Auch Freizeit will gestaltet werden, da
kann die Insel noch so schön sein. Der Mensch braucht nun mal
etwas, das ihn begeistert, zumindest beschäftigt, möglichst
gemeinsam mit Gleichgesinnten. Genau diese Sinnhaftigkeit scheint
nicht wenigen Residenten auf Mallorca zu fehlen. Stattdessen eine
schmerzhafte Leere – mal mehr, mal weniger bewusst –, die nicht
wenige mit Alkohol zu füllen versuchen. Fatal, dass diese
Gewohnheit – anfangs auch gern „Genuss- trinken” genannt – oftmals
schleichend in die Abhängigkeit führt – auch wenn sich die
Betroffenen wie auch ihre Umgebung das meist nur ungern
eingestehen.
Gespräche mit verschiedenen Suchteinrichtungen auf der Insel
zeigen: Dass viele sich so schwer tun, rechtzeitig Hilfe in
Anspruch zu nehmen, ist nicht nur ein persönliches, sondern vor
allem ein gesellschaftliches Problem. Auch wenn nicht wenigen beim
eigenen Gewohnheitskonsum öfter mulmig wird: Ein „Alkoholproblem”?
Hat „man” nicht. Ein Mitarbeiter der „ Suchthilfe Mallorca”, ein
Ex-Alkoholiker, seit 15 Jahren trocken, berichtet, wie schwer es
sei, finanzielle Unterstützung für Betroffene zu bekommen: „Sage
ich aber, dass mein Hund Hunger hat, kriege ich sofort Geld.”
Berührungsscheu mit einem Thema, das eigene Ängste schürt? Hinzu
kommen oft noch weit verbreitete Vorurteile von „Labilität” und:
„Selber schuld.” Das erschreckende Manko an Mitgefühl, das
alkoholkranke Menschen in unserer Gesellschaft häufig erfahren,
wurzelt vermutlich in diesem emotionalen Gewirr aus Angst,
Verdrängung und fehlendem Wissen. Eine Tabuisierung, die auch in
einem bezeichnenden Kontrast zur aktuellen öffentlichen
„Raucher”-Diskussion in Spanien steht: Wer heute mit dem Qualmen
aufhört, wird beklatscht. Wer mit dem Saufen aufhört – hat ein
Problem: Ach, du trinkst nicht mehr?
Merkwürdig ist das alles schon. Und daher kein Wunder, dass der
Weg aus der Sucht vor allem eines erfordert: Mut. Gut, dass es
inzwischen so viel professionelle Helfer auf Mallorca gibt – vor
allem auch für Menschen, die sich keine Privattherapie oder
-versicherung leisten können.
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