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VON FRANKA BIEDERSTÄDT
Ich fühle mich bei meiner Gastfamilie inzwischen so wohl wie in meiner eigenen Familie”, sagt Mirjam Lahmann (20), zurzeit Au-pair auf Mallorca. Für dreieinhalb Monate hütet sie die Kinder einer mallorquinischen Familie und hilft im Haushalt. Als Gegenleistung bekommt sie ein Taschengeld von 60 Euro in der Woche, Kost und Logis.

So unbeschwert wie jetzt sah die Göttingerin ihren Auslandsaufenthalt aber nicht von Anfang an. „Ich hatte Bedenken, ob ich mit den Kindern so gut zurechtkomme, wie die Eltern sich das wünschen”, sagt sie. Die Befürchtungen schienen sich zunächst zu bestätigen: „Das Mädchen war anfangs ein bisschen reserviert mir gegenüber.” Inzwischen verstehe sie sich mit dem sechsjährigen Jungen und dessen vier Jahre älteren Schwester sehr gut und genieße es, mit ihnen am Strand zu spielen oder Ausflüge zu unternehmen.

Anfangsschwierigkeiten gebe es bei deutschen Au-pairs auf Mallorca meist in den ersten zwei Wochen: Sich in einem neuen Kulturkreis und einer fremden Umgebung zurechtzufinden, sei eine echte Herausforderung, weiß Catalina Garcés von der mallorquinischen Agentur „Agencia Intercambios Culturales y Au Pair”. Nach einer Eingewöhnung seien Konflikte aber sehr selten.

Schon seit 1987, seit Gründung der Agentur in Palma, begleitet sie ausländische, darunter auch deutsche Au-pairs bei ihrem Auslandserlebnis auf der Insel. 71 der 300 Au-pairs, die Catalina derzeit unter ihren Fittichen hat, stammen aus Deutschland. An die Familien vermittelt werden die 17- bis 30-Jährigen von einer der 60 deutschen Agenturen, mit denen Catalina und ihr Team zusammenarbeiten. Vor Ort ist die Agenturleiterin dann bei jedem Problem für die Besucher da. „Jedes Au-pair, auch die Familien, haben meine Handynummer, um mich ständig erreichen zu können”, so Catalina.

Einen wichtigen Teil ihrer Arbeit erledigt eine Agentur aber bereits im Vorfeld – damit sowohl Au-pair als auch Gastfamilie die richtige Entscheidung treffen. Das vorübergehende Familienmitglied schickt Fotos, Referenzen, Lebenslauf und ein Anschreiben an die Familie, muss außerdem ein medizinisches Gutachten und ein polizeiliches Führungszeugnis einreichen. Auch die Familien geben viel von sich preis. So zum Beispiel die Anzahl der Familienmitglieder, über die Arbeitssituation der Eltern, Verwandte, Wohnsituation und vieles mehr
Wenn beiderseitiges Interesse besteht, wird telefoniert. Das Beiderseitige liegt schon im Namen „Au-pair”, denn der Begriff kommt aus dem Französischen und bedeutet „auf Gegenseitigkeit”.

Professionelle Au-pair-Agenturen richten sich nach festgelegten Standards, wie der europäischen Vereinbarung über Au-pairs, die 1969 in Straßburg unterzeichnet wurde und Rechte und Pflichten von Au-pair und Familie festlegt. So darf ein Au-pair pro Woche nicht mehr als 30 Stunden arbeiten, ein Au-pair-Plus hat weniger Freizeit und bekommt mehr Taschengeld. Das Mädchen (in selteneren Fällen auch der Junge) darf keine schweren Arbeiten im Haushalt verrichten oder die Erziehung der Kinder übernehmen und hat mindestens einen Tag pro Woche arbeitsfrei. Der Besuch eines Sprachkurses vor Ort muss ermöglicht werden.

Für diese Garantien und Leistungen, zum Beispiel auch das Suchen einer neuen Familie, wenn die gewählte sich als unpassend erweist, nehmen Agenturen zwischen 150 und 200 Euro.

Es gibt aber auch die Möglichkeit, sich auf dem kostenlosen oder billigeren Wege in Internetplattformen selbst eine Familie oder ein Au-pair-Mädchen zu suchen. Mit kurzen Beschreibungen stellen die Suchenden sich dort vor. Das birgt jedoch gewisse Risiken, da keine Garantie besteht, schwer zu prüfen ist, ob die Angaben der Wahrheit entsprechen, und bei Problemen vor Ort keine Hilfe zu erwarten ist.

Auf die Frage, ob Mallorca nicht zu deutsch sei, um eine Fremdsprache zu lernen, antwortet Catalina Garcés bestimmt: „Mallorca ist Spanien, nicht Deutschland. Wir vermitteln an eine Menge spanischer Familien und in denen wird garantiert nicht Deutsch gesprochen.“ Einen morgendlichen Sprachkurs biete die Agentur jedem Au-pair zu einem günstigen Preis.

Spanisch sprach Mirjam vorher schon ganz gut, weil sie bereits längere Zeit in Panama war. In der Familie hat sie es trotzdem oft schwer, etwas zu verstehen: „Untereinander unterhält sich meine Familie auf Katalanisch, was ich anfangs gar nicht verstand. Dann musste ich sie immer bitten, auf Kastilisch umzuschwenken”, sagt sie.

Gedanken macht sich Mirjam über die Kinder, die sie betreut: „Ich finde, meine Gasteltern haben zu wenig Zeit für die Kleinen und arbeiten zu viel. Die Kinder müssen zusätzlich noch mit wechselnden Au-pairs zurechtkommen.” Bei Mirjam hat sich der Wunsch verstärkt, Lehramt zu studieren und auch später mit Kindern zu arbeiten. Ihr Motto bei der Betreuung der Kinder: „Es kommt auf die Strategie an. Wenn ich etwas von ihnen will, verspreche ich ihnen für später etwas Schönes.” Kochen gehört normalerweise auch zu den Aufgaben eines Au-pairs. Das hat sie jedoch nicht lernen müssen: „Wir essen sehr viel Fastfood.” Als Gewinn sieht Mirjam ihre neuen Freunde auf Mallorca, sowohl deutsche als auch spanische und französische. „Wir wohnen in einem Hochhaus und meine Gastmutter ist so kontaktfreudig, dass sie mir viele Leute vorgestellt hat.” Mirjams Fazit: „Wenn man das Beste daraus macht und nette Leute kennt, ist es egal wo man ist, dann kann man sich überall wohlfühlen.”