Er mischt in der Gastroszene wieder
kräftig mit: Der Siphon erlebt ein Revival. Und das sowohl auf dem
Teller als auch im Glas. Zaubert er bei Ersterem
schaumig-locker-flockige Texturen - das vor allem in der modernen,
molekular inspirierten Küche -, sorgt er bei Letzterem für
prickelnde Momente auf der Zunge. "Der Siphon verleiht einem
Getränk einen ganz anderen Sex-Appeal" nennt es Juan Carlos
Montoro, der im September in Palmas Altstadt eine "Sifoneria"
eröffnete. Einst gehörten die bauchigen Flaschen - bis in die 70er
Jahre aus Glas und mit einem bunten Plastikgitter zum Schutz gegen
Explosionen ummantelt, dann aus Hartplastik hergestellt - auf
Mallorca auf jeden Tisch. Wie es in Österreich auch heute noch
Brauch ist, ein Glas Wasser zum Kaffee zu reichen, stellte man
damals auf der Insel noch gratis und völlig selbstverständlich zum
Kaffee ein Glas und die Siphonflasche hinzu.
Entsprechend der Nachfrage war das Angebot: 1973 waren noch 101
Siphonfabriken auf Mallorca registriert. Heute gibt es nur noch
eine: "La Paduana" in Petra. Mit den Fabriken sind auch die
Flaschen von den Tischen verschwunden. Nur in den typischen
Dorfbars werden Siphons bislang noch wie eh und je verwendet. Darin
befindet sich Sodawasser - Mineralwasser, das neben Kohlensäure
auch noch mit Natriumhydrogencarbonat versetzt ist. Gezapft wird
unter hohem Druck mit Kohlenstoffdioxid, das Wasser prescht aus dem
Hahn an der Flasche, schäumt im Glas richtig auf. "Durch den hohen
Druck ist das Sodawasser aus dem Siphon besonders zum Mischen
geeignet", erklärt Juan Carlos Montoro, "es vermengt sich sehr gut
mit anderen Flüssigkeiten und hat trotz des hohen Drucks im Grunde
weniger Kohlensäure als ein normales Sprudelwasser." Beim Verkosten
des Sodawassers aus der Siphonflasche drängt sich unweigerlich der
Vergleich zu Champagner und Sekt auf: Wie im Champagner produziert
der Siphon ein zartes Perlen, das für das Auge kaum sichtbar ist,
auf der Zunge aber deutlich spürbar.
Traditionell mit dem Siphon verdünnt wird Palo - der
mallorquinische Likör aus Enzian und Chinarinde, Wein oder die
mallorquinische Cola: die braune Erfrischungsbrause Pinya
Mallorquina. "Siphon und Pinya kamen 1868 gleichzeitig auf den
Markt", erzählt Juan Carlos Montoro. Er hat Hunderte alte Siphons
gesammelt, vertreibt sie in seinem Laden nach dem Refill-System.
Wer keine alte Flasche zu Hause hat, zahlt einmal 1'50 Euro Pfand,
für jede Befüllung dann 1'25 Euro. "Das Tolle ist, dass jede
einzelne Flasche eine Geschichte erzählen könnte", schwärmt der
35-Jährige aus Santanyí, "wer weiß, wo diese Flaschen schon überall
rumgekommen sind." Auch hübsch anzusehen sind sie: In schrillen
Farben oder mit nostalgischen Aufdrucken bringen sie Retro-Feeling
auf den heimischen Tisch. "Die Deutschen trinken mit ihrer
Weinschorle etwas sehr Ähnliches wie Wein mit Siphon-Sodawasser
verdünnt", betont er, "und sie tun gut daran: Das schraubt die
Prozente herunter, man verträgt viel mehr in geselliger Runde, das
Getränk hat weniger Kalorien und ist erfrischender, leichter." Der
Tinto de Verano, der mit Gaseosa, der spanischen Zitronenlimonade,
gemischt wird, habe den Nachteil, dadurch immer sehr süß
auszufallen. "Die Mallorquiner hatten darüber die Siphons ganz
vergessen, genauso wie die Cola die Pinya verdrängt hatte - erst
jetzt besinnen sie sich wieder auf ihre lokalen Stärken." Die
mallorquinischen Siphons zum Mixen von Getränken werden ab Werk
abgefüllt und müssen leer gegen volle eingetauscht werden. Anders
die Siphons, die für die Zubereitung von Speisen eingesetzt werden:
Für Schäumchen und Co. werden wiederbefüllbare Metallflaschen
verwendet, die mit Einweg-Gaspatronen unter Druck gesetzt werden.
Allen voran war es Spitzenkoch Ferran Adrià, der die Verwendung des
Siphons, der in den 70er und 80er Jahren höchstens zum Aufschäumen
von Sahne benutzt wurde, wieder salonfähig machte.
Inspirieren ließ sich der nordspanische Experimentier-Papst der
Küche für seine "Espumas" übrigens von den alten Getränkesiphons:
Nach ihrem Muster entwickelte er leicht abgewandelte Siphons, die
zum Beispiel mit einer speziellen Spritzdüse ausgestattet sind. Ob
Getränk oder Speise: Bei beiden sorgt die Verwendung des Siphons
nicht nur für eine leichtere und bekömmlichere Konsistenz, sondern
auch für einen Zugewinn an Aroma. Durch die feine Perlung kann sich
der Geschmack nämlich besonders gut im Rachenraum entfalten.
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