So sauber wie in den vergangenen Tagen war es in Palma schon lange nicht mehr. Das hatte jedoch weniger mit den Anstrengungen der Stadtwerke-Mitarbeiter zu tun, als vielmehr mit dem Wetter auf Mallorca: Die ersten kräftigen Regenfälle seit Monaten hatten die Straßen der Inselhauptstadt über Nacht geradezu blank gewaschen. „Ja, der Regen hilft uns”, räumt auch Llorenç Bauzá ein, Stadtwerke-Präsident und Umweltdezernent Palmas. „So wird die Stadt ganz automatisch gereinigt.”
Verlassen aber kann man sich darauf nicht – zu selten sind solche reinigenden Wolkenbrüche auf der Insel. Also verfügen Palmas Stadtwerke Emaya über ein ganzes Heer an Mitarbeitern, die Tag für Tag in zwei Schichten auf den Straßen der Stadt unterwegs sind, mit Kehrwagen, Besen oder Hochdruckreiniger. 800 der insgesamt 1500 Angestellten des Unternehmens sind im Bereich Sauberkeit tätig, die Müllabfuhr eingeschlossen.
Dennoch ist das Ergebnis ernüchternd. Viele Bewohner scheinen einen eher schlechten Eindruck von der Sauberkeit in Palma zu haben. Erst kürzlich wandte sich ein deutscher Leser ans Mallorca Magazin, um die Zustände in der Altstadt zu beklagen. „Seit die neue Regierung das Ruder übernommen hat, wird es immer dreckiger und ungepflegter in den Gassen”, so der Anwohner. Es werde nicht mehr täglich gefegt wie vorher, die Gassen seien in einem schlechten Zustand. „Schade um die schöne Altstadt.”
Eine Einzelmeinung scheint das nicht zu sein. Als die Verbraucherschutzorganisation OCU im April Bürger in 69 großen Städten des Landes zur Sauberkeit befragte, schnitt Palma noch schlechter ab als vier Jahre zuvor und landete auf dem letzten Platz. Und das, obwohl die jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für die Stadtreinigung hier der Untersuchung zufolge mit 75 Euro überdurchschnittlich hoch sind.
Auch beim Anwohnerverband sieht man die Situation eher kritisch. „Ich kann nicht leugnen, dass vonseiten der Stadt durchaus Anstrengungen unternommen werden, um die Sauberkeit zu verbessern”, sagt dessen Vorsitzende Maribel Alcázar. „Das war aber auch schon vor dem Regierungswechsel so.” Sie sieht in Palma ein Problem struktureller Art: Da sich die Zahl der Personen, die sich zeitgleich in der Stadt aufhalten, in manchen Monaten des Jahres aufgrund des Tourismus verdreifache und sich die Stadtreinigung dann besonders auf die touristischen Gegenden konzentriere, sei es kein Wunder, wenn man das dann in den anderen Stadtvierteln merke.
„Es kann schon sein, dass in der Stadt jetzt, im Winter, Verbesserungen wahrzunehmen sind”, sagt Alcázar. „Sobald die Hochsaison beginnt, wird der Mangel aber wieder sichtbar werden.” Eine einfache Lösung sei nicht in Sicht. Mit einer Neuordnung der Ressourcen sei es jedenfalls nicht getan. Das Problem liege tiefer. Es führe kein Weg daran vorbei, die Zahl der Touristen in der Stadt zu „redimensionieren”, sagt Alcázar. Denn immer mehr Geld in die Stadtreinigung zu investieren sei auch nicht möglich. Die Kosten dafür müssten dann ja die Bürger zahlen. „Palma ist aber ohnehin schon eine teure Stadt zum Leben.”
Eine Lösung zu finden ist nun die Aufgabe des neuen Bürgermeisters Jaime Martínez, der mit dem Versprechen angetreten ist, unter anderem die Sauberkeit Palmas zu verbessern. Schon im Wahlkampf hatte der konservative Kandidat mit diesem Thema zu punkten versucht. Wohl wissend, dass viele Bürger unzufrieden sind mit dem Zustand der Stadt. Im August dann präsentierte er seine konkreten Pläne.
