Die aus Graz stammende Hannelore Martín verwaltet das architektonische Erbe ihres Mannes, das Castillo Monumento Colomares in Benalmádena. In der vergangenen Woche reiste sie nach Mallorca. | Patrica Lozano

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Jeden Tag, wenn Hannelore Martín nach dem Aufstehen aus dem Fenster ihres Hauses guckt, sieht sie das monumentale Vermächtnis ihres verstorbenen Gatten. Denn dort in unmittelbarer Nähe, im Dorf Benalmádena an der Costa del Sol, nur 20 Kilometer von Málaga entfernt, errichtete Esteban Martín y Martín, ein Arzt und Architekt, das Kastell von Colomares, das mittlerweile bis zu 20.000 Besucher im Jahr anlockt. Bei dem Bauwerk handelt sich, wie die aus Österreich stammende Hannelore Martín sagt, um ein "Geschichtsbuch in Stein".

Hier kann man die Geschichte von Christoph Kolumbus wie in einem
Buch lesen: Das Castillo Monumento Colomares in Benalmádena.

Denn Colomares, das 1987 bis 1994 mühselig mit nur zwei Arbeitern unter der Anleitung Esteban Martíns errichtet wurde, ist mit seinen verschiedenen Baustilen ein Denkmal für das spanische Erbe der Seefahrt. Seit dem Tod des Bauherren im Jahre 2001 wird das Schloss von seiner Frau und dem 42-jährigen Sohn des Paares, Carlos, einem Historiker, weitergeführt. "Die Instandhaltung des Monuments ist sehr aufwendig und kostet viel Geld", erklärt Hannelore Martín, die früher als Fremdsprachenkorrespondentin für eine deutsche Bank arbeitete. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit reiste sie sehr viel, lebte jeweils sieben Jahre in Wien und Frankfurt. Bei einem Auslandsaufenthalt in den Vereinigten Staaten lernte sie 1979 ihren späteren Mann in New York kennen. Esteban Martín, 1926 bei Barcelona geboren, arbeitete lange Zeit in Chicago als Kinderarzt und Gynäkologe. 1980 zog das frischverheiratete Paar zurück nach Spanien.

Wie seine ursprünglich aus Graz stammende Witwe sagt, sei ihrem Gatten 1986 ein spanisches Buch des Mallorquiners Gabriel Verd Martorell in die Hände gefallen. Unter dem Titel "Christoph Kolumbus und die Enthüllung des Rätsels" argumentiert Verd, dass der Seefahrer, der 1492 Amerika entdeckte, kein Italiener war, sondern eine mallorquinische Herkunft hat. Diese Theorie faszinierte Esteban Martín. Der Mediziner, der von der Hypothese überzeugt war, dass Kolumbus nicht aus Genua stammte, sondern von der Baleareninsel, wollte dem Seefahrer ein Denkmal setzen. So ist die Burg von Colomares Martíns ganz eigener Ausdruck, sich mit der Theorie um die Herkunft des berühmten Entdeckers auseinanderzusetzen. Allein die Wahl des Namens für das monumentale Bauwerk deutet auf den vermeintlich balearischen Ursprung des Seefahrers hin. Denn bei "Colomares" handelt es sich um ein Wortspiel, und der Name verweist auf die mallorquinische Schreibweise von Kolumbus, "Colom", und die Meere, "mares" . "Mein Mann war Spanier und trug einen Nationalstolz in sich. Ihn verletzte diese scheinbare Ungerechtigkeit, dass am Columbus Day in den USA von Kolumbus immer nur als Italiener die Rede war", erinnert sich Hannelore Martín zurück.

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Der Bauherr Martín investierte sein gesamtes Vermögen in das Monument, das genau 500 Jahre nach der Entdeckung Amerikas eröffnet wurde. In 16 Szenen erzählt es die Geschichte von Christoph Kolumbus. Das Gebäude ist eine Mischung aus verschiedenen Baustilen der romanischen, byzantinischen, maurischen und gotischen Epoche, wobei Materialien wie Ziegel, Beton, Holz und Naturstein zum Einsatz kamen. Dabei werden die Herkunft des berühmten Seefahrers, die Abfahrt mit den drei Karavellen und die Hochzeit der Katholischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón dargestellt. Zudem enthält das Schloss im Inneren ein leeres Mausoleum, das darstellen soll, dass der Amerika-Entdecker nach seiner vierten Reise in die Ewigkeit einging. Und da innerhalb der Burg die kleinste Kapelle der Welt untergebracht ist, die 1,96 Quadratmeter misst und der Heiligen Elisabeth von Ungarn geweiht wurde, schaffte es das Castillo Monumento Colomares sogar ins Guinness-Buch der Rekorde.

Aufgrund der Studien und des architektonischen Erbes ihres Gatten beschäftigte sich auch Hannelore Martín intensiv mit den Theorien um die Herkunft von Christoph Kolumbus. Das führte unter anderem dazu, dass die Österreicherin Bekanntschaft mit Gabriel Verd Martorell machte, dessen Büchern es schließlich zu verdanken ist, dass Esteban Martín sein Castillo de Colomares errichtete. Vergangene Woche traf die Witwe sich mit dem Forscher, der auch Präsident des Vereins "Asociación cultural Cristóbal Colón" ist, auf Mallorca. Für Gabriel Verd, der sich seit beinah 50 Jahren unermüdlich mit dem Thema Kolumbus befasst, steht fest, dass der Entdecker der Neuen Welt zweifellos ein Mallorquiner war und aus Felanitx stammte. Die umtriebigen Bestrebungen des Heimatforschers führten sogar dazu, dass im Jahr 2003 der Sarkophag von Kolumbus in der Kathedrale von Sevilla für eine DNA-Probe geöffnet wurde. Im Jahre 2006 wurden die dort gefundenen Knochenreste eindeutig Kolumbus zugeschrieben. Verd zufolge gibt es jedoch noch weitere überzeugende Beweise: Dem Verfechter des "mallorquinischen Kolumbus" zufolge hätte der Seefahrer niemals italienisch gesprochen. Denn die meisten seiner Briefe habe der Abenteurer nicht in seiner vermeintlichen Muttersprache, sondern in Kastilisch, also Spanisch, geschrieben. Darüber hinaus hätte Kolumbus eine adelige Abstammung gehabt, argumentiert Verd. Denn das sei letztendlich der Grund gewesen, warum ihm die Katholischen Könige die Titel Großadmiral, Vizekönig der Neuen Welt und Generalgouverneur verliehen hätten.

Gabriel Verd Martorel (l.) und Hannelore Martín (r.) bei ihrem Treffen in Palma.
Gabriel Verd Martorel (l.) und Hannelore Martín (r.) bei ihrem Treffen in Palma. (Foto: pl)

Um das Rätsel um die Geburtsstätte des berühmten Entdeckers zu lüften, seien jedoch noch weitere Forschungen und Analysen der Skelettreste von Kolumbus notwendig. Es geht darum, sie mit den Überresten von Nachkommen des aragonesischen Königshauses beziehungsweise des Prinzen von Viana abzugleichen.

Für Hannelore Martín ist vieles noch ein Geheimnis. So sei der Bericht des Kolumbus-Begleiters Martín Alonso Pinzón im Archiv des Vatikans weiterhin unter Verschluss. Hannelore Martín erklärt: "Letztendlich handelt es sich bei der Debatte um die Herkunft des berühmten Seefahrers um einen Streit, der ein Politikum ist. Sollte sich jedoch unsere Theorie bewahrheiten, müssten die Geschichtsbücher umgeschrieben werden."