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Manchmal bringt das Leben Menschen auf die Insel, die Mallorca noch außergewöhnlicher machen. Einer von ihnen ist Anabela Molanes Araujo, 38. Halb Spanierin, halb Argentinierin. In Lateinamerika ist die zierliche Frau von gerade einmal 1,58 Meter bereits eine große Berühmtheit als Hundetrainerin. Hunderte dieser Vierbeiner in Argentinien, aber auch in Brasilien, Schweden oder Spanien haben von ihr gelernt. Und ihre Besitzer mindestens ebenso. Anabela Molanes bildete darüber hinaus jahrelang Such- und Rettungshundeführer für die Feuerwehr und die Polizei in Buenos Aires aus, war Gastsprecherin bei Kongressen, teilte ihr Wissen in Seminaren mit angehenden Hundetrainern. Seit fünf Monaten ist Anabela auf Mallorca, hier wurde sie schnell zum Geheimtipp.

Mit dem Portal PerrosXpert trainiert sie derzeit 25 Hunde auf der Insel, dazu per Videoschalte Klienten auf der ganzen Welt. Miriam, 53, eine ihrer Kundinnen, sagt: „Anabela versteht die Hunde, als würde sie ihre Sprache sprechen – und die Hunde scheinen ihr von der ersten Sekunde an blind zu vertrauen.”

Heute arbeitet Molanes als erfolgreiche Hundetrainerin.
Heute arbeitet Molanes als erfolgreiche Hundetrainerin.

Wie kann das angehen? Das ist eine besondere Geschichte. Und um diese zu verstehen, müssen wir einmal in den Rückspiegel des Lebens blicken. Denn häufig, oder vielleicht sogar immer, sind es die kleinen Momente, die unsere Lebensweichen stellen …

Anabela ist 13 Jahre alt. Schule, Ballett, Freunde. Das Übliche. Sie hat bereits ihren zweiten Hund. „Snoopy”, ein Border Collie. Sie sind ein Herz und eine Seele. Manchmal schleicht sich „Snoopy” aus dem Haus und wartet vor ihrer Schule auf sie. Dazu muss man wissen, dass er auf dem Weg dahin mehrere Straßen überqueren muss ...

Eine Freundschaft auf sechs Beinen. In ihrem Zimmer hängen keine Fotos von Britney Spears oder den Backstreet Boys, sondern ein Poster mit den bekanntesten Hunderassen.

Anabela Molanes’ Ballettlehrer macht ihre Eltern eines Tages auf geschwollene Lymphknoten aufmerksam. Ein Arzt beruhigt. Die Hormone. Die Pubertät. Alles ganz normal.

„Snoopy” ist schlauer. Nein, nicht schlauer. Aber er vertraut einfach seinem Gefühl. Und legt sich immer und immer wieder auf den Oberkörper von Anabela. Seine Schnauze auf das obere Ende ihres Brustbeins. Dort, wo die Thymusdrüse liegt. Und beginnt zu jaulen. Ein Jaulen, das Anabela und ihre Eltern noch nie gehört hatten. Eigentlich ist es ein Weinen. Immer und immer wieder.

Ihre Eltern suchen einen anderen Arzt auf. Das Ergebnis eines Ganzkörper-CTs ist ein Alptraum, der real ist: Anabela hat Krebs, ausgehend von der Thymusdrüse, und in ihrem Fall mit Metastasen im ganzen Körper. Lebenserwartung: Vier Monate, vielleicht ein halbes Jahr. Wenn es denn gut geht.

Als Anabela nach einem Zusammenbruch von einer Ambulanz abgeholt wird, schleicht sich „Snoopy” aus dem Haus. Er wartet nicht vor dem Rettungswagen, sondern an der nächsten Straßenecke. Er will ja nicht ertappt werden. Als der Rettungswagen vorbeifährt, beginnt er zu rennen. Wie noch nie in seinem Leben. Immer dem Rettungswagen hinterher … bis er nicht mehr kann.

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„,Snoopy’ hat meine Lebensweichen gestellt. Ich wusste schlagartig, was für eine unglaubliche Empathie Hunde besitzen. Und dass nicht nur wir Menschen kommunizieren, sondern Hunde auch mit uns. Auf eine sehr, sehr intensive Art und Weise”, sagt Anabela Molanes im Gespräch mit MM. Genau dieses Verständnis will sie auch ihren Kunden vermitteln. Dazu ließ sie sich von den besten Hundetrainern der Welt ausbilden. Molanes: „Auch bei schwierigen Verhaltensweisen von Hunden kann man mit diesem Verständnis herausfinden, was die Ursache dafür ist, und entsprechend reagieren.”

Und weil jeder Hund wie jeder Mensch einzigartig ist, gibt es kein Standard-Training. Die Kennerin bewertet jeden Hund individuell, versucht, das Tier zu verstehen und auf seine Bedürfnisse einzugehen. Denn nur so lassen sich auch die Bedürfnisse der Besitzer erfüllen. Wobei die Trainerin das Wort Besitzer gar nicht mag. Vielleicht, weil man einen Hund nicht besitzen kann wie etwa ein Auto. Aber man kann sein Herz erobern …

So ganz nebenbei vermittelt Anabela Molanes auch ihren Kundinnen und Kunden, was diese von ihren Hunden lernen können. Und das ist eine Menge. Eigentlich Grundtugenden, die uns in diesen Zeiten bei anderen Menschen so oft fehlen: Etwa, den Moment zu leben. Glaubwürdig zu sein. Ehrlich. Beständig. Verzeihen zu können. Und auf eine unglaubliche Art und Weise die Bedürfnisse des anderen zu (er-)spüren.

Um diese Geschichte zu Ende zu erzählen, sei noch berichtet: Anabela Molanes kämpfte fünf Jahre gegen den Krebs. Und sie gewann.

Ein Jahr lang durfte ihr niemand näher als 1,5 Meter kommen, um ihr Null-Immunsystem nicht zum endgültigen Zusammenbruch zu führen. Nur zur Erinnerung: Das Mädchen war damals gerade 13 Jahre alt.

Niemand also – bis auf ein Lebewesen: „Snoopy”, ihr Hund. „Meine Mutter brachte es nicht übers Herz, mir auch noch den Kontakt zu ihm zu verbieten. Also badete sie ,Snoopy’ jedes Mal, bevor ich für ein paar Tage aus dem Krankenhaus nach Hause durfte, und ließ ihn für kurze Zeit zu mir, obwohl die Ärzte es strengstens verboten hatten”, erinnert sich Molanes.

Neben dem Hundetraining auf Mallorca wird sich die junge Frau auch auf die Ausbildung von Welpen konzentrieren. Und sie plant Schulungen für Menschen, die ebenfalls gerne mit Hunden arbeiten möchten.

Und „Snoopy”? Er wurde 
17 Jahre alt. Ein Methusalem. Vermutlich wollte der Hund nur ganz sichergehen, dass es seinem Frauchen auch wirklich gut geht. Und er nicht länger auf sie aufpassen muss …

Der Autor war langjähriger Chefredakteur von Publikums-zeitschriften. Er arbeitet heute als Buchautor und Kommunikationsberater. Der 58-Jährige lebt in Hamburg und Palma