Nein, das nicht, aber es sei ein bisschen wie bei Corona, meint Marta López vom balearischen Landwirtschaftsministerium. „Am Anfang waren wir in Panik, weil wir nicht wussten, was auf uns zukommt.” Dann habe man festgestellt, dass das Bakterium schon viel länger auf der Insel zirkuliere und bereits weit verbreitet sei. „Ausrotten ist nicht mehr möglich. Unser Ziel ist es, mit der Plage zu leben und sie weiter einzudämmen.”
Zur Erinnerung: Das Feuerbakterium wird von Insekten übertragen. Es dringt in das Xylem – also den Holzteil – von Pflanzen ein und verstopft die Poren der Leitungsbahnen, was die Zufuhr von Wasser und Nährstoffen zunehmend blockiert. Die Pflanzen werden geschwächt, trocknen aus und können absterben.
Zum Aktionsprogramm gegen die Krankheit gehört – wie bei Corona – testen. „Seit 2016 haben wir 16.500 Stichproben gemacht, von denen 1306 positiv waren”, berichtet Marta López. Bislang seien auf den Balearen 36 Wirtspflanzen der Xylella identifiziert, wobei auf Mallorca am häufigsten Mandelbäume erkrankten, danach wilde Olivenbäume und an dritter Stelle Weinreben.
Innerhalb der Gattungen bestehen Unterschiede. Bei den Weinreben etwa halten die Weißweinsorte Chardonnay sowie die beliebte Rotweintraube Mantonegro dem Bakterium wesentlich besser stand als die weiße Traube Giró Ros, die besonders anfällig ist. Das zeigt eine gerade veröffentlichte Studie der Balearen-Universität.
Infizierte Pflanzen müssen beseitigt werden. Ein wirksames Heilmittel existiert noch nicht. „Zum Glück sind die Bakterienstämme, die hier vorherrschen, nicht so aggressiv wie die in Italien”, sagt Miguel Angel Miranda von der Balearen-Universität. Der Biologe hat gerade mit einem Forschungsteam die Hauptüberträger des Erregers auf den Balearen ausgemacht. „Sie heißen Philaenus spumarius und Neophilaenus campestris, zwei weit verbreitete Insekten, typisch für den Mittelmeerraum.”
In der Landwirtschaft kommen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Vor allem aber konzentriert sich der Kampf gegen die Xylella auf die Suche nach resistenten Arten. Ein Beispiel ist die Finca Maynou in Consell. Sie wird von der Agrarkooperative Camp Mallorquí bewirtschaftet. Wer in den vergangenen Wochen vorbeigefahren ist, konnte dort ein Meer von weißen und rosafarbenen Blüten bewundern. Achttausend Mandelbäume wachsen hier. Aber die Idylle trügt. Hinter der schönen Kulisse spielt sich eine enorme Anstrengung ab, um zu überleben.
„Seit 2015 hat sich die Anbaufläche von Mandelbäumen auf Mallorca fast halbiert von 24.000 Hektar auf aktuell 12.000 Hektar”, sagt der Agraringenieur der Kooperative, Tomeu Company. Daran sei nicht nur die Xylella Schuld. Viele Bauern hätten den Mandelanbau wegen des Preisverfalls durch die Konkurrenz aus Kalifornien und Australien aufgegeben. Andere, weil sie keinen Nachfolger fänden. Das Durchschnittsalter der Landwirte auf Mallorca liege bei 52 Jahren. Hinzu komme der Klimawandel mit Hitze- und Dürreperioden sowie Wetterextremen. So habe zum Beispiel der Hagel 2020 die Mandelernte auf 500 Tonnen dezimiert, die Hälfte von 2019. „Und den letzten Stoß gibt die Xylella.”
Besonders heftig setzt das Feuerbakterium Bäumen zu, die wegen ihres Alters oder aufgrund von Wassermangel geschwächt sind. Die Strategie lautet deshalb: Erneuerung der Plantagen und Bewässerung, also Abschied vom traditionellen Trockenanbau. „Hier in Maynou haben wir 2018 vier verschiedene Sorten von Mandeln angebaut”, erklärt Toumeu Company. Alle stammen von Baumschulen auf dem Festland. Im Sommer wird sich herausstellen, ob sie noch frei von Xylella sind. Auch befallene Bäume können blühen, weil das Bakterium im Winter ruht und erst im Frühling wieder wächst, wenn der Pflanzensaft aktiviert wird und fließt.
Bei der Wasserknappheit auf Mallorca verwundern die Schläuche, die sich um die Bäume schlängeln. „Wir machen nur Defizitbewässerung”, erklärt der Agraringenieur. Sie liege weit unter dem optimalen Bedarf, aber helfe die Trockenheit zu überstehen. Kalifornische Bauern würden viermal so viel gießen. Auf die Frage, ob der Mandelanbau trotz Klimawandel und Xylella eine Zukunft auf Mallorca habe, meint er: „Ja, aber nur, wenn wir in Forschung und Entwicklung investieren.”
Anders sieht es in der freien Natur aus. Dort sind wilde Olivenbäume am häufigsten von der Xylella befallen. Die Zahl der Wirtspflanzen steigt. Letztes Jahr hat die Universität die Bakterie an zehn Pflanzen nachgewiesen, die bis dahin als frei galten, darunter Lavendel, Rosmarin, die weiße Zistrose und Macchien-Waldreben. „Je mehr wir testen, desto mehr entdecken wir”, sagt Luis Nuñez vom balearischem Umweltministerium. In der Natur sei es unmöglich, die Krankheit zu kontrollieren. Werde sie sich noch weiter ausbreiten? Wahrscheinlich. Werden alle Pflanzen und Bäume an der Xylella sterben? Ganz sicher nicht, meint der Forstwirt. Die Natur finde immer ein Gleichgewicht. „Die stärksten Pflanzen werden resistent werden und sich anpassen.”
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