Wer in Costitx, Sencelles oder Santa Eugènia wohnt, der kennt
das: Alle paar Minuten schwebt ein einfliegendes Flugzeug über das
Dorf in Richtung Palma hinweg. Das Ziel ist klar: der Airport Son
Sant Joan. Je nach Flugzeugtyp, Flughöhe, Wind und Wetter sind die
Maschinen mal mehr, mal weniger intensiv zu hören. Mitunter wird es
jedoch unangenehm laut, besonders im Sommer, wenn die Airlines
nahezu im Minutentakt am Himmel erscheinen. Costitx' Bürgermeister
Antoni Salas wusste im Juli ein Lied davon zu singen: "In den
vergangenen Jahren hat der Lärm immer mehr zugenommen, und die
Beschwerden der Anwohner auch." Die Gemeinden wandten sich
wiederholt an die staatliche Flughafen-Betreibergesellschaft Aena,
und die installierte schließlich im August Messinstrumente in den
Dörfern, um verlässliche Daten zu erheben, wann und wie laut der
Fluglärm sich tatsächlich an den Standorten auswirkt, um dann
entsprechend gegenzusteuern.
Erste Ergebnisse wurden den Gemeinden am vergangenen Donnerstag
vorgestellt. Demnach lagen die Belastungen stets unter den
gesetzlichen Lärm-Limits, auch die Analyse der Flugrouten und
-höhen über Mallorca ergab laut Aena keine Beanstandungen.
Gleichwohl wurden weitere Anstrengungen zur Verminderung der
Emissionen angekündigt.
Die Maßnahme von Aena ist eine von vielen, die derzeit in der
europäischen Luftfahrtindustrie evaluiert werden, um die
Umweltverschmutzung durch Lärm und Abgase zu verringern. Die
Airlines stehen unter Druck. Zum einen müssen auch sie einen
Beitrag zur Verringerung der Treibhausgase leisten. Und das nicht
nur aus naheliegenden Klimaschutz- und Imagegründen. Wie sich in
der Vergangenheit zeigte, genügen geringste Schwankungen am
Rohölmarkt, um die knappst kalkulierten Ticketpreise der Airlines
in die Höhe zu treiben. So ist den Fluggesellschaften daran
gelegen, die Kosten für ihren Treibstoff, Kerosin, so gering wie
möglich zuhalten. Aus diesem Grund unternehmen sie seit Jahren
Anstrengungen, um den Verbrauch zu drosseln.
Einen innovativen Sonderweg will nun die Deutsche Lufthansa
gehen. Als einzige Airline weltweit startet sie im April 2011 einen
Langzeitversuch, bei dem erstmals Biokraftstoff zum Einsatz kommt.
Sechs Monate lang wird eine Maschine vom Typ Airbus A-321 täglich
auf der Strecke Hamburg-Frankfurt-Hamburg fliegen, wobei eine
Turbine mit dem Bio-synthetischen Kerosin angetrieben werden soll
(im Mischungsverhältnis 50:50), teilte Lufthansa vergangene Woche
mit.
Das Ziel des Langzeitversuchs sei es, die Auswirkungen von
Biokraftstoffen auf Wartung und Lebensdauer von Triebwerken zu
untersuchen. Positiver Nebeneffekt: In dem halben Jahr Erprobung
wird durch den Bioeinsatz der Ausstoß von rund 1500 Tonnen
Kohlendioxid vermieden.
Hergestellt wird der bio-synthetische Kraftstoff auf der Basis
von reiner Biomasse. Produzent ist Neste Oil, ein
Mineralölunternehmen aus Finnland. Gefördert wird das
Forschungsprojekt von der Bundesregierung, die im Rahmen des
Luftfahrtforschungsprogramms (Lufo) für Lufthansa 2'5 Millionen
Euro bereitstellt.
Ein andere Airline, die mit Forschergeist den Kerosinverbrauch
reduzieren will, ist Air Berlin, Marktführer auf der
Mallorca-Route. In Zusammenarbeit mit dem deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) in Braunschweig testete eine Boeing
737-700 neue, lärmgeminderte Anflüge. Dabei nähert sich die
Maschine der Landebahn in einem steileren Anflugwinkel als die
sonst üblichen drei Grad.
Vorteil: Die Maschinen fliegen leiser zum Airport und sparen
dadurch zusätzlich Sprit. Wegen ihrer ökologischen Vorteile werden
diese Art von Anflügen in Spanien "aterrizajes verdes", also grüne
Landungen, genannt. Spanien ist eines der Länder in Europa, das
verstärkt in dieser Richtung forscht. Bereits im September
beteiligte sich der Airport Madrid-Barajas als erster spanischer
Flughafen an dem Vorhaben. Die Testflüge werden vorerst nachts
durchgeführt, um den normalen Betriebsablauf nicht zu stören.
Nach Aena-Angaben lassen sich bei kontinuierlichen Sinkflügen
(ohne horizontale Flugabschnitte) jeweils bis zu 25 Prozent
Spritverbrauch und entsprechend Abgasemissionen vermeiden. Auch der
Lärm der einfliegenden Maschine sei aufgrund einer geringen
Motorenleistung um vier bis sechs Dezibel leiser als bei
herkömmlich landenden Maschinen.
Nach Madrid soll das Testflugprogramm auf neun weitere Airports
im Königreich ausgeweitet werden. Palma de Mallorca kommt am 16.
Dezember hinzu.
Dann wird sich zeigen, ob mittelfristig die Einflüge umstrukturiert
werden können oder nicht. Die Messsonden, die etwa auf der Schule
in Costitx installiert wurden, werden dann vielleicht gar nicht
mehr viel zum Aufzeichnen haben. Das Inselinnere könnte wieder in
bukolische Stille versinken.
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