Offiziell heißt der Ortsteil von Calvià "Peguera". | MICHELS

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Brechend voll ist der Veranstaltungssaal des Gemeindezentrums von Peguera an diesem Freitagabend. Über 100 Personen versuchen, einen Sitzplatz zu ergattern. Zu einem Vortrag über den "Ursprung der Ortsbezeichnung Paguera" hat der örtliche Anwohnerverein eingeladen. Seit Monaten erhitzt die Gemüter an der Südwestküste die Frage, ob Paguera oder Peguera der korrekte Name des Ortes ist. "Wir fordern die offizielle Anerkennung der Schreibweise Paguera", sagt die Vereinsvorsitzende Juana Maria Mas.

Offiziell heißt der Küstenort seit 1988 Peguera. Das davor übliche Paguera wird aber weiterhin benutzt. Bei vielen Vereinen, Verbänden, Firmen und Events findet man den Ortsnamen mit dem "a" im Logo. Auch viele Anwohner und Residenten bevorzugen Paguera. "Sie werden hier niemand finden, der Peguera sagt", meint Juana Maria Mas. Lange Zeit gab es kein Problem. Beide Namen existierten friedlich nebeneinander. Doch nun pocht die linke Gemeinderegierung darauf, die 1988 festgeschriebene Schreibweise Peguera anzuwenden. Dabei beruft sie sich auf einen Bericht von Sprachwissenschaftlern der Balearenuniversität von damals. Demnach ist Peguera korrekt. Es stamme von "pega" ab, einem Klebstoff, der aus Kiefernharz gewonnen und nach Südfrankreich exportiert worden sei.

Die Gemeinde habe gedroht, Vereine bekämen keine Zuschüsse mehr, wenn sie im Vereinsregister nicht Peguera schrieben, sagt Cristina de León, die Vorsitzende des Frauenvereins Dones de Paguera. Das habe den Bürgerprotest ausgelöst. "So weit sind sie bisher nicht gegangen. Das ist rein politisch. Das Katalanische soll durchgesetzt werden."

Am Saaleingang steht Juana Maria Mas und sammelt Unterschriften für ihr Anliegen: "Gleich werdet ihr hören, warum Paguera richtig ist. Wir haben Experten eingeladen." Dies sind der Sprachanalytiker Innassi Martí und Jacinto Cortés, Historiker und Mitglied der spanischen Gesellschaft für Linguistik. Sie haben eine umfangreiche Studie zum Ursprung des Ortsnamens durchgeführt. Ihr Ergebnis: "Der historische Name ist Paguera. Er geht auf die präromanische Zeit zurück und beschreibt sowohl die Geografie der Gegend als auch die Spiritualität ihrer Bewohner", sagt Innassi Martí. Das Wort setze sich aus "Paga" und "Era" zusammen. Era bedeute Gegend, Paga weise auf Buchen- und Eichenwälder, die hier früher anstelle der heutigen Kiefern gewachsen seien. "Paganos" (Spanisch für Heiden) hätten in vorchristlicher Zeit diese Wälder als heilige Stätten verehrt.

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Cortés und Martí kritisieren die Sprachwissenschaftler der Balearenuniversität. "Sie berufen sich auf ein einziges Dokument aus dem Jahr 1337, in dem vom Export von ,Pega' angeblich vom Hafen von Paguera aus die Rede ist." Das sei schwer zu glauben, denn in jener Zeit habe jegliche Handelsware von der Seehandelsbörse in Palma auslaufen müssen. Die Sprachwissenschaftler verwiesen auch auf einen Ofen zur Verarbeitung von Kiefernharz im heutigen Peguera, der jedoch nirgendwo dokumentiert sei. Diese Öfen hätten immer mehr als 400 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, viel höher als der Küstenort.

Das Beharren auf dem "e" sei sprachpolitisch motiviert, sagen Cortés und Martí und erinnern daran, dass die Änderung zu Peguera im Rahmen der sprachlichen Normalisierung stattfand. Damit ist die Einführung des Katalanischen in Politik und Verwaltung auf den Balearen ab 1986 gemeint. Viele Ortsnamen wurden damals geändert, um sie vom Spanischen zu unterscheiden. Zum Beispiel wurde San Telmo zu Sant Elm, Cala Ratjada zu Cala Rajada und Paguera eben zu Peguera. "Für Mallorquiner ist die Schreibweise im Grunde egal", sagt Cortés. "Sie sprechen Paguera und Peguera gleich aus mit einem geschlossenen ,a'." Für Fremde und Festlandspanier ähnele die Schreibweise mit "e" jedoch phonetisch mehr der Inselsprache.

Ethymologisch korrekt sei aber Paguera, betont Cortés. Der erste schriftliche Beleg dafür stamme aus einer Gebietsübertragung aus dem Jahr 1180 in lateinischer Sprache, "nicht in spanischer", sagt Cortés. Zahlreiche Dokumente wie nautische Karten und Eigentumsschriften bestätigten die Schreibweise Paguera bis ins 20. Jahrhundert hinein "auch in katalanischer Sprache".

Juana Maria Mas hofft, mit dieser Studie der Balearen-Regierung, die letztendlich über die Ortsbezeichnungen entscheide, Druck machen zu können, notfalls auch auf gerichtlichem Weg, sagt sie. "Es ist nicht nur, dass wir uns mit Peguera nicht identifizieren. Eine Änderung der Schreibweise in allen Dokumenten wäre auch sehr teuer. Und wenn es darum geht, Werbung für unseren Ort zu machen, wer kennt schon Peguera?"

(aus MM 48/2016)