Es war eine Gaudi wie sie Santa Maria
ein geschlagenes Vierteljahrhundert nicht mehr erlebt hatte:
Plappernd und scherzend saßen die Nachbarn in den Gassen zusammen,
fädelten und fädelten und fädelten. Eine Woche lang. 3000 Kilogramm
roter kleiner Schoten wuchsen heran zu 950 Gemüsegirlanden, ein
feuriges Fassadenkleid für das alte Apothekerhaus des Dorfes. Und
eine neue Epoche für eine alte Tradition und eine einheimische
Papriksorte: Die schmackhafte "Pebre de Tap de Cortí" war fast in
Vergessenheit geraten - jetzt kommt sie zu neuen Ehren. Einst waren
Portól, Santa Maria oder Sant Jordi Hochburgen dieser Paprika: Vor
gut 30 Jahren noch tünchten die zum Trocknen an den Häusern
aufgehängten Stränge die komplette Landstraße zwischen Santa Maria
und Inca in ein tiefes Rot. Ein Bild, das man bis vergangenen
Freitag nurmehr noch auf Ansichtskarten genießen konnte.
Aus der Schote wird das Pulver "Pebre de Bord" gewonnen, ein
hocharomatisches Paprikapulver, das ursprünglich Bestandteil einer
jeder gut gemachten Sobrassada war. Doch "Pebre Bord" wurde längst
von der Nyora-Paprika verdrängt, einer Sorte, die in Murcia,
Marokko und Brasilien angebaut und für die Sobrassada-Herstellung
importiert wird. "Als wir hörten, dass Mallorcas einziger Bauer,
der noch 'Pebre de Tap de Cortí' anbaut und weiß, wie die Schoten
getrocknet und gemahlen werden, in den Ruhestand geht, mussten wir
einfach handeln", sagt Maria Solivellas, Vize-Präsidentin der
Bewegung Slow Food auf den Balearen.
Die Girlanden am Apothekerhaus in Santa Maria sind der erste
Zwischenstopp einer großangelegten Kampagne, mit der Slow Food und
viele freiwillige Helfer und Ökobauern sich dafür stark machen,
diese traditionsreiche Pflanze in der Inselkultur am Leben zu
erhalten.
Eine Kampagne, die vom Samen reicht bis zum verzehrten Produkt
auf dem Teller: Der Startschuss fiel im Januar mit 16.000
Setzlingen - 4000 Kilogramm Paprika wurden bei der ersten Ernte im
August gepflückt, 3000 weitere im September. Während letztere nun
am Apothekerhaus zum Trocknen hängen, wurde die erste Ernte auf
Holzpaletten auf der Finca Son Durí in Manacor ausgelegt - gut 30
Meter Paprikapaletten. "Wir wollten verschiedene Trockenmethoden
ausprobieren", erklärt Laura Buadas, Präsidentin von Slow Food
Baleares. "Wichtig war uns in jedem Fall, dass die Schoten nach
althergebrachten Methoden angebaut und verarbeitet wurden - hierfür
ist das Trocknen durch Sonneneinstrahlung unerlässlich." Denn die
Sonne entzieht der Paprika zwar Flüssigkeit, aber nicht die so
gesunden Antioxidantien.
Noch gut zwei Wochen lang werden die Girlanden in Santa Maria
hängen, um abzutrocknen, dann wird ihnen die letzte Feuchtigkeit im
Ofen entzogen, bevor sie geschält und in einer alten Steinmühle
gemahlen werden. "Wir planen, in den kommenden Monaten eine solche
Steinmühle anzuschaffen, mit deren Hilfe die Bauern künftig ihr
'Pebre Bord' ausmahlen können", sagt Buadas.
Alle Bauern die beim Projekt mitgeholfen hätten, seien so
begeistert von dem neuen alten Produkt, dass sie die Paprikasorte
auch in Zukunft anbauen wollten. Ein Einführungskurs in die
traditionelle Verarbeitung, der in den nächsten Wochen stattfinden
wird, soll noch weitere Interessenten gewinnen. "Nur wenn die Masse
erkennt, was für eine tolle Pflanze wir da haben, wird sie nicht
wieder in Vergessenheit geraten", betont Maria Solivellas. Gute
Voraussetzungen, dass die mallorquinische Sobrassada bald schon
wieder so schmecken wird wie einst.
Aber auch die Inselgastronomie und die Hobbyköche sollen ihre
Freude an dem herb-süßen Aroma des roten Pulvers haben: In
Zusammenarbeit mit Katja Wöhr wird ein "Flor de Sal i Pebre Bord"
in limitierter Stückzahl auf den Markt kommen: Salzblume vom Es
Trenc trifft auf sonnengetrocknete, handverlesene
Mallorca-Paprika.
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