Im Moment könnte er leichter eine Finanzierung bekommen, um auf dem Mond zu pflügen, als auf seinem Zwiebelacker in Vilafranca, sagt Damià Bover und lächelt spitzbübisch – aber er meint es ernst. Der 56-Jährige ist Biobauer und Erfinder. Er hat eine solarbetriebene Pflugmaschine entwickelt, die Traktoren ersetzt; umweltschonend und effizient. Auf der Öko-Finca Son Durí im Inselosten steht der Prototyp. „Utopus” heißt er und sieht ein bisschen aus wie ein Riesenkrake mit einer Solarzelle auf dem Rücken.
Weltweit erregte die Erfindung Aufmerksamkeit. Keine geringere Organisation als die US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft möchte sie in ihren Fahrzeugen zur Weltraumerforschung anwenden. Doch hier auf Mallorca stieß die Erfindung bislang weitgehend auf Gleichgültigkeit.
Die Geschichte beginnt vor gut zehn Jahren: Damià Bover, studierter Informatiker und von klein auf technikbegeistert, richtet sich in einem Geräteschuppen in Son Durí ein Versuchslabor ein. Sein Ziel: Er will eine Alternative zum Traktor kreieren. „Wir betreiben biologische Landwirtschaft, aber wir pflügen mit dem Traktor. Das passt nicht zusammen!”, sagt er. Der Grund: Traktoren fahren mit Dieselkraftstoff. Dieser kostet viel Geld und belastet die Umwelt. Außerdem seien Traktoren Energieverschwender. Zwischen 30 und 38 Prozent wird allein zum Bewegen der Reifen benötigt. „Und durch ihr hohes Gewicht verdichten sie dauerhaft den Boden, was das Pflanzenwachstum und den Ertrag beeinträchtigt.”
Auf das Pflügen könne jedoch nicht verzichtet werden, auch nicht im Bioanbau, meint Bover. Pflügen helfe, Feuchtigkeit im Erdreich zu halten und Risse zu vermeiden. Durch Risse könne die Sonne tief in die Erde eindringen, und genau dies gelte es zu vermeiden.
Der Mallorquiner experimentierte unermüdlich weiter und stellte fest: „Das Problem sind die Reifen der Traktoren. Einen starken Antrieb schaffen sie nur durch viel Gewicht.” Doch wie gelingt ein starker Antrieb ohne die wuchtigen Reifen? Da kam Bover die Idee, sie durch Zinken zu ersetzen, die sich seitlich in den Boden bohren. „Durch den Winkel entsteht ein Gegendruck in der Erde. Dieser treibt den Zinken nach unten.” Auf diesen Mechanismus basiert der „Utopus”. Statt der durchschnittlichen vier Tonnen eines Traktors wiegt die Pflugmaschine nur 120 Kilo. Sie besteht aus einem zweiteiligen Chassis. Die Zinken stehen in einem 70-Grad-Winkel zum Gerät. Sie verankern sich bei der Bewegung im Boden und erzeugen ohne Ballast eine hohe Traktion. Energie liefert eine Solarzelle. Ein Elektromotor überträgt die Kraft über Antriebsketten auf das Chassis.
Während sich Damià Bover anschickte, seine Entdeckung als Patent anzumelden, lernte er Volker Nannen kennen, einen deutschen Spezialisten für Künstliche Intelligenz, der gerade an der Balearen-Universität an autonomer Robotik forschte. „Ein gemeinsamer Freund machte uns bekannt”, erinnert sich Nannen. Er habe kaum glauben können, dass so ein System noch gar nicht existierte. Begeistert half er Bover bei der Anmeldung des Patents. Das war 2012. Danach versuchten die beiden, Entwicklungs- und Forschungsgelder für den „Utopus” zu bekommen. Vergeblich.
Frustriert begaben sie sich in die USA. „Dort war es eine andere Welt”, erinnert sich Nannen. „Wenn wir in Europa sagen: Das hat ein Landwirt entdeckt, hört keiner zu. Wenn wir das in Amerika sagen, hören sie erst recht zu.”
Ausgerechnet bei der Nasa stießen die beiden auf offene Ohren. Die Weltraumagentur habe nämlich mit einem Problem zu kämpfen, erklärt Nannen: Auf dem Mars und dem Mond sei die Gravitation viel geringer als auf der Erde, und der Boden teilweise ganz weich. „Die Nasa hat nur Roboter mit Rädern, die dort keine vernünftige Arbeit leisten können.” Anders der „Utopus”. 2016 stellten Bover und Nannen die Pflugmaschine auf einem Kongress in Detroit vor. Darauf stieg auch das Interesse in Europa. Hochrangige deutsche Forscher kamen 2017 nach Vilafranca. 2018 hielt Nannen einen Vortrag vor vollem Saal in Paris. „Aber wir brauchen Leute, die mit uns arbeiten, nicht nur kommen und schauen.”
Dennoch geht es allmählich voran: Im April kommenden Jahres werden Nannen und Bover einen Vortrag auf der „Earth and Space”-Konferenz in Colorado halten. „Da kommen alle Experten zusammen, die sich mit Fragen beschäftigen, wie auf dem Mond und dem Mars gebaut werden kann”, sagt Nannen. Um die Chancen zur Finanzierung ihres Geräts durch die Nasa stehe es mittlerweile gut.
Doch für Bover bleibt es das eigentliche Ziel, Geräte für die Landwirtschaft zu entwickeln. „Wir müssen anders mit der Erde umgehen. Die Umweltzerstörung muss aufhören”, betont er. Die Herausforderung: Seine Erfindung sei zwar gut für die Umwelt, und Landwirte könnten durch sie viel Geld sparen. Aber: Das Problem sei, dass derzeit keine Notlage herrsche. „Menschen ändern nicht gerne etwas, das funktioniert – sprich die Traktoren –, um auf etwas Neues zu setzen, das sie nicht kennen.”
Doch mit der Finanzierung und dem Fachwissen von der Nasa ließen sich auch die Maschinen für die Landwirtschaft verbessern und weiterentwickeln. Bover gibt sich unverdrossen zuversichtlich: „Dann gehen wir dazu eben den Umweg über den Mond.”
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