Die ehemalige balearische Regierungschefin Francina Armengol am Montag vor dem Untersuchungsausschuss in Madrid. | Mariscal

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Im Fall des mutmaßlichen Maskenskandals hat die ehemalige balearische Regierungschefin Francina Armengol (Sozialdemokraten PSOE) am Montagabend vor dem Untersuchungsausschuss des spanischen Unterhauses erscheinen müssen. In diesem soll politisch aufgearbeitet werden, ob und inwieweit beim Kauf von Sanitätsmaterial während der Corona-Epidemie bei manchen Deals Korruption im Spiel war. Im Visier der Ermittler befinden sich ganze Regionen, wie beispielsweise die Balearen, einzelne Provinzen und eine Vielzahl von Politikern und deren Berater. Weil einer dieser Berater, namentlich Koldo García, dem damaligen Verkehrsminister José Luis Ábalos (Sozialdemokraten PSOE) nahestand, ist der mutmaßliche Maskenskandal weithin als "Caso Koldo" bekannt.

Armengol, die inzwischen Vorsitzende des Parlaments in Madrid ist, wies jegliche Verantwortung für den Kauf von 1,5 Millionen Masken im April 2020 von sich. Für diese, so die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora", zahlten die Landesregierung damals 3,7 Millionen Euro. Deutlich zuviel, wie sich vor wenigen Monaten herausstellte, weil es sich nicht um hochwertige FFP2-Masken, sondern nur um herkömmliche Billigmasken handelte. Auf die Frage, ob sie mit García jemals über den Kauf von Masken gesprochen habe, sagte Armengol am Montagabend: "Es ist durchaus möglich, dass ich mit ihm (García, Anm. d. Red.) damals Kontakt hatte, aber auf keinen Fall sprachen wir über ein bestimmtes Unternehmen, um diesen Kauf abzuwickeln."

Nach Ansicht von Armengol handelt es sich bei der Berichterstattung über den Erwerb besagter Masken über "konstruierte Falschmeldungen". Es sei dabei der Eindruck entstanden, die 1,5 Millionen Masken erfüllten keinerlei Zweck. Dies sei falsch, denn die Masken hätten die Bevölkerung wirksam schützen können. "Und genau das war unser Ziel", sagte Armengol. Warum ein unangemessen hoher Preis dafür bezahlt wurde, sagte Armengol nicht. Als Ministerpräsidentin sei sie täglich in eine Vielzahl von Entscheidungen eingebunden gewesen, "aber nicht in die vertraglichen Details von allen Käufen".

Ähnlich hatte sich kurz zuvor Armengols ehemaliger Arbeits- und Tourismusminister Iago Negueruela (Sozialdemokraten PSOE) vor dem Untersuchungsausschuss geäußert. Lange Zeit hätten er und seinen ehemaligen Kabinettskollegen nicht einmal gewusst, dass der Erwerb der 1,5 Millionen Masken Gegenstand polizeilicher Ermittlungen war. Wie schon seine ehemalige Chefin sagte Negueruela aus, die Masken seien für den Einsatz "außerhalb von Krankenhäusern und Gesundheitszentren" bestimmt gewesen.

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Den Auftakt vor dem Untersuchungsausschuss machte am Montag der damalige Generaldirektor des balearischen Gesundheitsdienstes IB-Salut, Manuel Palomino. Dieser gab zwar zu, im Vorfeld des Maskendeals in Kontakt zu García getreten zu sein. Dieser habe aber lediglich den Kontakt zu einem Zwischenhändler hergestellt.

Hintergrund der Ermittlungen: Ende Februar war bekannt geworden, dass es zu Beginn der Corona-Pandemie beim Kauf von Gesundheitsmaterial in mehreren spanischen Regionen, darunter auf den Balearen, offenbar nicht mit rechten Dingen zuging. So bestellte das balearische Gesundheitsministerium im April 2020 1,5 Millionen hochwertiger FFP2-Masken zum Preis von 3,7 Millionen Euro. Einstimmigen Medienberichten zufolge schickte das verantwortliche Unternehmen aber lediglich minderwertige Masken. Anstatt an das Personal in Krankenhäusern und Gesundheitszentren ausgeliefert zu werden, landeten die Billigmasken daraufhin in Lagern des Landesministeriums.

Im Rahmen der Untersuchungen dreht sich nun vieles um laut gewordene Korruptionsvorwürfe. Denn sämtliche Deals wurden seinerzeit über ein Unternehmen abgewickelt, dem ein Vertrauter des damaligen Verkehrsministers Ábalos (PSOE) nahestand: Koldo García. Die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft stellte bereits eine "bemerkenswerte Zunahme" des Vermögens von García fest. Der ehemalige Türsteher und Fahrer des Verkehrsministers soll sich zuletzt für mehr als 1,5 Millionen Euro mehrere Wohnungen im Badeort Benidorm gekauft haben. Insgesamt soll es um Provisionen von insgesamt bis zu 15 Millionen Euro gehen.

Darüber hinaus soll im Untersuchungsausschuss geklärt werden, inwieweit die balearische Landesregierung angemessen auf die fehlerhafte Maskenlieferung reagiert habe. "Ultima Hora" zufolge ließ die Gesundheitsbehörde Ib-Salut dem Verkäufer der Masken formell erst im Frühjahr 2023 eine Schadensersatzforderung zukommen. Auf diesem Wege wollte es 2,6 Millionen Euro zurückerstattet bekommen. Juristisch nicht geklärt scheint bislang, ob die gesetzliche Einspruchsfrist nicht längst abgelaufen ist.