Wenn ihr früher ein Hund auf der Straße
begegnete, musste Amparo Garrido umdrehen. "Ich konnte keinen
Schritt weiterlaufen, so eine große Panik hatte ich. Angst davor,
dass mich der Hund gleich anfallen und beißen würde." Woher die
Angst kam, weiß Amparo nicht. Nur, dass sie da war. Und dass sie
spürte, dass in dieser Schwäche ein verborgenes Potenzial
schlummerte, und es an ihr lag, es wachzukitzeln. Sich der
vermeintlichen Gefahr zu stellen.
Sie suchte psychologische Unterstützung. "Ich erkannte, dass
meine Angst gar nicht mit dem Tier zu tun hat, sondern mit einem
Problem, das ich mit mir selbst habe." Die härteste Therapie aber
verordnete sich Amparo selbst: Sie fing an, die Vierbeiner in ihrem
Studio abzulichten. "Ich wollte sehen, was passiert, wenn ich dem
Hund direkt in die Augen schaue", erzählt die 48-jährige
Fotokünstlerin. Drei Jahre lang lichtete die gebürtige
Valencianerin, die 14 Jahre lang auf Mallorca gelebt hat und
mittlerweile zwischen der Insel, Madrid und Berlin pendelt, immer
wieder Hunde ab. 17 Hundeköpfe entstanden, Schwarz-Weiß, einen auf
einen Meter groß.
Die Angst ging, der Erfolg kam: Drei der Hundeporträts hängen
mittlerweile im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía in
Madrid. "Ich bin auf Augenhöhe mit dem Tier und setze es so in
Szene, dass man regelrecht menschliche Züge in ihm entdecken kann",
erklärt sie sich die Beliebtheit ihrer Aufnahmen, "dadurch wird ein
Wiedererkennungseffekt im Betrachter wach. Der dann plötzlich
meint, der Hund ähnle vielleicht dem Fleischer um die Ecke. Oder
dem Nachbarn." Ihre Arbeit sei die Suche nach jenem Punkt, an dem
das Menschliche in den Tieren und das Tierische in uns Menschen
sich berühren.
Obwohl sie nach den Hundeporträts noch viele andere,
preisgekrönte Fotoreihen anfertigte - die Hunde blieben
unvergessen. Vergeblich baten sie Herrchen in den vergangenen
Jahren um Auftragsarbeiten. Seit Kurzem hat sich Amparo eines
anderen besonnen: "Hund im Bild" (hundimbild.com) nennt sie das
Projekt, bei dem Hundebesitzer künftig ihre Vierbeiner ablichten
lassen können (um die 1300 Euro, je nach Format). Auch eine neue
Hundefoto-Ausstellung und ein Bildband sind in Planung. "Eigentlich
müsste ich die Konversationen bei den Shootings aufzeichnen",
erzählt sie lachend, "die Liebe zwischen Hund und Herrchen wird
darin so deutlich spürbar. Immer gibt es irgendeine Anekdote, die
die beiden schon miteinander erlebt haben ..." Mit Leckerli,
Spielzeug und Zurufen versucht Amparo, die Aufmerksamkeit des
Tieres auf sich zu ziehen. Trifft sich ihr Blick mit dem des
Tieres, drückt sie den Auslöser. "Der Hund posiert nicht wie ein
Mensch, er ist echt, unverfälscht. Dabei muss er nicht reden
können, um zu kommunizieren. Auch wir kommunizieren zu 70 Prozent
nonverbal - es ist uns nur nicht bewusst." Das Foto spiegele darum
einerseits den Charakter des Tieres wider, aber auch alle
Projektionen, die der Betrachter in das Bild lege. Dazu kämen ihre
künstlerische Idee, die ihr bei jedem Hund komme: "Ich versuche
bewusst über das Tier Emotionen auszulösen. Lachen,
Nachdenklichkeit, ein ungutes Gefühl." Dennoch könne es geschehen,
dass sie bei der Durchsicht der Hunderten von Aufnahmen, selbst
eine Überraschung erlebe - "dann spüre ich plötzlich, welches Foto
das richtige ist. Obwohl ich vielleicht das ganze Shooting über ein
ganz anderes Motiv im Kopf hatte". Angst hat sie mittlerweile keine
mehr vor den Hunden. "Aber ein großer Respekt ist geblieben."
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