Auch die Yacht des russischen Milliardärs Andrei Melinichenko, "A", legt mitunter in Palma an.

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, 25. August – Speisekarten in kyrillischer Schrift wie im Restaurant "Ciro's" in Palmanova dürften nicht mehr lange eine Rarität auf Mallorca sein: In ihrem Inselheimatort Cala Figuera hat Gräfin Irina von Plettenberg, die als Inhaberin der "Agentur für den besonderen Urlaub auf Mallorca" mit jährlich an die 400 Buchungen zahlungskräftige Touristen aus ihrer alten Heimat auf die Insel bringt, schon kostenlos die Menükarte eines ansässigen Restaurants in die russische Schreibschrift übertragen: "Die Russen gehen nun mal gern essen - und wenn sie bei der Auswahl keine Sprachprobleme haben, noch einmal so gern", lacht sie.

Keine Frage: Mallorca entdeckt den russischen Touristen. Auch im Interview stellte Tourismusminister Carlos Delgado kürzlich Osteuropa als zentralen Markt der Zukunft heraus: "Wir müssen uns um die russischen, polnischen und tschechischen Urlauber bemühen. Es ist aber klar, dass das zum Großteil von den Flugverbindungen abhängt. Daran müssen wir arbeiten. Die Anbieter, die im osteuropäischen Markt aktiv sind, brauchen unsere Unterstützung."

Und bekommen sie offenbar auch schon, wie etwa der größte Reiseveranstalter im russischen Tourismussegment in Spanien (inklusive Balearen), Natalie Tours Incoming (NT). NT-Direktor Joan Pascual zeigt sich mit der Marktentwicklung sehr zufrieden: 2010 kamen rund 30.000 russische Touristen auf die Balearen, 90 Prozent davon nach Mallorca: "2011 rechnen wir in der Bilanz mit insgesamt 40.000 Touristen."

Gab es 2010 noch vier Flugverbindungen zwischen Russland und Mallorca (nach Ibiza: eine), sind es jetzt bereits fünf beziehungsweise zwei. 2012 sollen noch zwei weitere Mallorca-Flüge aus der Ukraine dazukommen: "Damit werden sich die russischen Flugkapazitäten nach Mallorca seit 2010 fast verdoppelt haben", so Joan Pascual.

Und die Hotels wie auch private Anbieter von Feriendomizilen stellen sich darauf ein. Das Vier-Sterne-Hotel Iberostar Club Cala Barca in Cala Mondragó etwa verfügt über 75 Zimmer für russische Gäste und berücksichtigt bei Personal- und Angebotsfragen wie auch in der Sprache die neue Kundschaft besonders: Mitarbeiter mit Gästekontakt sprechen Russisch, allerdings sei die Sprachbarriere bei der jüngeren Generation ein immer unbedeutenderes Problem, so Hoteldirektor Juan Carlos Pujol.

Ihre überdurchschnittlich lange Aufenthaltsdauer (sie haben drei Monate Sommerferien) wie auch eine ausgesprochene Konsumorientierung sind nur zwei Gründe für die wirtschaftliche Attraktivität der russischen Klientel - die zahlungskräftigen unter ihnen legen sich nicht selten auch gleich ein festes Inseldomizil zu.

Für die russischen Inselresidenten gibt es denn auch schon seit knapp acht Jahren ein russisches Lebensmittelgeschäft in Palma: "Kopeika" in der Calle Manuel Sanchis Guamer, 7. Inhaberin Alla Kalaschnikova weiß, dass ihre Landsmänner oft der Appetit auf heimische Produkte überkommt, und so lautet ihre unorthodoxe russische Produktpalette (in dieser Reihenfolge): "Kunsthandwerk, Bücher, Videos, CDs, Wurstwaren, Wodka und Kaviar."

Die interkulturelle Annäherung findet noch statt. Von Vorurteilen gegenüber Russen - hinsichtlich ihrer "sozialen Kompatibilität" etwa - ist ihnen selbst allerdings kaum etwas bekannt, ergab die MM-Umfrage unter ihnen. Gehört haben sie höchstens schon mal vom Image einiger deutscher Urlauber: Am Ballermann trinkt man Bier, keinen Wodka.