So unbeschwert wie jetzt sah die Göttingerin ihren
Auslandsaufenthalt aber nicht von Anfang an. „Ich hatte Bedenken,
ob ich mit den Kindern so gut zurechtkomme, wie die Eltern sich das
wünschen”, sagt sie. Die Befürchtungen schienen sich zunächst zu
bestätigen: „Das Mädchen war anfangs ein bisschen reserviert mir
gegenüber.” Inzwischen verstehe sie sich mit dem sechsjährigen
Jungen und dessen vier Jahre älteren Schwester sehr gut und genieße
es, mit ihnen am Strand zu spielen oder Ausflüge zu
unternehmen.
Anfangsschwierigkeiten gebe es bei deutschen Au-pairs auf
Mallorca meist in den ersten zwei Wochen: Sich in einem neuen
Kulturkreis und einer fremden Umgebung zurechtzufinden, sei eine
echte Herausforderung, weiß Catalina Garcés von der
mallorquinischen Agentur „Agencia Intercambios Culturales y Au
Pair”. Nach einer Eingewöhnung seien Konflikte aber sehr
selten.
Schon seit 1987, seit Gründung der Agentur in Palma, begleitet
sie ausländische, darunter auch deutsche Au-pairs bei ihrem
Auslandserlebnis auf der Insel. 71 der 300 Au-pairs, die Catalina
derzeit unter ihren Fittichen hat, stammen aus Deutschland. An die
Familien vermittelt werden die 17- bis 30-Jährigen von einer der 60
deutschen Agenturen, mit denen Catalina und ihr Team
zusammenarbeiten. Vor Ort ist die Agenturleiterin dann bei jedem
Problem für die Besucher da. „Jedes Au-pair, auch die Familien,
haben meine Handynummer, um mich ständig erreichen zu können”, so
Catalina.
Einen wichtigen Teil ihrer Arbeit erledigt eine Agentur aber
bereits im Vorfeld – damit sowohl Au-pair als auch Gastfamilie die
richtige Entscheidung treffen. Das vorübergehende Familienmitglied
schickt Fotos, Referenzen, Lebenslauf und ein Anschreiben an die
Familie, muss außerdem ein medizinisches Gutachten und ein
polizeiliches Führungszeugnis einreichen. Auch die Familien geben
viel von sich preis. So zum Beispiel die Anzahl der
Familienmitglieder, über die Arbeitssituation der Eltern,
Verwandte, Wohnsituation und vieles mehr
Wenn beiderseitiges Interesse besteht, wird telefoniert. Das
Beiderseitige liegt schon im Namen „Au-pair”, denn der Begriff
kommt aus dem Französischen und bedeutet „auf Gegenseitigkeit”.
Professionelle Au-pair-Agenturen richten sich nach festgelegten
Standards, wie der europäischen Vereinbarung über Au-pairs, die
1969 in Straßburg unterzeichnet wurde und Rechte und Pflichten von
Au-pair und Familie festlegt. So darf ein Au-pair pro Woche nicht
mehr als 30 Stunden arbeiten, ein Au-pair-Plus hat weniger Freizeit
und bekommt mehr Taschengeld. Das Mädchen (in selteneren Fällen
auch der Junge) darf keine schweren Arbeiten im Haushalt verrichten
oder die Erziehung der Kinder übernehmen und hat mindestens einen
Tag pro Woche arbeitsfrei. Der Besuch eines Sprachkurses vor Ort
muss ermöglicht werden.
Für diese Garantien und Leistungen, zum Beispiel auch das Suchen
einer neuen Familie, wenn die gewählte sich als unpassend erweist,
nehmen Agenturen zwischen 150 und 200 Euro.
Es gibt aber auch die Möglichkeit, sich auf dem kostenlosen oder
billigeren Wege in Internetplattformen selbst eine Familie oder ein
Au-pair-Mädchen zu suchen. Mit kurzen Beschreibungen stellen die
Suchenden sich dort vor. Das birgt jedoch gewisse Risiken, da keine
Garantie besteht, schwer zu prüfen ist, ob die Angaben der Wahrheit
entsprechen, und bei Problemen vor Ort keine Hilfe zu erwarten
ist.
Auf die Frage, ob Mallorca nicht zu deutsch sei, um eine
Fremdsprache zu lernen, antwortet Catalina Garcés bestimmt:
„Mallorca ist Spanien, nicht Deutschland. Wir vermitteln an eine
Menge spanischer Familien und in denen wird garantiert nicht
Deutsch gesprochen.“ Einen morgendlichen Sprachkurs biete die
Agentur jedem Au-pair zu einem günstigen Preis.
Spanisch sprach Mirjam vorher schon ganz gut, weil sie bereits
längere Zeit in Panama war. In der Familie hat sie es trotzdem oft
schwer, etwas zu verstehen: „Untereinander unterhält sich meine
Familie auf Katalanisch, was ich anfangs gar nicht verstand. Dann
musste ich sie immer bitten, auf Kastilisch umzuschwenken”, sagt
sie.
Gedanken macht sich Mirjam über die Kinder, die sie betreut:
„Ich finde, meine Gasteltern haben zu wenig Zeit für die Kleinen
und arbeiten zu viel. Die Kinder müssen zusätzlich noch mit
wechselnden Au-pairs zurechtkommen.” Bei Mirjam hat sich der Wunsch
verstärkt, Lehramt zu studieren und auch später mit Kindern zu
arbeiten. Ihr Motto bei der Betreuung der Kinder: „Es kommt auf die
Strategie an. Wenn ich etwas von ihnen will, verspreche ich ihnen
für später etwas Schönes.” Kochen gehört normalerweise auch zu den
Aufgaben eines Au-pairs. Das hat sie jedoch nicht lernen müssen:
„Wir essen sehr viel Fastfood.” Als Gewinn sieht Mirjam ihre neuen
Freunde auf Mallorca, sowohl deutsche als auch spanische und
französische. „Wir wohnen in einem Hochhaus und meine Gastmutter
ist so kontaktfreudig, dass sie mir viele Leute vorgestellt hat.”
Mirjams Fazit: „Wenn man das Beste daraus macht und nette Leute
kennt, ist es egal wo man ist, dann kann man sich überall
wohlfühlen.”
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