an ihrem ständigen Wohnsitz überall in der EU mitwählen dürfen, wenn sie seit fünf Jahren dort leben - und nicht nur für Kommunalparlamente und das Europäische Parlament, sondern auch bei regionalen und nationalen Wahlen."

Die SPD hält sich mit einer konkreten Aussage vornehm zurück: "Langfristig ist es sicherlich sinnvoll das Wahlrecht von EU-Bürgerinnen und Bürgern, die im Ausland leben, weiter zu stärken. Als kurzfristiges Ziel setzen wir uns insbesondere dafür ein, dass die bestehenden Möglichkeiten, bei Kommunal- und Europawahlen teilzunehmen, noch besser ausgenutzt werden."

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Anders als in Barcelona gibt es auf Mallorca keine offiziell von der Bundesrepublik unterstützte deutsche Auslandsschule. Wie steht Ihre Partei grundsätzlich zu deutschen Schulen im Ausland und sind Sie der Meinung, dass eine solche Einrichtung auf Mallorca fehlt?

Die SPD geht bei ihrer Antwort nicht auf die Gegebenheiten auf Mallorca ein, betont aber: "Die Aufnahme neuer Schulen in das Auslandsschulnetzwerk kann in der Regel erst erfolgen, wenn die Schulen mindestens fünf Jahre Aufbauphase in Eigenregie erfolgreich abgeschlossen haben und ein nachhaltiger Schulbetrieb gewährleistet ist." Für die Gründung einer deutschen Auslandsschule werde keine Förderung gewährt.

Die Unionsparteien "bringen der Arbeit der deutschen Schulen im Ausland hohe Wertschätzung entgegen". Die Entscheidung, einen Antrag auf Anerkennung als "Deutsche Auslandsschule" zu stellen liege aber "allein bei möglichen Schulträgern und Unterstützern auf Mallorca".

Für die FDP seien deutsche Auslandsschulen "ein wichtiges Instrument der auswärtigen Kulturpolitik". Deshalb stehe man einer Debatte über weitere deutsche Auslandsschulen offen gegenüber.

Aus Sicht der Linken "wäre es nicht abwegig, die Gründung einer deutschen Schule in Angriff zu nehmen". "Wir würden das gut finden. Der Impuls dazu müsste allerdings von einem Schulverein ausgehen, der eine solche Schule gründen möchte." Genauso sehen es die Grünen: "Auch auf Mallorca sollte es eine deutsche Auslandsschule geben, wenn sich dort ein entsprechender Schulverein bildet." Hintergrund für diese Aussage: "Wir wollen die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik deutlich stärken. Dazu gehören auch die über das Auswärtige Amt geförderten deutschen Auslandsschulen. Sie sind Brücken in die Welt - sprachlich, kulturell und wirtschaftlich."

Auf Mallorca sehen immer mehr Menschen den Massentourismus kritisch. Man stöhnt, die Insel sei zu voll. Nun findet man das Problem der "Massifizierung" nicht nur auf Mallorca, auch andere schöne Orte sind zunehmend betroffen. Hat Ihre Partei eine Idee, wie man dieses Problems Herr werden kann?

"Die Politik vor Ort kann gemeinsam mit der Tourismuswirtschaft, wo nötig, eine Begrenzung der Kapazitäten festlegen. Dies muss auch entsprechend überwacht werden", meinen CDU und CSU. Die FDP empfiehlt "eine differenzierte Debatte über die Probleme, die mit dem Tourismus verbunden sind. Gelöst werden können sie nur vor Ort".

Die SPD betont, dass man in einem Bundestagswahlkampf nicht anderen Ländern Vorschläge machen könne. "Grundsätzlich treten wir jedoch für einen nachhaltigen Tourismus ein, der die Bevölkerung vor Ort vor den schädlichen Auswirkungen des Tourismus schützt, an den positiven Effekten des Tourismus teilhaben lässt und nicht zu Verdrängungswirkungen führt."

Für die Linke ist die Sache klar: "Massentourismus ist immer ein Ausdruck sozialer Ungleichheit: Nur wer Geld hat, kann sich Exklusivität leisten. Die Linke will einen Tourismus auf Augenhöhe, der zu einer gerechten Ressourcenverteilung in den Reiseländern beiträgt, damit die regionale Kultur und Natur erhalten bleiben."

"Auch uns ist der Massentourismus ein Dorn im Auge", meinen die Grünen. "Ressourcen vor Ort werden übernutzt und durch den massiven Zubau von Hotels und anderer touristischer Infrastruktur wird die heimische Bevölkerung verdrängt und Wohnraum erheblich teurer." Man setze auf nachhaltigen und sanften Tourismus. "In der kommenden Wahlperiode wollen wir darauf hinwirken, dass Plattformen wie Airbnb in geregelte Bahnen gelenkt werden, damit fairer Wettbewerb gegeben ist, ohne dass die Menschen vor Ort unangemessen benachteiligt werden. Einheimische müssen auch an touristischen Orten gut leben können."

Viele Mallorquiner haben die Nase voll vom Partytourismus, von Deutschen, die nur auf die Insel kommen, um sich zum Beispiel hemmungslos am Ballermann zu betrinken. Palmas neuer Bürgermeister will mit Hilfe deutscher Behörden gegen den Sauftourismus ankämpfen. Ein erstes Treffen mit der deutschen Konsulin gab es bereits. Haben Sie eine Idee, ob und wie der deutsche Staat etwas zu der Lösung dieses Problems beitragen kann?

Auch in dieser Frage ist für die Linke die soziale Komponente ein wichtiger Aspekt. Der aktuelle Ärger vieler Einheimischer über die sogenannten Sauftouristen auf Mallorca sei "ein Ausdruck von Verteilungskonflikten". "Die Insel ist von sozialer Verdrängung betroffen. Ferienwohnungen treiben die Mieten für Mallorquinerinnen und Mallorquiner in die Höhe, Müllberge häufen sich, die Gewalt nimmt zu. Hier muss die Tourismuswirtschaft für ein ausgeglichenes Miteinander zwischen Urlauberinnen und Urlaubern und den Einheimischen sorgen und statt Billigreisen um jeden Preis besser auf einen Teil der Gewinne verzichten und Qualitätsreisen anbieten."

Die anderen Parteien setzen im Wesentlichen auf Ordnungsmaßnahmen vor Ort, aber auch auf Zusammenarbeit mit deutschen Staatsorganen. Die SPD meint: "Natürlich ist verständlich, dass viele Mallorquiner unter dem Partytourismus leiden." Ein Austausch zwischen deutschen und spanischen Behörden über Möglichkeiten, wie es zu konkreten Verbesserungen kommen könne, sei sinnvoll.

CDU und CSU sagen: "Dieses Problem beschränkt sich nur auf eine relativ kleine Gruppe der Touristen und auf wenige Orte. Hier muss die Politik vor Ort auf die Einhaltung der Regeln setzen und die Ordnungsbehörden sind aufgerufen, konsequent Verstöße zu ahnden." Die Grünen verurteilen den Sauftourismus und betonen: "Wir unterstützen einen intensiven Austausch zwischen spanischen und deutschen Behörden, um dieses Problem mit Hilfe des spanischen Ordnungsrechts in den Griff zu bekommen." Etwas allgemeiner fällt das FDP-Statement aus: "Die Freien Demokraten sehen den deutschen Staat in dieser Frage in unterstützender Funktion."