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Es hat eine Weile gedauert, bis in Spanien die Debatte über die Konsequenzen aus der Katastrophe in Japan in Gang kam. Erst mehr als eine Woche nach dem Beben und der sich mit jedem Tag schärfer abzeichnenden Atomkatastrophe in Fukushima begann sich allmählich die Gewissheit durchzusetzen, dass das Thema auch die Menschen hierzulande betrifft – über die Anteilnahme am offensichtlichen Leid der japanischen Bevölkerung hinaus. „Ereignisse wie in Japan zeigen uns die Grenzen der Machbarkeit”, sagt etwa Pfarrer Klaus-Peter Weinhold im MM-Interview.

Am deutlichsten wurde der Wandel im Umgang mit der Katastrophe am vergangenen Samstag, als landesweit erstmalig – zaghafte – Demonstrationen für ein Ende der Atomenergie stattfanden. An der zentralen Kundgebung in Madrid nahmen laut Medienberichten rund 2000 Menschen teil. In Palma waren es 150. Umweltschutzvereinigungen hatten zum Protest aufgerufen.

Die Zentralregierung beschwichtigt derweil weiterhin. Die zuständigen Stellen betonen, die acht Atomkraftwerke in Spanien seien sicher. Allerdings sagte Industrieminister Miguel Sebastián, Nuklearanlagen, die den geplanten Sicherheitsüberprüfungen nicht standhielten, würden stillgelegt. „Die Sicherheit geht vor”, sagte er. „Anlagen, die die Anforderungen nicht erfüllen, werden abgeschaltet.” Er gehe aber davon aus, dass dieser Fall nicht eintreten werde. Ein Atomausstieg ist in Spanien kaum ein Thema, obwohl dieser laut Experten grundsätzlich möglich wäre.

Das spanische Gesundheitsministerium seinerseits informiert nun nach anfänglichem Schweigen über die möglichen Folgen für die Bevölkerung Spaniens. In einem Frage-Antwort-Katalog nimmt das Ministerium Stellung zu den dringendsten Fragen. Dass eine radioaktive Wolke nach Spanien gelangen könne, verneint das Ministerium. „Japan ist 12.000 Kilometer entfernt”, heißt es lapidar.

Tatsächlich rechnen Experten damit, dass schon bald auch in Europa erhöhte Radioaktivität feststellbar sein wird – wenn auch keine gesundheitsgefährdenden Werte erreicht werden dürften. Für den Notfall verfüge Spanien jedoch über einen Vorrat von mehr als 800.000 Jodtabletten, so das Gesundheitsministerium in Madrid. Auch die Gefahr des Imports verstrahlter Lebensmittel schließt das Ministerium aus. Die Einfuhrkontrollen von Produkten aus Japan würden verstärkt.

Dort wiederum hat sich die Lage zuletzt weiter zugespitzt. Neben der wachsenden Opferzahl des verheerenden Tsunamis und den großflächigen Zerstörungen häufen sich die Meldungen über steigende Radioaktivität nicht nur in direkter Umgebung des Problem-Akws Fukushima, sondern auch in anderen Landesteilen. In Lebensmitteln wurden extrem erhöhte Werte gemessen, ebenso im Trinkwasser. Die Situation in den Reaktoren scheint derweil trotz aller Bemühungen noch nicht unter Kontrolle.