Die ersten Winterurlauber auf Mallorca waren nur mäßig
begeistert. Die Unterkünfte feucht und zugig, die Bettwäsche klamm,
die Preise für Speisen und Getränke offenkundig überteuert, das
Freizeitangebot nicht der Rede wert. Wohl aus diesem Grunde hatte
Frau Sand ihre Inseleindrücke in Buchform veröffentlicht, um einen
Teil ihrer Reisekosten wieder hereinzubekommen. Mit Erfolg: „Ein
Winter auf Mallorca” wurde zum Dauerseller seit jener verkorksten
Urlaubsreise von 1838.
Seit jener Zeit hat man auf Mallorca immer wieder versucht, die
Insel auch zur kalten Jahreszeit touristisch zu vermarkten. Mit
teils großen Erfolgen in der Vergangenheit. Es gab mitunter Phasen,
etwa im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, da wurden mehr Winter-
als Sommergäste registriert. Das war abhängig vom Volkscharakter
der jeweiligen Urlaubernationen. Die Briten, die den frühen
Mallorca-Tourismus seit 1900 dominierten, bevorzugten die
Mittelmeerinsel als frühlingshaftes Winterquartier. Wer es sich
leisten konnte – das war damals die Oberschicht – kehrte der
neblig-trüben Heimat im Winter den Rücken.
Anders die Deutschen. Sie sind regelrecht sonnenhungrig und
folgen gerne den Spuren Goethes und ihrer teutonischen Vorfahren
ans lichtdurchflutete Mittelmeer, „wo die Zitronen blühen”. Der
deutsche Sommertourismus auf Mallorca begann seine Erfolgskarriere
in den 1950er Jahren und hält bei minimalen Schwankungen bis heute
an.
Da war es ein Wagnis einiger mallorquinischer Visionäre, die
Deutschen auch im Winter auf die Insel zu locken. Die Pioniertat
wird dem Hotelier Luis Riu zugeschrieben. Statt nach der
Sommersaison seine gut angelernte Belegschaft wieder nach
Andalusien zurückzuschicken, beschloss er, sein Hotel auch in der
kalten Jahreszeit in Betrieb zu halten. Die Zusammenarbeit mit
einem Reiseveranstalter sorgte dafür, dass deutsche Rentner fortan
den Winter lieber unter Mandelblüten verbrachten, als daheim
hinterm Ofen. Schließlich kostete sie die Reise in das
währungsschwache Spanien weniger als das Heizöl, das sie zu Hause
hätten zahlen müssen. Für Unterhaltung sorgten die
Reiseveranstalter selbst: Mit Tanztees, Sprachkursen, Bastelabenden
im „Club Schwalbe” oder im „Club Mallorquin”.
Der Rentnerurlaub am Mittelmeer war bis in die 1980er Jahre
hinein ein wichtiges Standbein für die Tourismuswirtschaft
Mallorcas. Mit der Preisangleichung infolge des EU-Beitritts 1986
und dem Aufkommen neuer und billigerer Ziele rund ums Mittelmeer
bröckelte dieser Gewinnposten aber stetig ab.
Die Balearen-Regierung steuerte schließlich dagegen und legte
Programme auf, wie die Insel auch im Winter für neue Gäste
attraktiv gemacht werden könne. „Desestacionalización”, hieß das
Zauberwort von der Entzerrung der saisonalen Abhängigkeit des
Badesommers. Aktivurlaub lautete die Antwort. Golf, Segeln,
Wandern, Radfahren sollten neue Kundenmärkte erschließen. Das
Konzept ging zum Teil auf, wie die vollen Golfplätze am vergangenen
Wochenende belegen. Es konnte jedoch die ausbleibenden
Rentner-Urlauber zahlenmäßig kaum ausgleichen. So haben von Winter
zu Winter immer weniger Hotels geöffnet. Waren es 2007 „nur noch”
25 Prozent, schrumpfte die Zahl 2008 auf 20 Prozent. Für 2009
werden lediglich zehn bis 15 Prozent vorausgesagt. So wenig wie
seit einem Jahrzehnt nicht mehr.
Gleichwohl, und das ist anzuerkennen, hat sich das Sport- und
Freizeitangebot auf Mallorca in den vergangenen zehn Jahren
deutlich verbessert, konstatiert etwa Michael Blum, Pressesprecher
der TUI-Deutschland. Was fehlt also, damit Mallorca auch im Winter
zum Erfolgsmodell wird? Vor allem Werbung, heißt es aus
Unternehmenskreisen. Mehr Unternehmergeist, mahnen die
Gewerkschaften an. Und eine zuverlässige, langfristige, gut
abgestimmte Vorausplanung von typischen Mallorca-Events. „Wir haben
die besten Voraussetzungen”, sagt Palmas Hotelverbandspräsidentin
Marilen Pol, „wir müssen sie nur endlich nutzen.”
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