„Es ist nicht zu übersehen, dass die Stadt nicht in optimalem Zustand ist, was die Sauberkeit angeht”, sagt Emaya-Präsident Llorenç Bauzá. „Leider ist Palma eine Stadt, die aufgehört hat zu strahlen.” Er setzt darauf, die Investitionen in die Ressourcen zu erhöhen. So wurden seit dem Regierungswechsel 50 neue Mitarbeiter eingestellt, die allesamt im Bereich Straßenreinigung eingesetzt seien. Außerdem überwachen 13 Kontrolleure die Einhaltung der Vorschriften. Die Zahl der verhängten Geldstrafen sei in den ersten sechs Monaten der Legislaturperiode um 30 Prozent gestiegen. „Man hat lange Zeit einfach weggesehen”, sagt Bauzá. „Die Leute haben sich daran gewöhnt, dass ihnen ohnehin nichts passiert.”
Ein großes Problem seien nach wie vor die vielen Graffiti. Hier habe in der Vergangenheit die Polizeipräsenz gefehlt, um die Täter abzuschrecken, und obendrein seien die Schmierereien zu lange an Ort und Stelle belassen worden. So locke man nur immer weitere Sprayer an. Das sei nun anders. In sechs Monaten habe man fast 2500 Graffiti entfernt, sagt Bauzá. Das entspreche der Bilanz eines ganzen Jahres in der vergangenen Legislaturperiode. „Wir wollen eine Stadt, die attraktiv ist für Einwohner und Besucher.”
Bauzá, ein 28-jähriger Grundschullehrer, ist der Sohn einer Niederländerin und kennt daher nicht nur die Verhältnisse auf Mallorca. „In anderen Ländern gibt es so etwas wie eine Liebe zum Gemeinwesen”, sagt er. „Etwas, was hier nicht vorhanden ist.” Es mangele an Bewusstsein und an der Bereitschaft, die Umwelt zu schützen. „Das unzivilisierte Verhalten der Leute spielt eine Schlüsselrolle bei der Sauberkeit der Stadt.” Deshalb seien auch weiterhin Sensibilisierungskampagnen nötig.
Bauzá will aber künftig auch die Ressourcen anders verteilen. In den vergangenen Legislaturperioden hatten die Linksparteien vor allem die Nutzung erneuerbarer Energien forciert und die Stromproduktion zu einem wesentlichen Betätigungsfeld der Stadtwerke gemacht. Im Mai meldete die Stadt, dass Emaya mittlerweile 77 Prozent des Energiebedarfs aller städtischen Einrichtungen decke. „Die Zukunft muss natürlich grün sein”, sagt Bauzá. „Aber das geht nur mit Köpfchen.” Zuletzt seien große Teile des jährlichen Etats in diesen Bereich geflossen. Die eigentlichen Aufgaben der Stadtwerke habe man vernachlässigt. „Unser Kerngeschäft sind nun einmal Straßenreinigung und Müllabfuhr.” In diese Bereiche soll nun wieder mehr Geld fließen. Der Etat der Stadtwerke für 2024 liege um mehr als 27 Millionen über dem des laufenden Jahres, so Bauzá.
Viel zu niedrig seien die Investitionen zuletzt etwa bei Instandhaltung und Neuanschaffungen gewesen. So seien zahlreiche Maschinen überhaupt nicht zu benutzen, weil sie repariert werden müssten. Bis zum Jahr 2029 seien jetzt 4,7 Millionen Euro für die Erneuerung von Geräten und Fahrzeugen eingeplant. Ein zusätzliches Problem sei, dass in diesem Bereich vom Auftrag bis zur Auslieferung häufig ein ganzes Jahr vergehe.
