Noch nicht einmal Wirtschaftskrise und
Rekordarbeitslosigkeit auf Mallorca haben es geschafft, die
Inselbewohner zu mobilisieren. Gerade einmal 1000 Personen gingen
am 1. Mai für die Rechte der Arbeiter auf die Straße. Nur eine
Woche später aber drängelten sich inoffiziellen Angaben zufolge
20.000 Menschen in der Innenstadt – bei der vom Balearischen
Kulturwerk (Obra Cultural Balear, OCB) organisierten Demonstration
für eine Stärkung des Catalán auf Mallorca.
Bis heute bewegt das Thema Sprache die Inselbewohner wie kaum
ein zweites. Auch am kommenden Samstag, 30. Mai, werden wieder
mehrere Tausend Demonstranten erwartet, wenn es diesmal umgekehrt
gegen die aktuelle catalánfreundliche Sprachpolitik der
Balearen-Regierung geht (12 Uhr, Paseo Borne).
Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Lagern, die sich so
gar nicht zu verstehen scheinen, wird zum Teil erbittert geführt
und weckt offensichtlich tiefe Emotionen. Als „Faschisten” und
„Invasoren”, als „Separatisten” und „Katalanisten” beschimpfen sich
die beteiligten Gruppierungen. Die Atmosphäre ist vergiftet, eine
sachliche Diskussion über das Thema Sprache ist schlichtweg
unmöglich.
An der Spitze der beiden Lager stehen zwei Organisationen. Das
Balearische Kulturwerk (OCB) steht für diejenigen, die eine
Stärkung des Catalán fordern, der Balearische Kreis (Círculo
Balear) vertritt die Gegner der derzeitigen catalánfreundlichen
Sprachpolitik. Die Sprachenfrage spaltet die Gesellschaft. Während
am 10. Mai neben dem OCB die Universität, mehrere Gewerkschaften,
Linksparteien und Bürgerrechtsgruppierungen zugunsten der
Inselsprache auf die Straße gingen, haben sich für diesen Samstag
Unternehmerverbände, konservative Parteien und Elternvereinigungen
angekündigt. Auch Air-Berlin-Statthalter Álvaro Middelmann will an
der Demonstration teilnehmen, die unter dem Motto steht: „Unsere
Sprachen vereinen uns. Wir wollen die Freiheit zu wählen.” Die
Vereinigung der EU-Bürger auf den Balearen, die „Ciudadanos
Europeos”, ruft ebenfalls zur Teilnahme auf.
Zwischen den beiden Lagern, die sich so ausdauernd streiten,
finden sich – oft verständnislos – die ausländischen
Mallorca-Residenten und -Urlauber wieder, die angesichts des
Sprachen-Wirrwarrs auf der Insel kaum noch durchblicken.
Straßenschilder auf Catalán, Rathäuser, die ihre Infoblätter nur
noch in der Inselsprache veröffentlichen, Ärzte, die plötzlich
Sprachkenntnisse nachzuweisen haben, Ladenbesitzer, die
mehrsprachiges Personal einstellen müssen – die Auswirkungen der
Sprachpolitik der aktuellen Mitte-Links-Regierung auf den Balearen
sind vielfältig. Ebenso wie die Ursachen.
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