Wenn Fußball-Millionäre streiken, können sie nicht mit
Verständnis rechnen. Besonders in Zeiten, da Spaniens Wirtschaft am
Boden liegt und Hunderttausende nur mit Mühe über die Runden
kommen. Die Ankündigung der Spielergewerkschaft AFE, die ersten
beiden Spieltage der neuen Saison boykottieren zu wollen, hat
folgerichtig vor allem Unverständnis ausgelöst. "Wie können diese
überbezahlten Fußballprofis allen Ernstes an Streik denken?", so
die weit verbreitete Meinung. Spaniens Nationaltorhüter Iker
Casillas, Barça-Verteidiger Carles Puyol und Madrids
Mittelfeldstratege Xabi Alonso unterstützen den Streikaufruf
öffentlich.
Das Ansinnen der Profikicker mit dem schlichten Verweis auf
deren Profitgier abzutun, greift aber zu kurz. Denn niemand fordert
eine Gehaltserhöhung oder bessere Arbeitsbedingungen. Der Konflikt
offenbart vielmehr die gravierenden Probleme, die der spanische
Fußball hat: Die Finanzlage fast aller Profiklubs ist desaströs.
Klubs wie Real Mallorca, Real Saragossa, Betis Sevilla, der FC
Málaga, Real Sociedad San Sebastián oder Sporting Gijón erklärten
sich gar für zahlungsunfähig und befinden sich zum Teil in
Insolvenzverfahren.
Die Erst- und Zweitligisten sind mit rund vier Milliarden Euro
verschuldet, selbst der FC Barcelona schiebt einen Schuldenberg von
483 Millionen Euro vor sich her. Nach AFE-Angaben blieben die Clubs
in der vergangenen Saison 200 Spielern Gehalt in Höhe von insgesamt
50 Millionen Euro schuldig. "Uns Fußballern geht es nicht um mehr
Geld. Wir verlangen nur, dass die Verträge eingehalten werden", so
AFE-Präsident Luis Rubiales. Die Spielergewerkschaft fordert die
Aufstockung des Fonds, aus dem nicht bezahlte Spielergehälter
beglichen werden, der bisher zehn Millionen Euro pro Saison
beträgt.
Die dramatische Finanzsituation ist das Resultat
jahrzehntelanger Misswirtschaft. Die Profi-Fußballklubs in Spanien
sind bis auf wenige Ausnahmen (FC Barcelona, Real Madrid, Athletic
Bilbao, CA Osasuna) keine Vereine mehr, sondern
Wirtschaftsunternehmen. Während in Deutschland maximal 49 Prozent
der Anteile eines Klubs Investoren gehören dürfen, gibt es in
Spanien keine solche Begrenzung. Ergebnis: Immer wieder kaufen sich
bei den Klubs Personen ein, denen es darum geht, ihr soziales
Renommee zu steigern - solides Wirtschaften spielt keine Rolle.
Dazu kommt, dass es in Spanien keinen dem deutschen
Lizensierungsverfahren vergleichbaren Kontrollmechanismus gibt.
Während die Deutsche Fußball-Liga das Finanzgebaren der Profiklubs
streng überwacht und die Erteilung der Lizenz von der Erfüllung
bestimmter Vorgaben abhängig macht, hat sich die spanische
Profi-Liga LFP bislang nicht für Zahlen aus den Rechnungsbüchern
der Klubs interessiert.
Das wird sich nun ändern: Mitte Juli hat die LFP die Einführung
einer Art Lizensierungsverfahren beschlossen. Umgesetzt werden soll
dieses aber erst ab der Saison 2014/15. Eine kurzfristige Lösung
der aktuellen Probleme ist das also nicht, die Streikdrohung bleibt
bestehen.
Betroffen wären von dem Ausstand sowohl die Spiele der ersten
als auch der zweiten Liga an den kommenden beiden Wochenenden. Ein
Schlichtungsversuch zwischen Spielergewerkschaft und Profi-Liga
scheiterte am Mittwochvormittag. Für Freitag ist ein weiteres
Treffen anberaumt. Es wäre nicht der erste Streik in der Geschichte
des spanischen Fußballs. In der Zeit von 1979 bis 1984 hatte es
vier Ausstände gegeben. Zuletzt gab es 2010 zwei Streikdrohungen.
(jm/dpa)
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