Neuerungen wird es demnächst auch in Sachen Sperrmüllabholung geben, wie Bauzá sagt. Das derzeitige System habe sich als nicht praktikabel erwiesen. Dieses sieht vor, dass die Bürger ihren Sperrmüll je nach Stadtviertel an einem bestimmten Wochentag an die Straße stellen. Nachts kommen dann die Emaya-Mitarbeiter und sammeln alles ein. Nur 40 Prozent der Bürger jedoch hielten sich an den vorgegebenen Tag, sodass immer wieder Sperrmüllhaufen tagelang herumstanden.
Kernstück des angekündigten Großreinemachens in Palma aber ist der Aktionsplan „Pla de Xoc”. Dieser sieht umfangreiche Säuberungs- und Ausbesserungsarbeiten in allen Stadtvierteln vor, die indessen nach und nach abgearbeitet werden. Dabei arbeiten die Stadtwerke mit anderen Bereichen der Stadtverwaltung zusammen, wie etwa dem Gesundheitsdezernat in Sachen Schädlingsbekämpfung und dem Infrastrukturdezernat in Sachen Ausbesserung von Gehsteigen. Zu einer Reduzierung der Straßenreinigung in anderen Vierteln führe der Aktionsplan jedoch nicht, betont Bauzá. Man habe sogar eigens jetzt im Winter die Belegschaft auf ihre volle Stärke aufgestockt. Normalerweise nämlich sind in den Wintermonaten längst nicht alle Mitarbeiter im Einsatz.
Und dann ist da ja auch noch der Regen. Zumindest hin und wieder dürfte es in den nächsten Wochen dann doch Niederschläge geben – eine willkommene Hilfe im Kampf gegen Schmutz und Gestank.
3 Kommentare
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Jetzt bleibt mal ganz ruhig und schaut Euch das Foto mal genau an. - Fällt Euch denn nicht auf, WAS da das Problem ist? Fakt = ich sehe überall das gleiche Problem, nicht nur zu kleine, zu wenige Abfallbehäter und vor allem Container, besonders die mangelhafte Leerung. >> Mit Fielmann wäre das nicht passiert ! <<<- Eine Campagne ist also in erster Linie der Kommune geschuldet und nicht den Bürgern. Denn Kommunen sind Dienstleister und das haben manche vergessen, die noch immer im Obrigkeitsdenken schlafen. Ob da erst eine Tritt in den ...................... hilft?? - Na ich weiß nicht?
„Das unzivilisierte Verhalten der Leute spielt eine Schlüsselrolle bei der Sauberkeit der Stadt.” In der Tat. Es mangelt an Bewusstsein und an der Bereitschaft, die Umwelt schonend zu behandeln und eine Achtung und Respekt gegenüber dem städtischen und ländlichen Raum, also dem öffentlichen Raum und der Mitwelt entgegen zu bringen. ,,Deshalb seien auch weiterhin Sensibilisierungskampagnen nötig." Das ist sicherlich richtig und vernünftig, aber leider gibt es einen Teil der Bevölkerung, bei dem solche Kampagnen vergebens sind. Was die Touristen betrifft, ist eigentlich schon davon auszugehen, dass diese sich zumeist korrekt verhalten, aber wenn ungeleerte Anfalleimer in der Stadt überquellen, entsteht ein kleine Müllhalde in kurzer Zeit wie von selbst. In welcher Art von Stadtteil man sich befindet, erkennt man oft am Umfeld der Müllbehälter einige Tage nach der Leerung. Mein Respekt gilt den vielen Mitarbeitern der Stadtreinigung und Abfall- und Müllentsorgung, die unermüdlich mit großen LKWs und Wägelchen, mit Besen und Luftpuster die Stadt ansehlich halten.
"Stadtwerke-Präsident und Umweltdezernent Palmas. „So wird die Stadt ganz automatisch gereinigt.”" Welch blödsinnige Aussage eine sog. Umweltreferenten. Wo landet denn der ganze Müll? Führt Strafen ein wie in manch Asiatischem Land, und das Problem ist binnen Jahresfrist keines mehr.