, 31. März – Wehmütig blicken in diesen Tagen
Mallorcas Umweltaktivisten nach Baden-Württemberg. Dass die Grünen
der Insel eines Tages den balearischen Ministerpräsidenten stellen
könnten, scheint fern jeder Realität. Die Insel-Grünen sind nicht
mehr als eine Splitterpartei, die bloß deshalb überlebt, weil sie
sich stets mit anderen Klein- und Kleinstparteien zusammentut.
In der aktuellen Regierung sind „Els Verds” (gegründet 1990) als
Teil des Linksbündnisses „Bloc” vertreten. Dieser Zusammenschluss
von Sozialisten, Kommunisten, Republikanern und eben der Ökopartei
kam vor vier Jahren auf knapp neun Prozent der Stimmen und damit
auf vier Abgeordnete.
„Wir dürfen uns nichts vormachen: Mallorca ist nicht
Deutschland”, sagt Margalida Ramis, Sprecherin des
Naturschutzverbandes GOB (Grup Balear d'Ornitologia i Defensa de la
Naturalesa). Einen grünen Ministerpräsidenten auf der Insel hält
sie auf lange Sicht für ausgeschlossen.
Dabei verfügt Mallorca durchaus über eine mächtige
Naturschutzbewegung. Die Stimme des GOB hat enormes Gewicht auf der
Insel. Im März 2007 gingen in Palma rund 50.000 Menschen unter dem
Motto „Rettet Mallorca” auf die Straße – eine der größten
Demonstrationen der Inselgeschichte.
Andererseits fanden sich kürzlich nicht mehr als 150 Unentwegte
auf der Plaça d'Espanya ein, um angesichts der Nuklearkatastrophe
von Fukushima gegen die Nutzung von Atomenergie zu protestieren.
GOB-Sprecherin Margalida Ramis bemüht sich, diesen Widerspruch mit
mallorquinischen Eigenheiten zu erklären: „Die hiesige Gesellschaft
hat ein kleines Problem: Wenn die Leute nicht direkt betroffen
sind, dann sind sie nur schwer zu mobilisieren.”
Warum die Inselbewohner die beiden Atommeiler auf dem spanischen
Festland, keine 200 Kilometer entfernt, nicht als unmittelbare
Bedrohung auffassen, kann sie sich nicht erklären. „Für diese
Themen existiert hier kein Bewusstsein.”
Mallorcas Umweltschutzbewegung kreist seit jeher um ein Thema:
die Bebauung der Insel. Naturschutz auf Mallorca ist in allererster
Linie Landschaftsschutz. Diese Prägung stammt aus den 80er Jahren,
als die vorgelagerte „Dracheninsel” (Sa Dragonera) bebaut werden
sollte. Der massenhafte – und am Ende erfolgreiche – Protest gegen
diese Pläne gilt als Ursprung der mallorquinischen
Umweltschutzbewegung.
„Landschaftsschutz und Baupolitik sind unsere wichtigsten
Themen”, sagt Ramis. Die Sorge um den Erhalt der Insel bewege viele
Menschen. „Immer, wenn irgendwo gebaut wird, eine Autobahn, ein
neuer Golfplatz, dann bildet sich Widerstand.” Mülltrennung,
öffentlicher Nahverkehr und saubere Energie dagegen reißen keinen
Mallorquiner vom Hocker.
Das bemängelt David Abril. Der 36-Jährige ist Koordinator der
Partei Iniciativa Verds und damit oberster „Grüner” Mallorcas. „Wir
müssen uns von der traditionellen Sichtweise der mallorquinischen
Umweltschutzbewegung freimachen”, sagt er. Es könne nicht mehr nur
um Landschaftsschutz gehen.
„Die alleinige Sorge um Bebauung und Erhalt der Insel bremst den
Umweltschutz auf Mallorca.” Abril hat zum Beispiel keinerlei
Verständnis dafür, wenn aus Gründen des Landschaftsschutzes nicht
auf erneuerbare Energien gesetzt wird. Abril: „Ich will lieber
einen Strand mit Windrad im Hintergrund, als gar keinen Strand,
weil wegen des Klimawandels der Meeresspiegel so gestiegen
ist.”
Dass es Mallorcas Umweltschutzbewegung nicht gelungen sei, ihren
gesellschaftlichen Stellenwert auch in Wählerstimmen zu verwandeln,
findet er nicht. Die Balearen seien schließlich die einzige
spanische Region, in der es seit 1995 ununterbrochen einen
Grünen-Abgeordneten gebe (aus Ibiza). „Außerdem hat die
Umweltschutzbewegung auf Mallorca alle politischen Parteien
beeinflusst”, sagt Abril. „Keine Partei kann diese Themen mehr
ignorieren.”
Und dennoch: Spaniens Umweltschutzbewegung fällt es schwer, die
bestehenden Strukturen des Parteiensystems aufzubrechen. Für
GOB-Sprecherin Ramis ist das auch gar nicht das Ziel: „Es muss
beides geben: Parteien und gesellschaftliche Gruppierungen. Wir
wollen immer unabhängig sein und Kritik üben können.” David Abril
seinerseits sieht auch ein strukturelles Hindernis für seine
Grünen.
Aufgrund der Erfahrungen von Bürgerkrieg und Diktatur sei
Spanien noch immer ein tiefgespaltenes Land. Diese Gräben seien
kaum überwindbar. „Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Grünen ja
auch mit der CDU Koalitionen eingehen, wäre es für uns undenkbar,
mit der PP zusammenzuarbeiten.”
Die Hoffnungen der spanischen Grünen ruhen nun auf einem neuen
Projekt: Der ehemalige Vorsitzende der Umweltschutzvereinigung
Greenpeace in Spanien, Juan López de Uralde, hat mit Equo eine neue
Vereinigung geschaffen, die als Sammelbecken unter anderem alle
„grünen” Gruppierungen und Parteien bündeln soll. David Abril ist
hoffnungsfroh: „Wir wollen die dritte Kraft in Spanien werden.”
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.