Festlegen will sich Eva Gomis nicht. Die
Expertin vom balearischen Gesundheitsamt lässt lieber offen, wie
gut die Trinkwasserqualität auf Mallorca ist. „Es gibt Fälle, in
denen es nicht trinkbar ist”, räumt sie ein. „Aber es gibt auch
Orte, in denen man das Wasser aus der Leitung bedenkenlos trinken
kann.”
Deutlicher wird Alfonso Rodríguez von der
Verbraucherschutzorganisation Facua: „Die Qualität des Trinkwassers
auf Mallorca ist schlecht”, sagt er. „Mancherorts kann man sich
damit noch nicht einmal die Zähne putzen.” Auch beim balearischen
Umweltministerium spricht man offen von „Qualitätsproblemen” und
sogar „schlechter Qualität”, wenn es um die Wasservorkommen der
Insel geht. Ärzte raten davon ab, Wasser aus der Leitung zu
trinken.
Offenkundig wird das Problem immer dann, wenn eines der auf
Mallorca ansässigen Versorgungsunternehmen an die Öffentlichkeit
geht und mitteilt, die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte
bestimmter Inhaltsstoffe seien überschritten. Die Bevölkerung solle
das Leitungswasser nicht benutzen. Dies geschieht immer wieder in
verschiedenen Inselgemeinden. Besonders betroffen sind Küstenorte,
in denen das Grundwasser zu versalzen droht, und Mallorcas
Flachland, wo die Grundwasservorkommen wegen intensiver
Landwirtschaft und Düngung nitratbelastet sind.
Die Skepsis dem Wasser gegenüber, das in den Haushalten aus den
Hähnen läuft, ist auf Mallorca demzufolge groß. In vielen Küchen
kommt Mineralwasser sogar in die Kochtöpfe, manch einer schafft
sich für viele Tausend Euro eine private Wasseraufbereitungsanlage
an. Die Bedenken scheinen berechtigt. Denn nur auf den ersten Blick
sind die Vorschriften zur Kontrolle der Trinkwasserqualität
streng.
Geregelt ist das Vorgehen im königlichen Dekret 140/2003. Die
hier vorgeschriebenen Grenzwerte sind klar und entsprechen den
internationalen Vorschriften. Es sind die gleichen Werte, die auch
für Mineralwasser gesetzlich vorgeschrieben sind. Verschieden aber
sind die Folgen im Falle der Überschreitung eines der Grenzwerte.
Während Mineralwasser-Abfüller mit strengen Konsequenzen rechnen
müssen, wenn die Inhaltsstoffe nicht den Normen entsprechen, gibt
es bei Leitungswasser reichlich Spielraum.
Denn die Grenzwerte sind flexibel: Artikel 22 des Gesetzes sieht
„Ausnahmesituationen” vor, in denen die vorgeschriebenen Grenzwerte
bei Leitungswasser überschritten werden können. Dies ist in Fällen
möglich, in denen der Wert dauerhaft über dem Limit liegt und keine
andere Möglichkeit besteht, die Wasserversorgung der Bevölkerung zu
gewährleisten. Solche Ausnahmegenehmigungen müssen beim
balearischen Gesundheitsministerium beantragt werden.
Im Zweifelsfall erfährt die Öffentlichkeit davon nichts. Denn
wie gut das Leitungswasser an einem bestimmten Ort ist, lässt sich
kaum in Erfahrung bringen. Zwar sieht das Gesetz vor, dass die
Versorgungsunternehmen die Bürger „pünktlich, ausreichend,
angemessen und aktuell” über die Wasserqualität zu informieren
haben, in der Praxis aber funktioniert das nicht. So sucht man auf
der Internetseite des größten mallorquinischen Versorgers Emaya
Ergebnisse von Wasseranalysen vergeblich. Und auch die eigens zu
diesem Zweck eingerichtete Internetplattform des spanischen
Gesundheitsministeriums (http://sinac.msc.es) liefert keine
detaillierten Daten. „Wir können nur hoffen, dass die Grenzwerte
eingehalten werden”, sagt Verbraucherschützer Alfonso
Rodríguez.
NITRAT, CHLOR, KALK, CHLORID
Vier Dinge mindern die Trinkwasserqualität auf Mallorca in erster
Linie: Nitrat, Natriumchlorid, Kalk, Chlor.
Nitrate dienen in der Landwirtschaft als Düngemittel. Der Einsatz
war auf der Insel lange unkontrolliert und maßlos. Die erlaubte
Menge von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser wird vielerorts
überschritten. Durch Mischen mit weniger belastetem Wasser lässt
sich der Nitrat-Anteil unter den Grenzwert senken.
Natriumchlorid ist Kochsalz, das gelöst im Meer vorkommt. Wenn
der Pegelstand des Grundwassers sinkt, etwa durch übermäßigen
Wasserverbrauch, kann Meerwasser in die Vorkommen eindringen,
woraufhin dort der Salzgehalt steigt.
Kalk ist das offensichtlichste Problem des Trinkwassers auf
Mallorca: Jeder Wasserkocher, der nicht gereinigt wird, weist mit
der Zeit eine Kalkschicht auf. Ursache ist das kalkhaltige
Inselgestein.
Chlor wird dem Trinkwasser auf Mallorca zur Desinfizierung
beigegeben, was zwar gesundheitlich als unbedenklich gilt, oft aber
übel riecht.
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