, 29. Juni – So viel Einigkeit gibt's selten auf
Mallorca. Die Nachricht von der Aufnahme des Tramuntana-Gebirges in
die Welterbeliste der Unesco ist auf der Insel auf einhellige
Zustimmung gestoßen – über Parteigrenzen hinweg und in allen
Bereichen der Gesellschaft. Besonders zwei Aspekte werden seit
Bekanntwerden der Entscheidung am Montagnachmittag hervorgehoben:
Der Welterbestatus garantiere den Schutz des Gebirges und könne in
Zukunft als Werbung für die ganze Insel dienen.
„Dies ist ein fantastischer Tag für die Insel”, sagte die
bisherige sozialistische Inselratspräsidentin Francina Armengol am
Dienstag auf einer Pressekonferenz, während der sie mit ihrer
konservativen Nachfolgerin Maria Salom und den Bürgermeistern der
19 mallorquinischen Berggemeinden um die Wette strahlte. „Dies ist
eine historische Entscheidung und die internationale Anerkennung
unseres größten Schatzes”, so Armengol.
Vier Jahre lang hatte die sozialistische Inselratsregierung an
dem Projekt gearbeitet und schließlich eine viele Hundert Seiten
umfassende Bewerbung vorgelegt. Armengols Nachfolgerin verweigerte
ihr die Anerkennung dafür nicht. „Wir können stolz sein darauf, zu
diesem erlesenen Club zu gehören”, sagte Salom. „Das bringt uns
weltweites Prestige und kann ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor
werden.” Der Welterbe-Status der Tramuntana sei geeignet, den
Tourismus jenseits von Strand und Sonne zu fördern. „Die
Entscheidung garantiert, dass die Tramuntana so erhalten bleibt,
wie sie jetzt ist.” Auch Mallorcas Umweltschützer versprechen sich
von der Entscheidung effektiveren Schutz für die Tramuntana.
Die Unesco-Welterbekommission hatte in Paris während ihrer
jährlichen Zusammenkunft seit dem 19. Juni insgesamt 25 Kultur- und
Naturdenkmäler in die Welterbeliste aufgenommen. 35 Bewerbungen
waren eingereicht worden. Die Liste umfasst nun 936
Welterbestätten, die Tramuntana ist die erste auf Mallorca. In der
knappen Begründung der Kommission heißt es: „Jahrtausende der
landwirtschaftlichen Aktivität in dieser ressourcenarmen Umgebung
haben die Landschaft geprägt. Die Umgebung zeichnet sich aus durch
Terrassenwirtschaft, ein Netz der Wasserversorgung,
Trockensteinbauten und historische Fincas.” In ihrer Bewerbung –
der einzigen spanischen in diesem Jahr – hatte das zuständige
Inselratsdezernat sowohl die einzigartige Flora und Fauna des
Gebirges hervorgehoben, als auch Landschaft, Kultur, Geschichte,
archäologische Fundstellen, Architektur der Bergdörfer,
traditionelle Handwerke und geologische Besonderheiten.
Der Welterbestatus für die Tramuntana wird konkrete Folgen nach
sich ziehen. Der Inselrat arbeitet nun den Aktionsplan, der bereits
Teil der Bewerbung war, detailliert aus und stimmt ihn mit den
verschiedenen Betroffenen ab, wie Maria Salom betont. Die Liste der
Themen, die bearbeitet werden müssen, ist lang. Die größte
Herausforderung dürfte sein, die Bewirtschaftung und
Landschaftspflege der Gebirgsregion langfristig sicherzustellen. 95
Prozent der Tramuntana befinden sich in Privatbesitz. Die
Eigentümer der teilweise enorme Ländereien umfassenden Fincas
spielen beim Erhalt der für das Gebirge typischen Landschaft eine
Schlüsselrolle. Es herrscht Einigkeit darüber, dass sie finanzielle
Unterstützung brauchen, um Landschaftspflege betreiben zu können.
Eine wichtige Aufgabe wird etwa sein, die Population von Wildziegen
zu kontrollieren, die großen Schaden in der Pflanzenwelt der
Tramuntana anrichten. Subventionen sollen zudem dafür sorgen, dass
die landwirtschaftliche Nutzung der traditionellen Agrarbetriebe
rentabel bleibt, beziehungsweise wird. Geld von der Unesco ist
dabei nicht zu erwarten, der Welterbestatus dürfte allerdings die
Verhandlungsposition bei der Vergabe von Fördermitteln der
Zentralregierung oder der EU verbessern.
Konfliktfrei wird die Debatte über den Aktionsplan nicht
ablaufen, das scheint gewiss. Motorradrennen im freien Gelände, wie
sie in der Tramuntana regelmäßig stattfinden, werden in Zukunft
stark reguliert, wenn nicht verboten sein. Auch könnten die bei den
Inselbewohnern beliebten Picknickplätze in den Bergen abgeschafft
werden, heißt es beim Inselrat. Zudem muss nun eine Lösung des
Problems der vielfach von Grundbesitzern gesperrten Wanderwege her.
Kein Wunder also, dass es die Vereinigung der mallorquinischen
Finca-Eigentümer ist, die als einzige Kritik an der
Unesco-Entscheidung übt. „Wir sind besorgt”, sagte deren
Vorsitzender Fernando Fortuny der Tageszeitung „Ultima Hora. Man
habe ihn bisher nicht über die Folgen des Welterbe-Status für die
Tramuntana informiert. „Für uns bedeutet das zusätzliche Auflagen
und Beschränkungen”, ist er sich sicher. Das mache ein rentables
Wirtschaften unmöglich. Bereits jetzt stehen weite Teile der
Tramuntana unter besonderem Schutz.
Bereits beschlossene Sache ist die Einrichtung eines
Ausstellungszentrums, als Standort ist Sóller im Gespräch. Klar
dürfte zudem sein, dass große Bauvorhaben, wie es sie etwa in
unmittelbarer Nähe des Klosters Lluc gibt, nicht realisiert werden.
Die dort geplante Mega-Urbanisation könne nun mit Sicherheit nicht
mehr gebaut werden, sagte die bisherige Inselratspräsidentin
Francina Armengol.
Denn eines ist ganz klar: Einerseits bedeutet der
Welterbe-Status eine große Ehre und weltweite Werbung, andererseits
bringt er aber auch eine enorme Verantwortung mit sich. Denn den
Status eines Tages wieder aberkannt zu bekommen, wäre ein kaum
wieder gutzumachendes Imagedesaster.
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